Unterrichtsbeginn über zwei Stunden gestreckt: Ab Mittwoch Maskenpflicht an Berlins weiterführenden Schulen
Um die Infektionen einzudämmen, wird die Maskenpflicht ausgeweitet. Auch beim Schulbeginn am Morgen gibt es Neuerungen - Lehrer warnen vor Unterrichtsausfall.
Berlin verschärft die Corona-Regeln für alle weiterführenden Schulen. Ab dem kommenden Mittwoch, 18. November, gilt an allen weiterführenden und beruflichen Schulen eine vollständige Maskenpflicht. Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und das gesamte weitere Personal müssen dann im gesamten Gebäude und auch auf dem Schulhof einen Mundschutz tragen.
Die Maskenpflicht schließt nun auch den Unterricht in allen Klassen ein. Das teilte die Senatsbildungsverwaltung am Freitag mit.
"Das ist in der aktuellen Situation ein weiterer wichtiger Schritt, den Regelunterricht unter Pandemiebedingungen aufrechterhalten zu können", sagte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD). Das Land wolle damit den Gesundheitsschutz für alle stärken.
Um die Schülerströme auf dem Weg zur Schule zu entzerren, müssen zudem alle weiterführenden Schulen den Unterrichtsbeginn über einen Zeitraum von zwei Stunden strecken. Ziel ist es, dass nicht alle Schüler gleichzeitig Busse und Bahnen nutzen und auch gleichzeitig in der Schule eintreffen.
Beide Maßnahmen gelten auch für die Fünft- und Sechstklässler an weiterführenden Schulen, nicht aber an Grundschulen.
"Berlin trägt dem Befund Rechnung, dass die Infektionszahlen gerade in der Altersgruppe der 15- bis 19-Jährigen bedingt durch die Herbstferien weiter gestiegen sind", begründete die Bildungsverwaltung diese Maßnahmen. In den beiden unterrichtsfreien Wochen hätten viele Kontakte junger Leute außerhalb der Schulen das Infektionsgeschehen "messbar" verstärkt. "Nach aktueller Datenlage sind die Schulen in Deutschland und Berlin keine Infektionstreiber."
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"Das durchgängige Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) ist zwar für die an den Berliner Schulen Lernenden eine weitere Belastung, aber angesichts der Pandemiedynamik eine richtige Maßnahme", lautet die Einschätzung Ralf Treptows von der Vereinigung der Oberstudiendirektoren. Allerdings sei es nicht möglich der Aufforderung nachzukommen, bis zum nächsten Mittwoch "einen komplett neuen Stundenplan an jeder Schule zu bauen". Defacto sei diese Festlegung nur dadurch erfüllbar, ein Drittel der Schülerschaft erst zur zweiten und einen weiteres Drittel erst zur dritten Stunde mit dem Unterricht beginnen zu lassen:
"Demzufolge wird es ab kommenden Mittwoch nicht mehr möglich sein, die Berliner Stundentafel und die Rahmenlehrpläne zu erfüllen. Der zweite Lockdown der Berliner Schule beginnt also kommende Woche". sagte Treptow am Abend auf Anfrage. Es werde Zeit, dass die Politik sich Gedanken um die Wiedergabe der in 2020 verlorenen Lernzeit macht".
Die Elternschaft erwartet, dass die Abschlussjahrgänge vollen Unterricht haben
"Die Schülerschaft wird gedrittelt. Das erste Drittel startet zur ersten Stunde, das zwei Drittel zur zweiten Stunde usw.", nannte Landeselternsprecher Norman Heise ein mögliches Szenario. "Uns erscheint es wichtig, dass die Abschlussklassen, die durch Corona eine doppelte Benachteiligung erfahren, hiervon auszunehmen sind", erwartet der Landeselternausschuss.
Eine weitere Option zur Entzerrung sehe das Gremium in der Ermöglichung von Alternativkonzepten, die Unterricht auch live nach Hause übertragen könnten. Es gebe wenige Schulen in Berlin, die das auf Grund konzeptioneller und technischer Voraussetzungen derzeit in der Lage seien, dies umzusetzen. Diese Schulen könnten mit ihren Erfahrungen aus der Umstellung anderen Schulen als Unterstützung und Anhaltspunkt dienen.
