zum Hauptinhalt
Der dänische Schauspieler Mads Mikkelsen beim Toronto International Film Festival 2012.
© picture alliance / dpa

Filmset Beelitz-Heilstätten: Mads Mikkelsen dreht in Ruinen von Brandenburg

Die rabenschwarze Komödie „Men & Chicken“ wurde mit Mads Mikkelsen in den Beelitz-Heilstätten aufgenommen. Jetzt kommt sie ins Kino.

Der Putz blättert schon von den Wänden, seltsam anmutende Käfige stehen auf dem Hof herum und überall laufen Tiere durch die heruntergekommenen Räume. Tiere und fünf Brüder, die auf den ersten Blick nur eine Hasenscharte gemeinsam haben, beim tieferen Nachsehen aber ein Familiengeheimnis teilen, das es in sich hat. Der neue Film des dänischen Regisseurs Anders Thomas Jensen „Men & Chicken“, der als rabenschwarze Komödie vom Filmstudio Babelsberg koproduziert wurde und am 2. Juli in die Kinos kommt, erzählt eine kuriose Familiengeschichte – und wurde zu großen Teilen in den historischen Beelitz-Heilstätten südwestlich von Potsdam gedreht.

Über zwei Wochen war das Filmteam vor Ort und nutzte die unheimlich erhabene Stimmung rund um eines der alten Sanitätshäuser. Regisseur Jensen, der schon mit „Adams Äpfel“ einen Kultfilm geschaffen hat, war „ganz begeistert“ von dem Ort, wie er am vergangenen Donnerstag in Berlin erzählte. „Mir wurde die Location vorgeschlagen und als ich sie gesehen habe, war mir sofort klar, dass es perfekt für uns ist“, so der Regisseur, der für „Men & Chicken“ zum wiederholten Mal Ex-James-Bond-Bösewicht Mads Mikkelsen in einer Hauptrolle besetzte.

„Diese Anlagen sind so wunderschön und gleichzeitig unglaublich bedrückend, einfach perfekt.“ Besonders habe ihn die Wildheit des Ortes beeindruckt, aber auch die Geschichte, die leicht unheimlich ist, wie er zugab. Als er dann noch erfuhr, dass dort auch Tierversuche stattgefunden haben, war er vollkommen überzeugt. Denn auch im Film – ohne zu viel verraten zu wollen – spielen Experimente mit Tieren eine nicht unerhebliche Rolle.

Mads Mikkelsen hingegen wollte von gruseligen Geschichten nichts wissen. „Klar haben wir davon gehört, es wurden haarsträubende Storys erzählt“, sagte er. „Und ich wünschte, ich wäre ein Mensch, der solche Sachen spüren und Geister sehen kann, aber dem ist nicht so.“ Trotzdem war auch er überwältigt vom Ort und der Mischung aus alten und sanierten Gebäuden. „Dort herrscht eine solche Dekadenz“, so Mikkelsen. „Und gleichzeitig ein solcher Zerfall – ich meine, da wachsen einfach so vielerlei Bäume in den Gebäuden.“

Gregor (li., Nikolaj Lie Kaas) und Elias (Mads Mikkelsen) in einer Szene des Films "Men & Chicken", der in den Beelitz-Heilstätten gedreht wurde.
Gregor (li., Nikolaj Lie Kaas) und Elias (Mads Mikkelsen) in einer Szene des Films "Men & Chicken", der in den Beelitz-Heilstätten gedreht wurde.
© Konow/dpa

Bevor die Dreharbeiten vor Ort überhaupt beginnen konnten, wurde das Gelände vom Art Department des Studio Babelsberg hergerichtet. Dabei ging es allerdings nicht um Verschönerungsarbeiten, wie Sergej Simonenko vom Art Department sagte. Vielmehr wurde das Gelände noch gruseliger gestaltet, indem die Wandfarbe mit mehr Abplatzstellen versehen wurde und man die Türen dunkler strich. Auch die düsteren Aquarien, in denen im Film Tierpräparate schwimmen, wurden extra für die Filmstory präpariert, was gar nicht so einfach gewesen sei, wie Simonenko sagte. „Die Scheiben waren aus Plexiglas und das biegt sich natürlich ziemlich schnell“, so der Studio-Babelsberg-Mitarbeiter. „Der Druck des Wassers war dermaßen stark, dass kurz vor Drehbeginn die Klebestellen noch verstärkt werden mussten.“

Für die Innenszenen wurden außerdem ein paar Anbauten geschaffen und ein Treppenlift installiert, der alt aussehen sollte, aber trotzdem fahren musste. Eine wichtige Rolle im Film spielen auch die Käfige für das Außenset, die stabil aus Metall gebaut wurden.

In einem solchen Käfig musste auch Mads Mikkelsen eine Szene drehen. Er spielt Elias, der nichts anderes möchte, als von seinem Bruder geliebt zu werden. „Allerdings weiß er das selbst nicht“, so der Schauspieler, der für „Die Tür“ (2009) und „Die drei Musketiere“ (2011) schon in Babelsberg vor der Kamera stand. „Dafür ist er viel zu dickköpfig.“ Und diese Dickköpfigkeit spielt er ganz fantastisch infantil, von dem Bond-Bösewicht oder seiner Serienrolle Hannibal ist dabei nichts mehr zu spüren.

Als er gemeinsam mit seinem Bruder Gabriel (David Dencik) nach dem Tod ihres vermeintlichen Vaters erfährt, dass er adoptiert ist, begeben sich die beiden ungleichen Männer auf die Suche nach ihrem Ursprung. Dabei lernen sie auf der einsamen Insel Ork nicht nur ihre drei seltsamen Halbbrüder (Nikolaj Lie Kaas, Søren Malling, Nicolas Bro) kennen und lüften das gruselige Geheimnis ihres leiblichen Vaters, sondern finden auch zu sich selbst.

Regisseur Jensen ging es bei der Geschichte um die Ursprungsfragen der Zivilisation. „Es ist eine Art Fabel in einem vollkommen fiktionalen Setting“, so Jensen. „Aber das Leben ist nicht immer nur schön und wir sind alle ein bisschen wie Tiere, genauso wie meine Protagonisten.“ Beim Schreiben der Charaktere habe er sich wohl an seinen eigenen Kindern orientiert, was Darsteller Mikkelsen bestätigte: „Die Brüder sind haargenau wie Jensens Kinder. Sie streiten genauso verrückt und schlagen sich böse.“ Trotzdem seien sie unglaublich liebenswert.

Sarah Kugler[Beelitz]

Zur Startseite