Berlin-Charlottenburg: 580 neue Wohnungen in Westend
Die Deutsche Wohnen will die frühere Alliiertensiedlung in Westend neu bauen. Jetzt hat sich das Bezirksamt mit dem Unternehmen geeinigt – zum Verdruss einiger Mieter.
Nach fünfjährigen Planungen und Auseinandersetzungen mit Mietern und Politikern ist der Weg frei für den Neubau der Siedlung Westend nahe dem Olympiastadion. Am Dickens-, Scott- und Swiftweg will das Unternehmen Deutsche Wohnen insgesamt 212 Wohnungen einer britischen Soldatensiedlung aus den 1950er Jahren abreißen und durch 580 neue Mietwohnungen ersetzen. Am Dienstag wurde der städtebauliche Vertrag mit dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf, vertreten durch Baustadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne), unterzeichnet.
Die Deutsche Wohnen plant den Baubeginn gegen Ende 2019. Sechs Jahre danach könne alles fertig sein, sagte Unternehmenssprecherin Manuela Damianakis. Streit gab es vor allem um den Umgang mit Bestandsmietern. Diese sollen, falls sie in die Neubauten ziehen, zunächst neun Euro je Quadratmeter als Nettokaltmiete zahlen. Später könnte die Miete schrittweise steigen, bis die Höhe des Berliner Mietspiegels erreicht ist. Eine weitere Klausel sieht vor, dass die Bruttowarmmiete höchstens 30 Prozent des Haushaltsnettoeinkommens der Alt-Mieter betragen darf.
25 Prozent Sozialwohnungen
Zusätzlich werden Sozialwohnungen gemäß dem Berliner Modell der „kooperativen Baulandentwicklung“ 25 Prozent des gesamten Wohnraums ausmachen. Die neueste Fassung der stadtweiten Richtlinie sieht einen 30-prozentigen Anteil von Sozialwohnungen bei Neubauten vor. Doch laut Rechtsanwalt Mathias Hellriegel, der das Projekt im Auftrag der Deutschen Wohnen juristisch betreut, gilt noch eine Übergangsfrist bis zum kommenden Juni. Insgesamt werde rund die Hälfte aller neuen Wohnungen durch die verschiedenen Vereinbarungen preisgebunden sein, sagte Damianakis.
Welche Preise neu hingezogene Mieter für die nicht sozialgebundenen Neubauwohnungen zahlen sollen, steht laut der Sprecherin noch nicht fest. Sie betonte aber: „Wir bedienen nicht das Luxussegment.“ Man plane ausschließlich Miet- und keine Eigentumswohnungen. Zielgruppe sei die „gut verdienende Mittelschicht“.
Die Mieter wurden spät informiert
Viel Kritik hatte das Wohnungsunternehmen für seine Informationspolitik geerntet. Die Mieter erfuhren offiziell erst im Frühjahr 2014 von den Abriss- und Neubauplänen, als die Deutsche Wohnen sie zu einer Versammlung einlud. Zuvor hatte es aber schon einen Architektenwettbewerb gegeben, den das dänische Büro Tegnestuen Vandkunsten gewann.
Von den damals 212 Mietern wohnen noch 186 in der Siedlung. Manche von ihnen protestieren weiterhin gegen den Abriss und ärgern sich darüber, dass die Mietverträge nicht zu den bisherigen Konditionen fortgeschrieben werden. Die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Charlottenburg-Wilmersdorf habe dies ursprünglich gefordert, nun aber „ihre eigenen Versprechen nicht eingelöst“, heißt es in einer schriftlichen Erklärung.
„Ich wusste von nichts“
Der Rentner Hermann Röhricht sagte am Rande der Vertragsunterzeichnung, er habe im Jahr 2013 rund 50.000 Euro in seine Wohnung investiert, zum Beispiel in eine Einbauküche. „Ich wusste von nichts“, erst später habe von den Abrissplänen erfahren. Derzeit zahle er sieben Euro je Quadratmeter als Nettokaltmiete plus Heiz- und Betriebskosten. Das summiere sich auf 850 Euro pro Monat für 70 Quadratmeter. Eine Erhöhung auf neun Euro (und später mehr) könnten sich „einige nicht leisten“. Er selbst müsse sich künftig wohl mit einer kleineren Wohnung begnügen.
Die Deutsche Wohnen informiert unter siedlung-westend.de über ihre Pläne. Die Mieterinitiative präsentiert sich unter siedlung-westend.com.