Aufnahme von Flüchtlingen aus Moria: Berlin fordert Ende der „Blockade“ durch Horst Seehofer
„Niemand darf länger die Augen verschließen“, sagt Michael Müller nach dem Feuer in Moria. Eine Bundesratsinitiative soll Seehofers Macht einschränken.
Nach den Bränden im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat Berlins Innensenator Andreas Geisel (SPD) das Angebot des Landes erneuert, Flüchtlinge von dort aufzunehmen. "Schon viel zu lange leben die Menschen in den Flüchtlingslagern unter unzumutbaren Umständen, die wir in Europa so nicht dulden können", teilte er am Mittwochmittag in einer Presseerklärung mit.
Geisel sieht dabei Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) in der Pflicht. Der Innenminister hatte zuletzt ein Berliner Landesaufnahmeprogramm untersagt und dies Geisel in einem Brief mitgeteilt. Damit hatte Berlin 300 besonders schutzbedürftige Menschen, vor allem Kinder und Frauen, aus dem überfüllten Lager holen wollen. Für sein Verbot hatte Seehofer heftige Kritik aus der rot-rot-grünen Koalition erhalten.
Innensenator Geisel wiederholte in seiner Mitteilung das Angebot Berlins: "Hierfür gibt es die personellen und organisatorischen Kapazitäten in unserer Stadt. Dazu stehen wir nach wie vor." Auch Thüringen hatte ein solches Landesaufnahmeprogramm auf den Weg gebracht.
Außerdem kündigte Geisel an, in der kommenden Woche erneut eine Bundesratsinitiative auf den Weg zu bringen. Damit soll geregelt werden, dass für sogenannte Landesaufnahmeprogramme nicht mehr die Zustimmung des Innenministers nötig ist, sondern das Bundesinnenministerium lediglich "ins Benehmen" gesetzt wird. "Mit dieser Änderung soll es zukünftig möglich sein, Menschen in Not schnell und unkompliziert Hilfe leisten zu können."
Entsetzen über die Bilder aus Moria
Am Mittwochmorgen hatten sich Landespolitiker entsetzt über die Brände in Moria geäußert, darunter auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD): "Die Nachrichten aus dem Flüchtlingslager im griechischen Moria erschüttern mich zutiefst. Das ist eine humanitäre Katastrophe, vor der niemand länger die Augen verschließen darf", teilte er in einer Presseerklärung mit. Auch er erneuerte das Berliner Angebot, notleidende Menschen aufzunehmen.
[Wenn Sie alle aktuellen Nachrichten live auf Ihr Handy haben wollen, empfehlen wir Ihnen unsere runderneuerte App, die Sie hier für Apple- und Android-Geräte herunterladen können.]
Sozial- und Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linke) forderte ein Ende der Blockade Seehofers: "Jetzt muss einfach Schluss sein! Die Situation in Moria ist nicht mehr nur prekär, sie ist lebensbedrohlich. Wir müssen diese Menschen retten, das gebietet eine humane Flüchtlingspolitik."
Am Abend wird in Berlin demonstriert
Bürgermeisterin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) schrieb auf Twitter: "Was für eine Katastrophe! Wir müssen den Menschen endlich Schutz bieten und aufnehmen. Jetzt braucht es einen Schulterschluss für Menschlichkeit." Sie appellierte Seehofer, seine "Blockade endlich aufzuheben".
Für den Abend wurden bundesweit Demonstrationen für eine Aufnahme von Flüchtlingen erwartet. Die zivilgesellschaftliche Bewegung "Seebrücke" kündigte an, man wolle in mehr als 170 Städten und Kommunen auf die Straße gehen.
In Berlin demonstrierten am Mittwochabend laut Polizeiinformationen rund 3000 Menschen im Bezirk Mitte. Unter dem Motto "Wir haben Platz!" sprachen sie sich bei einer Kundgebung am Washington-Platz für eine "menschenwürdige Politik" und die Evakuierung des Lagers aus.