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Etliche Fahrer wurden im Laufe des Tages erwischt - darunter auch Mitarbeiter von Polizei und Bundeswehr. Alle Ereignisse zum Nachlesen im Tagesspiegel-Liveticker unter diesem Link.
© Paul Zinken/dpa

Bilanz der Polizei: Auch beim Blitzmarathon wurde ohne Rast gerast

Es ging auffallend gesittet zu auf den Straßen –aber einige waren trotz Warnung viel zu schnell. Ein Autofahrer raste mit Tempo 90 durch eine 50 Zone.

Die Stadt war nicht dieselbe am Tag des Blitzmarathons: So gemächlich, rücksichtsvoll und ruhig wie am Donnerstag rollt der Autoverkehr sonst nur bei Neuschnee. Die Polizei bestätigte diesen Eindruck, den vor allem jene Verkehrsteilnehmer auskosten konnten, die gerade nicht im Auto saßen – also die Mehrheit. Hier ein Überblick über den Tag.

DIE SCHLIMMSTEN RASER

Eine Bilanz des 18-stündigen Blitzmarathons will die Polizei an diesem Freitag vorlegen, aber ein erstes Fazit gab’s schon Donnerstagmittag: Von 6 bis 12 Uhr wurden an 123 Stellen im Stadtgebiet 1221 Schnellfahrer gemessen. Ein Autofahrer raste mit Tempo 90 über die Grunerstraße am Alex, auf der Tempo 50 gilt und im vergangenen Jahr ein Fußgänger totgefahren wurde. Einer, der Tempo 87 drauf hatte, tönte: „Ich wollte mal ausprobieren, ob ihr mich erwischt.“ Sein Test war erfolgreich – und bringt ihm einen Monat Fahrverbot. In Tempelhof-Schöneberg stoppte die Polizei einen 17-jährigen Mopedfahrer mit Tempo 85, in Steglitz einen Biker mit Tempo 83. Insgesamt seien aber viel weniger Raser erwischt worden als bei den alltäglichen unangekündigten Kontrollen, sagte Polizeipräsident Klaus Kandt. Er kündigte bereits an, dass die Aktion wiederholt werden soll.

ANIMALISCHE MOMENTE

Auf einem Teil der Gneisenaustraße gilt wegen mehrerer Schulen Tempo 30. Auch hier steht die Polizei – und stoppt nach wenigen Minuten eine Autofahrerin, die nach eigener Auskunft gerade so eine „blöde Zicke“ überholen wollte, die vor ihr total langsam gefahren sei und sie genervt habe. Jetzt ist sie erst recht genervt, kassiert für Tempo 51 einen Punkt in Flensburg und resümiert: „Heute ist ein Scheißtag.“ Kurz darauf trifft es einen Geschäftsmann, der mit Tempo 51 ebenfalls viel zu schnell ist. Heute früh habe er noch gesagt, die Polizei solle sich bloß vor die Schulen stellen, erzählt er. Die Polizei hat seinen Wunsch erfüllt. Bald darauf werden drei weitere Autofahrer angehalten – mit 49, 46 und 45 km/h. „Den ganzen Tag bin ich gefahren wie ein Engel“, jammert einer. Der Wirt einer nahen Eckkneipe weiß von fast täglichen Kontrollen hier zu berichten, bei denen die Schnellfahrer regelrecht Schlange stehen müssen, weil es so viele sind.

GUTE FAHRT – SICHERE FAHRT

Der Verkehr rollt auffallend langsamer als gewohnt. Trotzdem sind die Straßen laut Verkehrsinformationszentrale nicht verstopfter als sonst. „Es gibt wenig Probleme, es ist ruhig“, sagt ein Sprecher. Sein Eindruck sei, „dass wir heute weniger gemeldete Unfälle haben als sonst“.

GESPALTENE GEWERKSCHAFTEN

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisiert den Blitzmarathon: Schon am Tag darauf werde wieder gerast wie gewöhnlich, erklärt GdP-Landesbezirkschefin Kerstin Philipp. Die „Blitzer-Show“ könne „die traurige Wahrheit des Personalmangels bei der Polizei nicht kaschieren. Der polizeiliche Verkehrsüberwachungsdruck in Berlin nimmt ab.“ Die Konkurrenzgewerkschaft DPolG dagegen lobt die Aktion, weil sie das Problem der Raserei in den Fokus rücke.

PREMIERE IN BLAU-SILBER

Erstmals sind die sechs neuen Streifenwagen mit Messtechnik im Einsatz. Jede Direktion hat einen (Stückpreis: 100 000 Euro). So kann jeder Polizeiwagen am Straßenrand in Berlin ein Blitzer sein.

SCHNELLE TRUPPE

Ein Motorradfahrer, der statt der erlaubten 50 km/h Tempo 60 fuhr, erweist sich als Kollege. Sein wohl scherzhaft gemeinter Vorschlag: „Macht doch mal eine Ausnahme“ nützt ihm nichts. Gleich danach fährt die Bundeswehr vor den Blitzer – zwei Männer mit Tempo 63. Reue? „In Berlin fährt doch jeder zu schnell, oder? Sagen Sie doch mal ehrlich!“ Die Beamten lachen sich: Schon letztes Jahr hatten sie ein Bundeswehrauto vor der Linse.

TYPISCHE FÄLLE

Gut zwei Stunden stand die Polizei morgens am Nahmitzer Damm, einem Unfallschwerpunkt. Bilanz: 15 Männer und eine Frau fuhren zu schnell, drei bekamen Punkte (ab 21 km/h überm Limit). Einer sagte, er schäme sich, lobte die Kontrolle. Ein anderer, der Sohn und Tochter in die Schule brachte, maulte, man solle lieber vor Schulen blitzen. Ein Motorradfahrer gab sich erst gelassen – und wurde still, als er von 200 Euro Bußgeld, zwei Punkten und einem Monat Fahrverbot erfuhr.

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