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Der Anschlag auf das World Trade Center am 11. September 2001
© REUTERS/Sara K. Schwittek

Islamistischer Terror nach 9/11: Al Qaida ist wieder gefährlicher als der IS

Auch 18 Jahre nach dem Terrorangriff auf die USA geht von Al Qaida eine Bedrohung aus. Der Westen darf sie nicht unterschätzen. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Frank Jansen

Der Schrecken war unermesslich, doch er scheint in Deutschland kaum noch ein Thema zu sein. Vor 18 Jahren verübte Al Qaida einen Angriff auf die USA, der unvorstellbar erschien. Zwei entführte Passagiermaschinen krachten in die Zwillingstürme des World Trade Center in New York, ein Flugzeug raste ins Pentagon und ein viertes stürzte ab, als die Passagiere mit den Terroristen kämpften. Seitdem ist „9/11“ die Chiffre für islamistischen Terror.

2019 ist am 11. September die Bedrohung dem Szenario von 2001 sogar wieder näher: Al Qaida hat dem immensen Antiterrorkampf des Westens standgehalten und profitiert vom Niedergang der konkurrierenden Terrormiliz „Islamischer Staat“. Der IS galt nach der Eroberung großer Gebiete in Syrien und Irak 2014 als die gefährlichste islamistische Organisation weltweit.

Heute hat der IS fast alles verloren. Der von den Amerikanern unterstützte Kampf der irakischen Armee und kurdischer Milizen hat gewirkt. Der militärische Einsatz war richtig.

Seine Folgen sind auch in Deutschland spürbar. Die mit dem IS sympathisierenden Salafisten sind verunsichert, das Wachstum der Szene lässt nach und niemand reist mehr nach Syrien und Irak, um für den IS zu kämpfen. Die Verbote salafistischer Organisation in der Bundesrepublik und die Prozesse gegen führende Salafisten setzen das ultrafromme Milieu zusätzlich unter Druck.

Einen massiven Anschlag des IS wie in Paris mit 130 Toten halten die Sicherheitsbehörden in Europa derzeit für weniger wahrscheinlich. Zu befürchten sind eher Angriffe von IS-Anhängern mit Messern, Fahrzeugen und anderen leicht zu beschaffenden Tatmitteln. Das kann täglich passieren.

Stabile Bündnisse als strategischer Vorteil

Als Terrororganisation ist jedoch Al Qaida heute vermutlich gefährlicher als der IS. Al Qaida hat offenkundig eine effizientere Strategie. Die Anhänger des 2011 in Pakistan von US-Elitesoldaten getöteten Osama bin Laden unterhalten stabile Bündnisse mit regionalen Terrorgruppen. In Syrien, Somalia und Nordafrika, vorrangiges Beispiel ist jedoch Afghanistan.

Die Taliban haben Al Qaida nie fallen gelassen, obwohl bin Laden mit 9/11 die Amerikaner zur Invasion in Afghanistan provozierte. Der IS hingegen agiert isoliert und kämpft gegen die anderen militanten Islamisten.

Sollten die Taliban, was zu befürchten ist, in den nächsten Jahren Afghanistan komplett zurückerobern, werden sie sich am IS genauso rächen wie an der afghanischen Regierung. Und Al Qaida hätte, wie 2001, wieder ein sicheres Refugium in einem Gottesstaat.

Der Westen muss den Einsatz in Afghanistan fortsetzen und darf die globale Gefahr, die von Al Qaida ausgeht, nicht unterschätzen. „9/11 reloaded“ droht weiter.

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