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Kanal leer. In Becken wie diesen wird Mischwasser aus der Kanalisation zwischengespeichert. Die längs installierten Barrieren ermöglichen "Schwallspülung" - wie bei der heimischen Toilette.
© Kai-Uwe Heinrich

Zum Schutz von Spree und Havel: Abwasser im Keller

Bei Regengüssen läuft viel Dreck in die Spree – sofern er nicht vorher gespeichert wird. Die Wasserbetriebe arbeiten daran mit einem Mega-Programm.

Es ist einer dieser Orte, an denen man gewöhnlich vorbeihetzt, ohne sie zu bemerken: Eine zinnenbekrönte Hofeinfahrt mit doppeltem Spitzbogen und der Aufschrift „Canalisation der Stadt Berlin“. Dahinter umzäunt zwei flache Klinkerbauten mit einer großen Wiese dazwischen – und das an der Urbanstraße mitten in Kreuzberg, eine Querstraße vom Landwehrkanal entfernt. „Regenbecken Kreuzberg“ steht auf einem Schild.

Genau genommen ist der Rasen nämlich der grüne Deckel eines Reservoirs, das mit 3400 Kubikmetern etwas mehr fasst als ein olympisches Schwimmbecken. Am Donnerstag haben die Wasserbetriebe es für Journalisten geöffnet, weil es bei den fürs Wochenende angekündigten Gewittern wieder wichtig werden kann. Denn es ist einer von Dutzenden Speichern, die verhindern sollen, dass bei starkem Regen die Kanalisation in die Gewässer überläuft – ein Problem, das die Innenstadt (in den Außenbezirken sind Schmutz- und Regenwasserkanäle getrennt) seit dem Bau der Mischkanalisation im 19. Jahrhundert hat. Und es verschärft sich, weil seit Jahren der Regen immer häufiger in Sturzbächen vom Himmel kommt.

Letzten Freitag floss viel Dreck in die Spree

Wenn also am Wochenende in Kreuzberg mehr als vier Liter Regen pro Quadratmeter in einer halben Stunde – das entspricht einem kräftigen Schauer, aber noch keinem Unwetter – herunterkommen, schießt der Dreck aus der Kanalisation in das Becken. Je schneller der Schauer durchzieht, desto größer die Chance, dass die Kapazität reicht und die Brühe – ein Gemisch aus etwa 10 Prozent Haushaltsabwasser und 90 Prozent Regenwasser von Straßen und Dächern – nicht über das seitlich angebrachte, drei Meter hohe Wehr in Richtung Landwehrkanal abfließen muss, sondern später in Richtung Klärwerk gepumpt werden kann, sobald das wieder Kapazitäten hat.

Das 1988 gebaute Kreuzberger Becken ist ein relativ alter und kleiner Baustein in einem Riesenprojekt: Rund 200 Millionen Euro wollen die Wasserbetriebe bis 2021 in Speicher und Staustufen investieren, sagt Vorstandschef Jörg Simon. 300 000 Kubikmeter sind das Ziel. Zum Vergleich: Bei dem stundenlangen Regenguss am vergangenen Freitag liefen in elf von 17 Mischwasserbereichen insgesamt 87 000 Kubikmeter verschmutztes Wasser in Spree und Landwehrkanal.

An der Chaussee-Straße entsteht ein riesiger Speicher

Die größten Speicher entstehen an den Klärwerken Waßmannsdorf und Schönerlinde; der größte innerstädtische ist an der Chausseestraße geplant: ein rundes unterirdisches Becken, das 17 000 Kubikmeter fasst. Zweitgrößtes City-Projekt ist ein Staukanal unter dem Mauerpark – eine Röhre, in die eine U-Bahn passen würde.

Wasserbetriebe und Land teilen sich die Kosten für das Jahrhundertprojekt. Nicht weiter verfolgt wird das vom Ingenieur Ralf Steeg entwickelte und im Osthafen seit Jahren funktionierende Konzept, das Wasser in Pontons zwischenzuspeichern, bevor es ins Klärwerk gepumpt wird: Zu klein und zu teuer, heißt es bei den Wasserbetrieben – obwohl die Kosten im Vergleich gar nicht übermäßig hoch waren.

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