Häuserkampf mit Ansage: Aktivisten wollen Berliner Ferienwohnungen besetzen
Berlin hat eine lange Geschichte besetzter Häuser. Nun wollen Hausbesetzer wieder Ferienwohnungen und leer stehende Immobilien übernehmen – und vielleicht sogar das Rote Rathaus.
Die Hausbesetzerszene in Berlin könnte ein Revival erleben. Eine Aktivistengruppe kündigt an, Räume besetzen zu wollen: leer stehende Immobilien, Ferienwohnungen und vielleicht sogar das Rote Rathaus.
Katalin Gennburg, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der Linkspartei im Abgeordnetenhaus, äußerte grundsätzlich Verständnis für derartige Aktionen. „Wenn so viel Wohnraum durch Spekulation enteignet und das Recht zu wohnen angegriffen wird, ist Besetzen ein legitimes Mittel“, sagte sie der Zeitung „Neues Deutschland“. Außerdem forderte sie, Hausbesetzungen zu entkriminalisieren.
Stefan Evers, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion Berlin mahnte hingegen, Hausbesetzungen seien kein Kavaliersdelikt. Gennsburg rufe zu Straftaten auf. „Berlins Linke beweist einmal mehr, dass sie die existenziellen Miet- und Wohnungssorgen der Berliner nicht lösen will und kann.“
Rigaer Straße als Hochburg der Besetzerszene
Hausbesetzungen gehörten einst zu Berlin wie Currywurst, Späti-Bier oder der Kudamm. Die Umgebung der Rigaer Straße gilt als Deutschlands Hochburg der Besetzerszene. Könnte diese nun ein Revival erleben?
„Hiermit informieren wir darüber, dass wir als selbstbestimmte Berliner die Unvernunft von Leerstand in einer Stadt mit Wohnungsnot, Armut und Verdrängung nicht länger hinnehmen und uns in Zukunft Häuser nehmen werden.“ So schreiben die Aktivisten auf ihrem Blog.
Wer genau dahintersteckt und wie viele Leute mitmachen, ist nicht klar. Auf Nachfrage sagte ein Sprecher der Gruppe, wann und wo besetzt werde, werde erst am Tag der Besetzung bekanntgegeben. Die Gruppe ruft Berlinerinnen und Berliner dazu auf, es ihr gleichzutun: „Wir fordern alle auf, ihre insgeheimen Träume vom profitfreien Wohnen wahr werden zu lassen.“ Zudem solle die „Logik von Miete und Wohneigentum“ abgelehnt werden. „Wir haben nichts zu verlieren als unsere nächste Mieterhöhung.“
Juristisch keine besetzen Häuser in Berlin
Derzeit gibt es, juristisch gesehen, keine besetzten Häuser mehr in Berlin. Rund 100 Objekte verzeichnen diesbezüglich eine Historie. Die Bewohnerinnen und Bewohner der ehemals besetzten Häuser haben weitestgehend Mietverträge.
In den 80er Jahren haben vor allem Studierende und Arbeitslose Häuser besetzt und schnell Sympathisanten zu den Häusern gelockt. Auch zur Zeit der Wende wurde in Berlin viel besetzt: Leerstehende Räume konnten leicht übernommen werden. Ein Großteil der Häuser wurde später sogar legalisiert. In letzter Zeit wurden kaum noch Häuser besetzt.
Wenn doch, wird meistens innerhalb kürzester Zeit geräumt. Hausbesetzungen werden als öffentlichkeitswirksame Protestaktionen verstanden – und nicht mehr, um wirklich irgendwo einzuziehen. Protest soll es sein, gegen steigende Mieten oder auch gegen die Abschiebungen von Asylbewerbern. Auch diese hielten zuletzt die Gerhart-Hauptmann-Schule in Kreuzberg lange besetzt. Um sich gegen die eigenen drohenden Abschiebungen zu verschanzen und auf die Situation der Geflüchteten aufmerksam zu machen.
Auch die neue Besetzerwelle möchte „Arme, Obdachlose, Geflüchtete, Alte“ ansprechen. Denn diese hätten in der „Stadt der Reichen“ keinen Platz. „Wir stehen ein für das Recht sich den Wohnort selbst auszusuchen und ihn gemeinsam mit der Nachbarschaft lebenswert zu gestalten.“
Berlin sei eine Stadt, in der man so viel arbeiten müsse, dass die Wohnung nur noch als Schlafplatz diene. Kollektives Leben sei dadurch so gut wie unmöglich. Es gebe keine Räume mehr für unkommerzielles Zusammenleben. „Aus diesen Gründen werden wir unser Schicksal selbst in die Hand nehmen“, schreibt die Aktivistengruppe. In diesem Frühjahr werde man sich Räume selbst aneignen, „um diese damit der Spekulation und der Logik des Eigentümers zu entziehen.“
Noch wurde keine Besetzung gemeldet. Der Sprecher der Gruppe sagte, es gebe derzeit Vorbereitungen, leerstehende Wohnungen zu besetzen. Die Aktion solle aber auch einen Diskurs über Hauseigentümer und das „System Miete“ generell anstoßen.