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Berlin will sich für die Olympischen Spiele 2024 oder 2029 bewerben.
© AFP

Bewerbung für Olympische Spiele: Berlin brennt nun offiziell für Olympia

Der Senat will erneut versuchen, die Olympischen Wettkämpfe in die Hauptstadt zu holen. Wie viel das kosten soll ist unklar. Nicht alle sind von der Berliner Bewerbung begeistert - auch Hamburg hat Interesse angemeldet.

Jetzt ist Berlin offiziell in das Rennen um die Bewerbung für Olympische Spiele im Jahr 2024 oder 2028 eingestiegen. Der rot-schwarze Senat beschloss am Dienstag, den Fragenkatalog des Deutschen Olympischen Sportbundes zu beantworten.

Was erhofft sich Berlin von der Bewerbung?

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) geht das Thema überaus selbstbewusst an. Er sagt, dass Deutschland nur mit Berlin eine Chance hat, olympische Spiele auszurichten. Sicherlich würde der Wirtschaftsstandort profitieren, und Berlin könnte sich als Ausrichter internationaler Sportveranstaltungen profilieren, zudem würde die Stadt für den Tourismus noch interessanter. Außerdem könnte es einen Schub bei notwendigen Investitionen geben. Aber von all dem war am Dienstag nicht die Rede. Inhaltlich nahm der Senat keine Stellung dazu, warum die Stadt jetzt diesen ersten Bewerbungsschritt unternimmt.

Mit welchen Kosten muss die Stadt rechnen – zunächst für die Bewerbung?

Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos, für die SPD) nannte die Kosten für die Bewerbung am Dienstag „überschaubar“. Sie könnten aus dem laufenden Haushalt beglichen werden. Zu rechnen ist mit einer Größenordnung bis zu 60 Millionen Euro. Richtig teuer wird es erst, wenn die Olympiabauten entstehen. Berlin würde das „Milliarden“ kosten, sagt der Vorsitzende des SPD-Fachausschusses für Stadtentwicklung Volker Härtig.

Dem widerspricht Jörg Joppien, Architekt der Max-Schmeling-Halle in Berlin und Weltreisender in Sachen Bewertung von Sporthallen: „Eine belastbare Zahl kann niemand nennen“, sagt er. Und Joppien fügt hinzu: „Berlin wäre aber dazu prädestiniert eine Light-Version der Spiele durchzuführen“ – mit entsprechend niedrigen Kosten. Denn für etwa die Hälfte aller Sportarten gibt es in der Stadt bereits olympiataugliche Hallen und Stadien.

Viele davon wurden für die gescheiterte Bewerbung Olympia 2000 errichtet. Hinzu kommt das sanierte Olympia-Stadion sowie die angrenzenden Anlagen auf dem Olympia-Areal. Zurückgreifen könnten die Veranstalter außerdem auf die O2-Arena, so wie es in London der Fall war.

Die andere Hälfte der Hallen könnten provisorisch und günstig gebaut werden, aus Stahlgerüsten und Kunststoffbahnen – und anschließend wieder abgebaut werden. Die Basketball-Halle in London nennt Joppien als Vorbild für diese Strategie. In Berlin sollte das konsequent für alle Sportarten umgesetzt werden, für die es noch keine Spielstätten gibt.

London hat allerdings auch gezeigt: Wer am Anfang die Kosten beziffert, liegt am Ende weit über den geschätzten Kosten. 2,5 Milliarden Pfund hatte London bei seiner Bewerbung im Jahr 2005 veranschlagt für die Durchführung der Spiele im Jahr 2012. Am Ende belief sich die Rechnung offiziell auf mehr als acht Milliarden Pfund. Kritiker sprechen von weiteren zwei Milliarden Pfund versteckter Kosten.

Legitimiert wird der Einsatz der Milliarden an Steuergeldern mit den Einnahmen, die sie nach sich ziehen: Die Umsätze der Baufirmen, die zusätzlichen Touristen in der Stadt, der erhöhte Umsatz im Einzelhandel – und auch die Wohnungen im Olympiadorf, die später den Wohnungsmarkt entlasten.