"Live-Streaming ermöglichen", lautet eine Forderung
"Aus den Schulen mit entsprechenden Konzepten erreichen uns Forderungen der Eltern, diese besondere Form des hybriden Unterrichtes mit Live-Streaming zuzulassen", berichtet Heise. Verständlicherweise wollten Eltern aus den anderen Schulen das auch, aber hier fehle beispielsweise der Breitbandzugang, das WLAN oder die Endgeräte: "Hier hatten wir als Landeselternausschuss in der Vergangenheit bereits entsprechende 'Pop-Up-Lösungen' gefordert, die immer noch nicht umgesetzt sind", beklagt der Landeselternsprecher.
Bezüglich der Verpflichtung zum Tragen der Mund-Nasen-Bedeckung fordert der Landeselternausschuss bis zum 18. November "eine dringende Klärung, wie und wo Pausen vom MNB-Tragen möglich sind, um frische Luft schnappen zu können". Denn die Bildungsverwaltung kündigte an, dass die Maskenpflicht nicht nur im Unterricht gelte, sondern auch "das gesamte Gebäude sowie die Freiflächen des Schulgeländes" betreffe. Der Musterhygieneplan werde entsprechend angepasst.
Knapp 1300 Schüler sind positiv getestet
An Berlins Schulen inklusive Berufsschulen sind laut Schulverwaltung inzwischen 1273 Schüler und 362 Lehrer mit dem Coronavirus infiziert. Das entspricht bei den Schülern einer Steigerung gegenüber der Vorwoche um ein Viertel, bei den Lehrern um gut die Hälfte. Allerdings bewegen sich die Zahlen immer noch auf einem recht niedrigen Niveau, denn hohe Prozentwerte werden bei niedrigen absoluten Zahlen leichter erreicht.
Es ist aktuell weiterhin keine Berliner Schule geschlossen, nur zwei Berufsschulen stehen laut Stufenplan der Bildungsverwaltung auf "Rot", weil kein regulärer Unterricht stattfinden kann. Dem Vernehmen nach ist das ihrem Einsatz im Gesundheitssektor geschuldet. Auf der geringsten Gefahrenstufe "grün" befinden sich 34 Schulen aus Treptow-Köpenick wegen der insgesamt gemäßigten Pandemielage im Bezirk, knapp 500 berlinweit auf gelb und rund 160 auf "orange", was eine verstärkte Maskenpflicht bedeutet.
In Neukölln sind 2.550 Schüler in Quarantäne
Abermals informierte Neukölln ausführlich über die Lage im Bezirk: Gegenwärtig gibt es hier rund 130 positiv getestete Schüler und Schülerinnen und 56 positiv-Fälle beim Schulpersonal. Etwa 2.550 Schülerinnen und Schüler befinden sich zudem in Quarantäne, und 23 der 63 Schulen wurden der Stufe "orange" zugeordnet. „Gegenüber der Vorwoche steigen die Infektionszahlen deutlich langsamer an", teilte dazu Bildungsstadträtin Karin Korte (SPD) mit. Das sei ein gutes Zeichen, "aber kein Grund, Entwarnung zu geben".
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Bei der Umsetzung der Maskenpflicht unterstützt das Land die Schulen auch mit Materiallieferungen. In der vergangenen Woche seien über die Bezirke bereits 480.000 Mund-Nasen-Bedeckungen zur Verfügung gestellt worden. Ab Mitte der kommenden Woche sollten weitere Masken für Schülerinnen und Schüler sowie das Personal geliefert werden.
Weitere drei Millionen Euro gibt es für Kitas: Davon entfallen 2,5 Millionen Euro auf die Anschaffung von Mund-Nasen-Bedeckungen und anderen Schutzmaterialien und 433.000 auf die Anschaffung von Kohlenstoffdioxid-Messgeräten. Die Gelder sollen nach Angaben der Verwaltung Anfang Dezember ausgezahlt werden.