zum Hauptinhalt
Verwunschen. Das Gebäude der ehemaligen Chirurgie soll zur Landesgartenschau 2022 wiederhergerichtet werden.
© Andreas Klaer

Ehemalige Heilstätten: Beelitz fürchtet neuen Gruseltourismus wegen Kinofilm

Kehren Randalierer und Gruseltouristen bald zurück nach Beelitz? Das befürchten Stadt und Heilstätten-Eigentümer wegen eines neuen Kinofilms.

Der Gruseltourismus in den Beelitzer Heilstätten könnte bald neuen Schub bekommen. Das fürchten zumindest die Beelitzer Stadtverwaltung und der Betreiber des Baumwipfelpfades, in dessen Besitz sich ein Großteil der ruinösen Gebäude befindet. Der Grund: Am 22. Februar läuft deutschlandweit der Film „Heilstätten“ in den Kinos an.

Wie berichtet wurde der vom Filmriesen 20th Century Fox vertriebene und von Till Schmerbeck produzierte Film, in dem YouTuber einen Ausflug als Geisterjäger in eine verlassene Klinik unternehmen, sich dabei filmen und Horrorszenarien erleben, zwar in der Heilstätte Grabowsee in Oranienburg (Oberhavel) gedreht.

Auf der Facebook-Seite des Films mit dem Untertitel „Traust du dich?“ wird aber schon kommentiert, dass ein Kinobesuch ja mit dem nächtlichen Besuch des vermeintlichen Drehortes in den Beelitzer Heilstätten verbunden werden könnte.

Kein "billiger Grusel"

„Gegen eine Nutzung des wie ein Markenname bekannten und mit dem Ort Beelitz eng verbundenen Begriffes Heilstätten können wir uns kaum wehren“, sagt Holger Klementz, Sprecher des Grundstückseigentümers HPG Projektentwicklungs GmbH. Den Dreh vor Ort – Produzent Schmerbeck hatte auch in den Heilstätten angefragt – habe man jedoch bewusst untersagt.

„In Beelitz hat niemand ein Interesse daran, dass die mühsam aus dem Schlaf des Verfalls erweckten Gebäudeensemble erneut Wallfahrtsziel für Subszenen werden“, so Klementz. Die Heilstätten sollten nicht für „billigen Grusel“ stehen.

Ähnlich sieht das der Beelitzer Bürgermeister Bernhard Knuth (Bürgerbündnis): „Wir sind heilfroh, dass der Grusel- und Partytourismus, der uns allen bis vor wenigen Jahren noch das Leben schwergemacht hatte, durch das entschiedene Vorgehen der Polizei und die Entwicklung der Heilstätten beendet werden konnte.“

Nachts oft illegale Besuche

Der Name des Films und auch Aspekte der Handlung würden viele zu der Annahme verleiten, dass der Streifen in den Beelitzer Heilstätten produziert worden sei. Beim Eigentümer HPG Projektentwicklungs GmbH ist sogar die Rede davon, dass der Film „vorsätzlich“ das Image der Heilstätten beschädige.

Der Bürgermeister betont, nächtliche Besuche in den Heilstätten würden seit der Errichtung des Baumkronenpfades 2015 schrittweise strafrechtlich geahndet.

Vor und während der Errichtung des Pfades 20 Meter über den Heilstätten hatte es wie berichtet nachts oft illegale Besuche in den Gebäuden gegeben. Das um die Wende zum 20. Jahrhundert errichtete Ensemble, das der Heilung von Tuberkulose-Patienten dienen sollte, wurde in den Weltkriegen als Lazarett genutzt.

Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs ist einem Mythos zufolge auch ohne Betäubung operiert worden. 2008 soll ein Fotograf sein Modell bei Sadomaso-Spielen getötet haben, er wurde zu zehn Jahren Haft verurteilt. Geisterjäger glauben, dass die Seelen Verstorbener nachts durch das alte Chirurgiegebäude streifen.

Mit den Besuchern kam der Vandalismus

Einer, der den Gruseltourismus heftig anregte, führt Sprecher Klementz zufolge heute selbst offiziell im Namen des Eigentümers durch die Ruine: Roland Fuhs. Er habe einst mit Freunden die historischen Bauten vor Verfall, Vandalismus und Materialdieben schützen wollen und den Zustand dokumentiert – im Gebäude, ohne Erlaubnis der Besitzer.

Als er gerade im Keller gewesen sei, hätten sich Geisterjäger im Gebäude bewegt. Er und seine Freude hätten so lange auf deren Verschwinden warten müssen, dass sie anfingen, durchs Haus spukten. Der Geister-Mythos der Heilstätten war geboren – es folgten viele „Lost Places“-Besucher. Mit ihnen kam der Vandalismus.

Der Höhepunkt: Ein Bagger wurde entwendet, mit ihm das historische Vordach der Chirurgie eingerissen. Das Kupferdach wurde teils Diebesbeute, es sei ein Schaden von rund 90 000 Euro entstanden.

Umbau soll im März fertig sein

Das könne genau beziffert werden, da die Gebäude inzwischen begutachtet wurden. Da der Baumkronenpfad in das Konzept zur Landesgartenschau in Beelitz im Jahr 2022 integriert ist, wolle man in diesem Jahr beginnen, das Gebäude herzurichten. Am Mittwoch hätten Arbeiten für die Errichtung eines neuen Servicecenters im Pförtnerhäuschen am Eingang zum Gelände begonnen.

Das Café dort gibt es nicht mehr. Im Pförtnerhaus sollen künftig die geführten Touren beginnen. Der Umbau soll im März fertig sein. Die beiden großen Gebäude sollen in den nächsten Jahren ein abgedichtetes Dach bekommen.

Auch die Innenräume sollen nutzbar gemacht und geführte Rundgänge durch die frühere Frauenklinik angeboten werden. Die bewaldete Ruine ist die Hauptattraktion der Heilstätten.

Enrico Bellin

Zur Startseite