SPD-Politiker Volker Härtig hält dagegen, dass Olympische Spiele in Berlin die Baukosten explodieren lassen würden. Denn die Kapazitäten der Branche sind durch das ehrgeizige Wohnungsbauprogramm zur Entlastung des Wohnungsmarktes ohnehin ausgelastet. Aufträge für Olympia-Bauten kämen noch dazu. Dass Spiele auch die Lebenshaltungskosten und die Mieten in Städten antreiben, sei außerdem eine Erfahrung aus früheren Olympia-Austragungsstätten.

Wie soll die versprochene Bürgerbeteiligung verwirklicht werden?

Das bleibt spannend. Jeder, der sich für die Olympiabewerbung ausspricht, fordert die Beteiligung der Bürger. Aber wie das genau aussehen soll, weiß keiner. Auch Sportsenator Frank Henkel (CDU) bleibt vage: „Die Ideen, Bedenken und Wünsche der Berlinerinnen und Berliner müssen in einen möglichen Bewerbungsprozess einfließen. Dazu sollen neue Formate der Bürgerbeteiligung entwickelt werden.“ Welche das sein könnten, sagt er nicht. Unklar ist auch, zu welchem Zeitpunkt denn die Bürger mitreden können sollen.

Werden die Olympiapläne von der Opposition mitgetragen?

Eine strikte Ablehnung gibt es nur bei der Linken. Deren Fraktionschef im Abgeordnetenhaus, Udo Wolf, hält eine Bewerbung für „keine gute Idee“: „Berlin hat ganz andere Probleme.“ Die Stadt werde seit Jahren auf Verschleiß gefahren. Sowohl die verkehrliche als auch die soziale Infrastruktur sei marode. Da sei es ein „absurder Vorgang“, wegen Olympia „unabsehbare Haushaltsrisiken“ einzugehen.

„Wenn der Senat jetzt von Bürgerbeteiligung spricht, macht er unhaltbare Versprechungen“, sagt Wolf. Die Fraktionschefin der Grünen Ramona Pop spricht sich für eine „offene Diskussion“ über die Sinnhaftigkeit einer Bewerbung aus.

Wie ist der Zeitplan?

Den ersten Schritt für das offizielle Bewerbungsverfahren hat der Berliner Senat am Dienstag unternommen. Er hat beschlossen, am Interessenbekundungsverfahren des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) für die Olympischen Spiele 2024 oder 2029 teilzunehmen. Bis zum 31. August muss er den 13 Punkte umfassenden Fragebogen des DOSB beantworten.

Am 6. Dezember will dieser entscheiden, ob es die Bewerbung einer deutschen Stadt geben wird. Sollte sich der DOSB schon für eine Bewerbung für 2024 entscheiden, entsteht erheblicher Zeitdruck. Denn diese muss bis zum Herbst 2015 beim IOC angemeldet werden.

Was der Berliner Sport über die Pläne denkt und was der Konkurrent Hamburg zu bieten hat

Wie verhält sich der Berliner Sport?

Klaus Böger, der Präsident des Landessportbundes (LSB), unterstützt die Olympiabewerbung, betont aber, dass dabei die Bürger einbezogen werden müssten. Ein Bürgerentscheid „nach einem fundierten Diskussionsprozess“ sei zwingend nötig. Bei den Problemen, die zu bewältigen sind, denkt er aber nicht in erster Linie an Sportstätten, sondern an die Politik. „Das größte Problem“, sagte der frühere Sport- und Bildungssenator dem Tagesspiegel, „ist das fehlende Vertrauen in die Politik, dass sie ein solches Projekt stemmen kann.“

