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Demonstranten protestieren gegen den Landesparteitag der Alternative für Deutschland (AfD) Berlin.
© Klaus-Dietmar Gabbert/dpa

Landesparteitag in Berlin: AfD: Generelles Kopftuchverbot an Universitäten und Schulen

Am Sonntag traf sich die Berliner AfD zum Landesparteitag. Man sprach sich unter anderem für ein Adoptionsverbot für Homosexuelle und ein Kopftuchverbot für Schülerinnen und Schüler aus. Lesen Sie hier den Bericht vom Parteitag.

Von Ronja Ringelstein

Beatrix von Storch wollte einen geordneten Landesparteitag ihrer „Alternative für Deutschland“ (AfD) in Berlin, der zügig sein Wahlprogramm beschließen sollte – doch so richtig klappte das nicht. Rund 200 stimmberechtigte Mitglieder quetschten sich an diesem grauen Sonntag im A&O Kolumbus-Hotel in Lichtenberg in einen überfüllten, stickigen Raum und blickten auf eine weit entfernt am Ende des Saales aufgestellte Leinwand, auf der in kleiner Schrift die Textvorschläge für das zu beschließende Wahlprogramm standen. Zwölf Punkte waren auf dem 30-seitigen Leitantrag vermerkt – nach zwei Stunden war man mit Punkt eins durch.

Dabei hatte die Berliner Vorsitzende von Storch am Morgen des Parteitages gemahnt: „Um 17.30 Uhr brauchen wir ein verabschiedetes Parteiprogramm. Das erfordert ein hohes Maß an Disziplin. Nicht jeder muss etwas sagen“, drängte sie. Denn um 18 Uhr wollte man gemeinsam die Ergebnisse der Landtagswahlen in den drei Bundesländern Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt und Baden-Württemberg auf einer Wahlparty verfolgen. Sie wirkte energisch in ihrem quietsch-grünen Jackett, doch so laut wie ihr Ko-Vorsitzender Georg Pazderski war sie nicht.

Das spiegelte sich in dem tosenden Applaus für Pazderski wider, nachdem er den Mitgliedern zugerufen hatte: „Die AfD ist gekommen, um zu bleiben!“ Er bezeichnete in seiner Eingangsrede unter anderem den Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) als „geistigen Brandstifter“, da sich durch dessen Haltung „die da vor der Tür“ bestätigt fühlen würden.

Ein selbstgebasteltes Torten-Katapult

Vor dem Hotel hatten Demonstranten gegen den Parteitag mobil gemacht. In der Nacht waren zwei Fenster des Hotels von Unbekannten eingeschlagen worden. Unter anderem die Initiative „Nazifrei Berlin“ rief die Nachbarschaft am Morgen dazu auf, mit gegen die AfD zu demonstrieren. Aktivisten hatten einen Tisch mit Torten aufgebaut, ein selbstgebasteltes Torten-Katapult wurde von der Polizei schließlich mitgenommen. Es war eine Anspielung auf den Vorfall bei einer AfD-Sitzung in Kassel Ende Februar, bei der von Storch von einem als Clown verkleideten Aktivisten eine Torte ins Gesicht geworfen wurde.

Auch wenn die Zeit drängte: Bei den vielen Änderungsanträgen wollten immer wieder Mitglieder mitsprechen, nicht immer durften sie. Der Antrag auf „Beendigung der Debatte“ wurde am häufigsten gestellt. Immer wieder hörte man „Worüber wird gerade abgestimmt?“ aus dem Publikum.

Dennoch, der Konsens wurde gefunden. Punkt eins behandelte die Familienpolitik der AfD. Die Partei sieht sich selbst als Familienpartei. So fasste dann auch einer der ersten Sprechenden zusammen, dass man nicht umhin komme, anzuerkennen, dass es auch andere Familienmodelle gebe als das klassische Vater-Mutter-Kind-Modell. Allerdings: „Wenn alles Familie wäre, dann wäre der Begriff nicht mehr geschützt“, so einer der Redner. Man sprach sich gegen die Gleichstellung der eingetragenen Lebenspartnerschaften mit der Ehe aus und nahm noch ein explizites Adoptionsverbot für Homosexuelle in das Wahlprogramm auf. Auch eine Ehescheidung unterstütze man nicht.

