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Übung macht den Retter. Die Helfer vom Roten Kreuz sitzen natürlich nicht am Strand herum, sondern trainieren in ruhigen Minuten auch ihre Fähigkeiten. 
© Cornelius Haack

Die Retter der Station Breitehorn: Baywatch am Wannsee

Jedes Wochenende wachen ehrenamtliche DRK-Wasserretter am Wannsee. Sie helfen in kleiner wie in großer Not – und schleppen auch mal ab.

Der erste Notfall ist eine Überzuckerung. „Das süße Zeug kann ja kein Mensch trinken“, sagt die Radfahrerin, die gegen zehn vor dem Häuschen der DRK-Wasserwacht anhält – und um etwas Wasser zur Verdünnung ihres Sportgetränks bittet. „Das machen wir natürlich“, sagt Eva Adams. Die 25-jährige Studentin ist Rettungsschwimmerin und verbringt im Sommer fast jedes Wochenende in der Station Breitehorn, eine von dreien am Wannsee, die von Berliner Kreisverbänden des Deutschen Roten Kreuzes besetzt werden. Weitere Stationen gibt es von der Deutschen Lebensrettungsgesellschaft (DLRG) und der Arbeiter-Samariter-Bund (ASB). Berlins Gewässer, so schätzt Andreas Rose, Berufsschullehrer und ebenfalls im Dienst bei der DRK-Wasserwacht, ist so gut geschützt wie kaum ein anderes in Deutschland.

Die Station Breitehorn wird vom Kreisverband Schöneberg-Wilmersdorf betrieben. Es ist eine kleine Truppe, bis zu sieben Leute, die bereits Freitagabend anreisen. Sie kochen und essen gemeinsam, es gibt einen spartanischen Schlafboden. Die Helfer halten die Ausrüstung in Ordnung, putzen Haus und Rettungsboote. Immer in Bereitschaft, falls sie per Funk zu einem Einsatz gerufen werden – oder von ihrer Terrasse aus selber eine gefährliche Situation entdecken. Bei schönem Wetter ist der Wannsee voll: Hier begegnen sich Segler und Motorboote, Stehpaddler und Wasserskifahrer, Grillboote und Passagierdampfer. Ab und zu bahnt sich ein fetter Schubverband den Weg über die Havel. Dazu kommen die vielen Schwimmer, die im glitzernden Wellengang leicht zu übersehen sind. Unter der Woche ist die Berliner Feuerwehr für alle Wasserunfälle zuständig. An Wochenenden und Feiertagen von Mai bis September wird sie von den Ehrenamtlichen unterstützt. 850 Einsätze fuhren allein die DRK-Wasserretter im vorigen Jahr. Darunter waren Rettungsaktionen wie jene, bei der eine Frau mit schwerer Kopfverletzung von einem Hausboot geholt werden musste. Im vergangenen Mai mussten die Helfer ausrücken, um nach einem vermissten Bootsmann zu suchen. Stundenlang waren sie im Einsatz. Leider erfolglos.

Am schlimmsten sind die Partyboote, ohne Führerschein

Umso wichtiger sind präventive Einsätze. Die Wasserretter sind deshalb häufig draußen unterwegs, sozusagen auf Streife auf dem See. Sie kontrollieren die Sandbänke, auf denen sich unerfahrene Segler oft festsetzen, fahren bei den Segelschulen vorbei, beobachten und begleiten eine Kinderregatta. Es kommt vor, dass Boote mit Motorschaden abschleppen, obwohl sie das nicht müssten. Aber was sollen die denn sonst machen? Sie nehmen Schwimmer auf, die entkräftet und unterkühlt sind. Und einmal, sagt Andreas Rose, mussten sie in letzter Minute diese quietschgelbe schwimmende Würstchenbude aus der Fahrrinne ziehen, bevor ein Lastkahn heranpflügte. Am schlimmsten, sagt er, seien die Partyboote, weil man keinen Bootsführerschein mehr braucht.

Viel zu tun gibt es auch an Land. Die Versorgung von Schnittwunden, anderen Wehwehchen oder Kreislaufproblemen gehört zum täglichen Geschäft. Für die Erste Hilfe sind Sauerstoff, Defibrillator und Verbandszeug vorhanden. Außerdem gibt es Handtücher und Ersatzkleidung für Gestrandete. Zwei Boote stehen zur Verfügung, eines davon ist noch ganz neu und hat 80 000 Euro gekostet. Für die ehrenamtlichen Wasserretter bedeutet so eine Investition auch Anerkennung ihres Einsatzes, sagt Stationschef Cornelius Haack. Die neue Technik erleichtert auch die Arbeit: Das Boot hat eine Bugklappe, die waagerecht öffnet, wodurch Hilflose schonend aus dem Wasser geholt werden können.

Weil am Sonntag alles ruhig bleibt, ordnet Haack am Nachmittag ein paar Trainingseinheiten an. Die Badegäste vom Campingplatz sind das Publikum, das zu rettende Opfer ist Mark, der gerade einen Schnuppertag bei der Wasserwacht absolviert. Auf einer Börse für Ehrenamtliche hat er die DRK-Helfer kennengelernt. Er ist neu in Berlin und sucht etwas Sinnvolles, bei dem man auch noch nette Menschen trifft. Haack würde sich über Verstärkung freuen, denn die wird gebraucht. „Ich glaube, viele können sich einfach nicht vorstellen, was wir hier machen“, sagt Haack. „Es ist ja nicht immer so entspannt wie heute. Ein plötzlicher Wetterumschwung und die Einsätze kommen Schlag auf Schlag. Wenn dann trotzdem alles super läuft und man Menschen helfen kann, das ist schon eine tolle Erfahrung.“

Steffi Pyanoe

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