Speziell den Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit geht er hart an. „Bevor ich von einem Generalmanager rede, wäre es gut, die Bürger zu aktivieren.“ Wowereit hatte in einem Interview mit der „taz“ zur Organisation von Olympischen Spielen gesagt: „Mit einem Manager aus Kreisen des Senats oder des Landessportbunds werden wir nicht weit kommen“. Da brauche man einen Topmanager. Für Böger ist klar, dass sich die Verantwortlichen „eine Vertrauensbasis erarbeiten“ müssten. Das Beispiel der Abstimmung über das Tempelhofer Feld zeige doch, dass der Regierende Bürgermeister dabei noch Mängel habe. „Und dann stellt sich Wowereit hin und sagt, die Unterstützer haben versagt. Das ist der alte Wowereit, den kenne ich doch. Wenn ich am Abgrund stehe, greife ich an.“

Der Deutsche Olympische Sportbund, der entscheiden wird, ob überhaupt und welche Stadt ins Rennen um Olympische Spiele 2024 oder 2028 gehen wird, wollte sich am Dienstag nicht zu Berlin und einer möglichen Bewerbung äußern. Dort möchte man eine größtmögliche, sportpolitische Neutralität wahren.

Hamburg ist Berlins schärfste Konkurrenz im Werben um Olympische Spiele in Deutschland. Wie ist die Hansestadt aufgestellt?

Hamburg entwickelt sich zu rasch. Große Gebiete der HafenCity sind jetzt bebaut, Pech für die Strategen und Planer einer neuen Olympiabewerbung der Hansestadt. Hamburg hatte sich 2003 schon mal beworben, damals für die Olympischen Spiele 2012. Mit enttäuschendem Ergebnis: Den nationalen Konkurrenzkampf um die deutsche Bewerberstadt gewann Leipzig. Das Konzept von 2003 sah vor, das Olympische Dorf in der HafenCity zu bauen. Diese Fläche ist nicht mehr verfügbar. „Es gibt aber noch Flächen im Bereich der HafenCity, die noch nicht entwickelt sind“, sagt Frank Reschreiter, Pressesprecher des Hamburger Senats für Inneres und Sport.

Das „Hamburger Abendblatt“ spekulierte schon, dass auf dem Kleinen Grasbrock südlich der HafenCity das Dorf und mehrere Sporthallen gebaut werden könnten. Aber Reschreiter wiegelt ab. „Es gibt einen ersten Entwurf, aber da ist noch nichts in Stein gemeißelt.“

Die Olympia-Konzeption von 2003 ist für die jetzigen Planer nur bedingt interessant. „Ein Teil davon kann übernommen werden“, sagt Reschreiter, „aber es ist noch zu früh zu sagen, welche.“ Die Idee von 2003 aber, „Spiele auf dem Wasser“, wird wohl auch in die neue Bewerbung einfließen.

Fest steht, „dass noch Sportstätten gebaut werden müssten“, sagt Reschreiter. Wie viele, ist unklar. Eine komplett behindertengerechte Sporthalle – wichtig wegen der Paralympics – steht allerdings schon. Sie wurde in diesem Jahr eröffnet.

Fest steht für den Hamburger Senat, dass eine Bewerbung nur mit Beteiligung aller Bürger und damit einem Bürgerentscheid stattfinden wird. „Die Erfahrung mit der geplanten und gescheiterten Olympia-Bewerbung von München hat gezeigt, dass es nicht ohne Zustimmung der Bürger geht“, sagt Reschreiter.

Die Bürger interessieren sich am meisten für die Kosten der Spiele. Doch die könnten derzeit nicht seriös eingeschätzt werden, sagt Reschreiter. Sportsenator Neumann hatte aber schon betont, dass er Wert auf nachhaltige Spiele lege. „Eine Entscheidung für Olympia muss Investitionen in den Wohnungsbau, in die Verkehrs- und Sportstruktur und den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs auslösen.“

Die Linken-Fraktion in der Bürgerschaft hat sich aber schon gegen eine Olympiabewerbung ausgesprochen. Die Skepsis vieler Hamburger ist nach der schmerzhaften Erfahrungen mit der Elbphilharmonie groß. Die Kosten des Projekts sind völlig aus dem Ruder gelaufen.

Aber einen harten Konkurrenzkampf zwischen Berlin und Hamburg sieht Reschreiter nicht. „Sollte sich der Deutsche Olympische Sportbund für Berlin aussprechen, wird Hamburg die Hauptstadt unterstützen.“

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