Bienenzucht in Berlin: Bahn stellt Flächen für Hobby-Imker bereit
Auf ungenutzten Flächen der Deutschen Bahn können Imker jetzt ihre Bienenvölker wohnen lassen. Neben den Gleisen gibt es viel Platz für die Stöcke.
Und schwupps. Die Biene setzt sich im Haar von Karsten Schischke fest. Dieser klopft ein wenig auf dem Kopf herum und schon fliegt sie wieder weg. Kein Problem für Schischke – er ist schließlich Imker. Allerdings ein ganz Besonderer. Er gehört zu den ersten Imkern in Berlin, die ihre Stöcke auf Flächen der Bahn aufstellen dürfen. 420 Standorte hat die Bahn bereits bundesweit ausgewählt. In Berlin gibt es nach Angaben des Konzern bereits Bahn-Bienen auf einem Gelände an der Wuhlheide in Köpenick.
Schischke, der sich beruflich am Fraunhofer-Institut mit Elektronik beschäftigt, hatte schon vor einem Jahr Bienenstöcke an der Cheruskerstraße in Schöneberg aufgestellt. Im Rahmen des Projektes „Über den Tellerrand“, das nachbarschaftliche Hilfen für Geflüchtete anbietet, war die Idee entstanden. Nicht wenige der Angekommenen hätten sich in der alten Heimat mit der Bienenzucht beschäftigt, sagt Schischke, der sich bereits vorher 14 Jahre lang um Bienen gekümmert hatte. Ideal war der Standort an der Straße aber nicht. Anwohner, die es gut meinten, hätten die Bienen falsch gefüttert, was diesen gar nicht gefallen habe.
Bienen bei der Deutschen Bahn
Dann half ein Gespräch, das weit weg andere führten, weiter: Der Umweltchef der Bahn, Andreas Gehlhaar, und die grüne Bundestagsabgeordnete Bärbel Höhn, die Vorsitzende des Umweltausschusses ist, sprachen in Höhns Büro über Umwelt und Tiere bei der Bahn. Und vor Höhns Zimmer im Paul-Löbe-Haus stehen seit gut einem Jahr im Innenhof zwei Bienenstöcke. Da war für Gehlhaar, wie er sagt, schnell klar: Bienen solle es auch bei der Deutschen Bahn geben. Ungenutzte Flächen besitzt sie schließlich genügend.
Schischke, der davon erfuhr, schlug als neue Heimat für seine beiden Bienenvölker den verwilderten Bereich über dem Tunnel der S-Bahn-Linie S 1 am Cheruskerpark vor; nicht weit weg vom ersten Domizil. Im März zogen die Völker um – auf ein bereits umzäuntes Gelände. Doch die Bahn wäre nicht die Bahn, wenn sie nicht trotzdem fordern würde, die Stöcke zusätzlich durch einen Bauzaun abzutrennen. Nun gut; auch den Bauzaun wird der Hobby-Imker noch auftreiben.
Schon 50kg Honig
Die Stadt sei ein Paradies für Bienen, findet Schischke. Hier gehe es den Honig-Produzenten meist besser als auf dem Land, sekundierte am Montag Höhn bei der Vorstellung des Projekts. Durch Parks, Gärten und Straßenbäume sei das Blütenangebot deutlich größer und kontinuierlicher als auf dem Land. Beweis: Die Bundestagsbienen haben bereits im ersten Jahr fast 50 Kilogramm Honig produziert, rund ein Drittel mehr als im Durchschnitt. Berlin ist eben eine schmackhafte Stadt.
Damit Bienen sich noch wohler fühlen, haben die Senatsumweltverwaltung, der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf und die Deutsche Wildtier Stiftung vor kurzem einen Kooperationsvertrag abgeschlossen. Ziel ist es, die Bedingungen für die Bienen weiter zu verbessern.
Auch woanders ist die Bahn tieraktiv. Im mecklenburgischen Ducherow, wo einst die Bahnstrecke Berlin-Heringsdorf auf Usedom von der Hauptlinie abzweigte, ließ sie in einer ehemaligen Ziegelei ein Quartier für die seltenen Mopsfledermäuse einrichten, die woanders durch Bauarbeiten der Bahn vertrieben worden waren. Dagegen ist der Aufwand für die Bienen ein Klacks. Weitere Flächen sollen folgen.