Hauptstadtflughafen: BER-Geschäftsführer entmachtet Technikchef
Das Pannen-Fluggastterminal wird Chefsache: Lütke Daldrup übernimmt die alleinige Verantwortung. Unterdessen wird ein weiterer Prüfbericht bekannt.
Jetzt macht er es selbst: Flughafenchef Engelbert Lütke Daldrup hat das Pannen-Fluggastterminal (FGT) des künftigen Berliner Hauptstadt-Airports zur Chefsache gemacht. Der BER liegt ab sofort allein in seiner Verantwortung. Und nicht mehr bei Jörg Marks, dem Technikchef und früheren Siemens-Regionalmanager. Das geht aus einer dem Tagesspiegel vorliegenden aktuellen Organisationsverfügung von Lütke Daldrup vom 22. November hervor, die an die Führungskräfte der Flughafengesellschaft (FBB) verschickt wurde: „Zuordung der Organisationseinheit FGT beim Vorsitzenden der Geschäftsführung – Konzentration des Bereiches Technik & Bau auf Betrieb und technische Inbetriebnahme BER“.
Konkret ist damit die von BER-Projektleiter Peter Hermann geführte FGT-Mannschaft aus dem von Marks geleiteten Betriebsbereich Technik & Bau komplett ausgegliedert worden „und 1:1 dem Vorsitzenden der Geschäftsführung direkt zugeordnet“, so die Verfügung. „Diese Strukturmaßnahme tritt zum 22.11.2017 in Kraft.“
Auf Tagesspiegel-Nachfrage betonte Lütke Daldrup dazu am Freitag: „Es geht um einen stärkeren Fokus auf die Fertigstellung des BER und eine engere Anbindung an die Geschäftsführung.“ Das sei „keine Entscheidung für oder gegen eine einzelne Person und hat auch nichts mit den aktuellen Technik-Problemen im Main Pier Nord zu tun.“ Die Entscheidung habe einen anderen Hintergrund: „Um weiter zu kommen, mussten wir aus der nicht zustande gekommenen Bestellung eines vierten Baugeschäftsführers eine konstruktive Konsequenz ziehen.“
Einen solchen vierten Baugeschäftsführer hatten Lütke Daldrup, der Aufsichtsratschef und Brandenburger Staatssekretär Rainer Bretschneider und eine Mehrheit des Aufsichtsrates für dringend erforderlich gehalten, um die Baustelle in den Griff zu bekommen und Pannen beim Ausbauprogramm zu vermeiden.
Doch nach einem Veto Brandenburgs war der Flughafenmanager Carsten Wilmsen, der am Münchener Airport das Immobilienmanagement leitet und nach Berlin kommen wollte, abgesprungen. Nötig seien nun andere, straffere Führungsstrukturen, so Lütke Daldrup. „Innerbetrieblich muss klar sein, wer das FGT leitet.“ Schon vor einigen Monaten hatte Lütke Daldrup Marks als BER-Bauleiter abgelöst und durch Hermann ersetzt. Marks war aber dessen Chef geblieben.
Mängel am fertigen Main Pier Nord
Wie berichtet, gibt es nach einer aktuellen TÜV-Prüfung selbst im Main Pier Nord, das für fertig gehalten wurde, immer noch „wesentliche Mängel“. Brandmeldeanlage, Notrufwarnsystem, Sicherheitsbeleuchtung, Sicherheitsstromversorgung, Entrauchungssteuerung und Sprinkleranlage sind nicht abnahmereif. Das gefährdet den neuen Bauterminplan, mit dem die Bauarbeiten eigentlich bis 31. August 2018 beendet werden sollten.
Am Wochenende wurde ein weiterer Prüfbericht bekannt, der die Risiken in der Terminplanung benennt. Die dafür zuständigen Ingenieure der Beratungsfirma RKS bemängeln die Organisation der Baustelle, wie die "Morgenpost" schreibt. Der August-Termin sei demnach "ohne frühzeitige Gegensteuerung bei den eintretenden Störungen stark gefährdet", stellten die Autoren am 16. November im Einklang mit dem schon bekannten TÜV-Gutachten fest. Dabei sprechen sie dem Artikel zufolge von mindestens zehn wesentlichen Risiken. Lütke Daldrup sagte der "Morgenpost", die Berichte stellten den Projektstatus "realistisch" dar und würden "als konstruktiv und zielführend wahrgenommen".
Und was wird nun aus Marks, der immerhin ein Managergehalt von rund 280.000 Euro hat? Anders als Ex-Technikchef Horst Amann, der 2013 von Hartmut Mehdorn kalt gestellt worden war, hat er weiter genügend zu tun. Marks verantworte, so Lütke Daldrup, „mit dem Ausbauprogramm, dem Immobilienmanagement, der IT und der Dokumentation weiterhin vier wichtige Bereiche“.
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