Demonstranten stellten vor dem Hotel Torten auf eine Bank, auf denen "No AfD" zu lesen war.
Demonstranten stellten vor dem Hotel Torten auf eine Bank, auf denen "No AfD" zu lesen war.
© dpa

„Nur mit einer ausreichenden Anzahl von Kindern können wir unsere demographischen Probleme überwinden und die Funktionsfähigkeit unserer sozialen Sicherungssysteme aufrechterhalten“, so der Text im Leitantrag – deshalb macht es sich die AfD zur Aufgabe, gerade junge Familien zu ermutigen, Kinder in die Welt zu setzen. Unter anderem mit steuerlichen Vorteilen. Auch ein „Begrüßungsgeld“ für Neugeborene „deutscher Bürger“ wurde diskutiert. 1000 Euro für das erste Kind, 2000 Euro für das zweite und so weiter – der Antrag wurde abgelehnt.

Der ehemalige FDP-Abgeordnete Axel Hahn, Gründungsmitglied der AfD, mahnte das als finanziell unrealistische Forderung an und betonte seine Erfahrung im Abgeordnetenhaus. Bei der Debatte um Abtreibung betont die AfD in ihrem Parteiprogramm die Notwendigkeit, „das ungeborene Leben zu schützen“. Der Antrag, dass die Frau letztlich selbst über die Abtreibung entscheiden solle, zur Stärkung ihres Selbstbestimmungsrechts, wurde abgelehnt.

Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre

Beatrix von Storch mischte sich kaum in die Debatten ein, doch bei einem Thema griff sie zum Mikrofon: bei der Diskussion um eine Kita-Pflicht. „Ich kämpfe im Europaparlament gegen genau diese Einmischung des Staates. Wenn sich die AfD in irgendeiner Form für eine Kita-Pflicht einsetzt, muss ich darüber nachdenken, ob das noch meine Partei ist.“ Der Antrag, die Kita zur Pflicht zu machen, wurde daraufhin mit einer großen Mehrheit abgelehnt.

So sehr die AfD auch gegen staatlich auferlegte Pflichten ist, so sehr tritt sie für staatliche Verbote ein: Sie fordert das generelle Kopftuchverbot an Hochschulen und Schulen, für Lehrende und auch für Schülerinnen und Studentinnen. Einer der Sprechenden gab zu bedenken, dass man viele Mädchen so faktisch vom Unterricht ausschließen würde, doch diesem Einwand folgte die Mehrheit nicht.

Mit 96 Stimmen gegen 48 wurde der Antrag für das Verbot angenommen. Einer der Sprechenden sagte, dass das Kopftuchverbot für alle schließlich dazu führen würde, dass weniger strenggläubige Muslime nach Deutschland kommen würden – oder dass diese das Land wieder verlassen. „Und das will die AfD.“

Die AfD will auch die Herabsetzung der Strafmündigkeit von 14 auf 12 Jahre und die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts ab 18 Jahre für ihr Wahlprogramm. Den Antrag auf ein „Verbot der Antifa“ wurde hingegen abgelehnt, da es sich dabei um einen Sammelbegriff für zahlreiche linke Organisationen handele, die man nicht pauschal verbieten könne, so die Erklärung.

Viele der Themen wurden in großer Eile diskutiert, bis sich schließlich eines der Mitglieder beschwerte, dass man nicht um jeden Preis den Zeitplan einhalten dürfe. Man könne den Parteitag vertagen. Das war aber eigentlich nicht der Plan der Vorsitzenden. Man wollte sich schließlich diszipliniert und geeint zeigen – immer wieder wurde ein zügiges Abstimmen gemahnt. Um 16 Uhr aber hieß es schließlich, es sei „absehbar, dass die Versammlung heute nicht mehr alle ausstehenden fünf Kapitel abarbeiten kann“. Ein kleiner Dämpfer für die Disziplin.

Unsere Reporterin Ronja Ringelstein war vor Ort und twitterte.

Die Parteiführung gibt ein straffes Programm vor:

Und auch die geschätzte Konkurrenz schaute sich auf dem Parteitag um:

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