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Kommen und Gehen: Der mangelhafte Zustand der Melderegister kann für Berlin teuer werden.
© Stephanie Pilick / dpa

Mögliche finanzielle Einbußen: Berlin droht wieder ein Bevölkerungsknick

Die nächste Volkszählung könnte teuer werden, beim letzten Mal schrumpfte die Stadt um 179.000 Einwohner. Doch der Finanzsenator warnt bislang vergeblich.

Wenn sich der Zustand der Melderegister nicht deutlich verbessert, muss Berlin auch bei der nächsten bundesweiten Volkszählung (Zensus 2021) damit rechnen, dass die Einwohnerzahl drastisch nach unten korrigiert wird. Das wäre peinlich – und teuer. Denn für die Steuereinnahmen und den Finanzausgleich ist die Zahl der Einwohner mit Hauptwohnsitz eine zentrale Größe. Beim Zensus 2011 schrumpfte die Hauptstadt um 179.000 Einwohner, das führte zu finanziellen Einbußen von 470 Millionen Euro jährlich. Das könnte wieder passieren.

Der damalige Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) sprach 2012 von einem „Rückschlag auf unserem Weg zu einem ausgeglichenen Haushalt“. Doch der Wirtschaftsboom und die niedrigen Zinsen halfen, über das Problem bis heute elegant hinwegzusehen. Üppig sprudelnde Steuereinnahmen führten trotz der „Zensuslücke“ jedes Jahr zu hohen Haushaltsüberschüssen. Aber das muss nicht so bleiben. Die Gefahr ist auch erkannt, jedenfalls von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD), der unverdrossen vor den Risiken der nächsten Volkszählung für Berlin warnt, aber bisher wenig Gehör in den eigenen Reihen findet.

Stadt mit hoher Fluktuation

Schon in der aktuellen Finanzplanung stufte Kollatz den Zensus 2021 als Haushaltsrisiko ein. Es sei „nicht unwahrscheinlich“ dass die nächste Zählung wieder zu einer „nachteiligen Korrektur“ der Einwohnerzahl und damit zu finanziellen Einbußen führen könne. Zwar stieg die Zahl der Berliner seit dem letzten Zensus wieder um 319.000 Menschen, aber wieweit diese amtliche Fortschreibung der Bevölkerungszahl mit der Realität in Einklang steht, weiß niemand. Geburten und Sterbefälle sind nicht das Problem, sondern die Zu- und Fortzüge.

Denn Berlin ist eine Stadt mit hoher Fluktuation. Die Menschen kommen und gehen. Und nicht jeder, der den Hauptwohnsitz in andere Bundesländer oder ins Ausland verlagert, meldet sich ordnungsgemäß ab. Dabei haben die Statistiker vor allem Studierende und Ausländer im Verdacht, es mit dem Meldegesetz nicht so genau zu nehmen. Schon im Oktober beklagte der – inzwischen pensionierte – Finanz-Staatssekretär Klaus Feiler im Hauptausschuss des Landesparlaments die „Schwäche des Berliner Melderegisters“. Vor dem Bundesverfassungsgericht, dass eine Klage Berlins gegen den Zensus 2011 krachend scheitern ließ, hatte der Bund seiner Hauptstadt eine „defizitäre Registerqualität und fragwürdige Meldekultur“ vorgeworfen. Außerdem hatte es der Senat versäumt, sich in die Vorbereitungen der letzten Volkszählung, deren Methodik kompliziert und umstritten war, erfolgreich einzubringen.

Jetzt erwartet der Finanzsenator, dass Berlin aus dem entstandenen Schaden klug wird. Immerhin gehen der Stadt von der vergangenen bis zur neuen Volkszählung mehr als fünf Milliarden Euro Einnahmen verloren. Wenn es schlecht läuft, muss Berlin nach dem Zensus 2021 sogar mit Einbußen von 800 bis 900 Millionen Euro jährlich rechnen, rechnete Kollatz vor. Das Bundesverfassungsgericht habe dem Statistischen Bundesamt, das auch beim nächsten Zensus federführend ist, erneut „viele methodische Freiheiten“ bei der Erhebung und Auswertung der Bevölkerungsdaten eingeräumt, warnte er die Haushälter der Regierungs- und Oppositionsfraktionen vor der parlamentarischen Weihnachtspause.

Problem wurde noch nicht erkannt

Aber das Problem wird offenbar noch nicht ausreichend ernst genommen. Jedenfalls ist das Diskussionsbedürfnis bei den Abgeordneten, wenn es um den Zensus 2021 und dessen Auswirkungen auf Berlin geht, bisher nicht groß. Immerhin holten die Finanzexperten der Koalition die Senatsverwaltung für Inneres mit ins Boot, um das „als defizitär ausgewiesene Meldewesen“ in Berlin zu verbessern. Die Reaktion der Behörde: „Ein vermehrter Einsatz der Qualitätssicherungsmechanismen im Rahmen einer Arbeitsgruppe ist angedacht.“ Ein solches Projekt erfordere aber das Zusammenwirken der Innenverwaltung, des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten (LABO) und der „für das Meldewesen zuständigen Bezirke“.

In diesem Zusammenhang soll auch versucht werden, die Zahl der gemeldeten Nebenwohnungen weiter nach unten zu drücken. Denn jeder Berliner, der seine Zweitwohnung in einen Hauptwohnsitz verwandelt, bringt über den Finanzausgleich und die bundesweite Steuerverteilung ordentlich Geld in die Landeskasse. Die Zweitwohnungsteuer, die 1997 in Kraft trat, hat dabei wohl geholfen. Die Zahl der Nebenwohnungen verringerte sich seitdem von rund 141 000 auf 98.500. Ein deutlich steigender Steuersatz soll ab Januar 2019 dazu beitragen, Zweitwohnungen in Berlin noch unattraktiver zu machen. Statt 5 Prozent der Nettokaltmiete werden ab dem neuen Jahr 15 Prozent fällig.

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