Antisemitismus in Berlin: 31 Seiten Hass gegen israelischen Gastronom Yorai Feinberg
Der Restaurantbesitzer Yorai Feinberg aus Berlin-Schöneberg bekommt unzählige Hassmails von Antisemiten, garniert mit Exekutionsvideos. Doch die Strafverfahren gehen ins Leere.
Der Hass ist schlimmer geworden. Seit Yorai Feinberg im Dezember ein Video von einer Attacke eines Judenhassers veröffentlicht hat. Der hatte ihn vor seinem „Restaurant Feinberg’s“ in Schöneberg minutenlang beschimpft. Durch sein Video wurde Feinberg auch berühmt – und offenbar ein Ziel für Antisemiten.
Am Samstagabend machte Feinberg bei Facebook einen neuen Fall öffentlich. „Ich bekomme seit einiger Zeit wieder verstärkt unzählige Hassmails und Morddrohungen“, berichtete er. „Da es seitens der Staatsanwaltschaft wenig Erfolge und Verfolgung der Straftaten zu geben scheint, erlauben sich die Täter mehr.“ Vor allem einer tobt sich aus, ein sogenannter Internettroll. Eine Anzeige gegen den Mann sei ins Leere gelaufen, sagt Feinberg. Seither sei es eskaliert, seine Hassmails versah der Troll mit Exekutionsvideos. Auch bei Google wurde das Restaurant in den Bewertungen antisemitisch beschimpft.
Mehr als zehn Anzeigen - sieben Verfahren eingestellt
Feinberg hat die Hassmails gesammelt, sie füllen inzwischen 31 Seiten. Widerliche Beschimpfungen sind dort zu lesen, der Holocaust wird darin geleugnet: „Die Arabs wissen ja besser als die Deutschen, dass es nie Vergasungen gegeben hat“, steht da etwa. Oder: „Juden und ihr Opfer-Fetisch… Jammern, Lügen, Aussaugen, Lügen, Morden. Das macht ihr seit tausend Jahren.“ Der Gastronom hat alles öffentlich gemacht. Doch am Sonntagvormittag war der Beitrag wieder gelöscht, von Facebook, angeblich wegen eines Verstoß gegen die Richtlinien. Offenbar ohne genau hinzuschauen, worum es hier eigentlich geht.
Die Hassmails leitet Feinberg gleich weiter zur Polizei. Und er fühlt sich allein gelassen von der Staatsanwaltschaft. Mehr als zehn Anzeigen hatte er erstattet. Es wurde ermittelt, wegen Böllerwürfen, wegen Bedrohung. Doch der Staatsanwaltschaft gelang es nicht, Verdächtige – vor allem die Internettäter – zu identifizieren. Sie hätten bei den Providern unzutreffende Personalien angegeben. Eine Auswertung der Nutzerprofile sei ergebnislos verlaufen. Sieben Verfahren wurden eingestellt.
Obendrein ist Feinberg selbst verurteilt worden. Wegen eines Vorfalls im Jahr 2016. Damals hatte er eine Auseinandersetzung, weil er einen antisemitischen Aktivisten ansprach. Es gab eine Rangelei, Feinberg musste mit seiner Freundin in ein Geschäft flüchten, sie wurden beschimpft als „scheiß Juden“. Feinberg schimpfte zurück: „Scheiß Araber“. Dafür soll er jetzt eine Geldstrafe zahlen, befand ein Gericht. Der Gegner wurde freigesprochen.
Feinberg ist frustriert. Soll er Deutschland verlassen? Zu viel hat sich angestaut. Am Montag veröffentlichte das Jüdische Forum für Demokratie und gegen Antisemitismus, unterstützt von 30 Organisationen, eine Grundsatzerklärung mit Forderungen an Regierung, Parlamente und Behörden. In Punkt 1 heißt es: „Wer Antisemitismus am eigenen Leib erfährt, etwa durch Beleidigungen, Bedrohungen oder Gewalt, der weiß, wovon die Rede ist. Es ist Zeit, die Erfahrung der Betroffenen angemessen in die Lagebeurteilungen einzubeziehen.“
Auch Sigmount Königsberg, der Antisemitismus-Beauftragte der Jüdischen Gemeinde Berlin, hat sich eingeschaltet. Er will vermitteln. Am Montag sagte er dem Tagesspiegel: Die Staatsanwaltschaft sei gesprächsbereit, die Senatsjustizverwaltung sehr kooperativ. Es werde nun ein Termin vereinbart.
Am Montagabend meldete sich auch der rechte Internettroll wieder per Email. Darin nimmt er Bezug auf die Berichte über den gelöschten Facebook-Beitrag. Der Mann beschimpft Feinberg auf übelste Weise und schreibt: "Ohne Holocaust-Schwindel wärst Du nicht hier."