Protest für Liebig34: Aktivisten besetzen „Molecule Man“ in Berlin über Stunden
Aktivisten besetzten am Dienstag die 30-Meter-Skulptur auf der Spree – aus Solidarität mit dem linken Hausprojekt in Friedrichshain. Nun ermittelt die Polizei.
Eine Corona-Schutzmaske war es zwar nicht, aber dafür sehr bunt: Am Dienstagmorgen trug der „Molecule Man“ plötzlich eine Sturmhaube. Nase bedeckt, Mund aber nicht. Sprechen könnte er also, könnte er sprechen.
Das hingegen taten Unterstützer des selbsterklärten „anarcha-queer-feministischen“ Hausprojekts Liebig34, welche die Skulptur in der Spree am Morgen aus Solidarität mit dem Hausprojekt besetzten. „Richtig schick und fettes danke dafür“, freute man sich auf dem Twitterkanal des Hausprojekts.
Acht Kletterer waren nötig, um einer der drei Figuren die Sturmhaube in Regenbogenfarben sowie einen schwarzen Rock anzuziehen. An einer anderen wurde ein Transparent mit der Aufschrift „L34 STAYS - WOHNRAUM IST KEINE WARE“ angebracht. Für rund sechs Stunden blieb sie die Skulptur an der Grenze von Friedrichshain und Treptow besetzt.
Die Aktion kritisiere die gegenwärtige „kapitalistische Wohnungspolitik“ in Berlin und finde in Solidarität mit dem von Räumung bedrohten Hausprojekt Liebig34 statt, hieß es in einer Mitteilung der Aktivisten.
„Wir fordern eine Stadt, in der Wohnraum kein Spekulationsobjekt der Wenigen ist, sondern allen Menschen ungehindert zur Verfügung steht“, heißt es in dem Schreiben. Vor allem „prekarisierte Menschen, People of Color, Frauen, Trans*, Inter, nichtbinäre und queere Personen“ würden unter der Wohnungspolitik leiden und aus ihren Kiezen verdrängt. Um die Aufmerksamkeit auf diese Menschen zu lenken, habe man aus dem Molecule Man eine „widerständige Transperson“ gemacht.
Am Dienstag gegen 10.00 Uhr kletterten die acht Aktivisten nach Angaben der Polizei dann herunter. Laut Polizei handelte es sich bei ihnen um sechs Frauen im Alter zwischen 23 und 34 Jahren und zwei Männer im Alter von 27 und 30 Jahren. Sechs der Acht hätten keinen Ausweis dabei gehabt, sodass ihre Identität auf der Polizeidienststelle festgestellt wurde. Gegen sie werde nun unter anderem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz, Hausfriedensbruch und Verstoßes gegen das Luftverkehrsgesetz ermittelt. Es habe aber keine Festnahmen gegeben.
Sechs Stunden blieb die Skulptur besetzt
Die Acht seien gegen 3.20 Uhr mit zwei Schlauchbooten zum „Molecule Man“ gefahren und mit professioneller Ausrüstung auf die 30 Meter hohe Dreifach-Figur aus Aluminiumlochplatten gestiegen. Laut Polizei wurden auch blaue Nebeltöpfe gezündet. Zudem sei eine Drohne gestartet worden.
Laut Polizei wurde die Kamera einer Frau beschlagnahmt, die das Geschehen von Land aus fotografiert habe. Die Drohne sei jedoch nicht mehr entdeckt worden.
Liebig34 ist ein linkes Hausprojekt in Friedrichshain. Das Haus gilt als eines der letzten Symbole der linksradikalen Szene in der Stadt.
Anfang Juni hatte das Landgericht einer Räumungsklage des Eigentümers gegen den Bewohner-Verein stattgegeben und entschieden, dass die Bewohnerinnen das Haus verlassen sollen.
[In Treptow und Friedrichshain nichts mehr verpassen? In unseren Leute-Newslettern berichten wir wöchentlich aus den zwölf Berliner Bezirken. Die Newsletter können Sie hier kostenlos bestellen: leute.tagesspiegel.de]
Der „Molecule Man“ ist eine rund 30 Meter hohe Drei-Personen-Skulptur in der Spree zwischen Oberbaumbrücke und Elsenbrücke und eines der Wahrzeichen der Stadt. Entworfen hat sie der amerikanischen Künstler Jonathan Borofsky.
Im Mai vergangenen Jahres besetzten Aktivisten der „Anarche Berlin“ ebenfalls die Skulptur, um gegen das Sterben von Geflüchteten auf dem Mittelmeer zu protestieren. Damals trug eine der drei Figuren eine orangefarbene Rettungsweste. (cna, mit dpa)