Tödliches Autorennen in Berlin: 3.000 Unfälle durch zu schnelles Fahren im Jahr
Rasen ist die dritthäufigste Unfallursache in Berlin. Allein 2014 wurden 38 Ermittlungsverfahren wegen der Teilnahme an illegalen Autorennen eingeleitet.
Durch zu schnelles Autofahren wurden im Jahr 2014 mehr als 3000 Unfälle in Berlin verursacht – damit ist es die dritthäufigste Unfallursache. Im Schnitt stirbt etwa alle sieben Tage ein Verkehrsteilnehmer nach einem Unfall. Durch Rotlichtmissachtungen kam es zu 658 Verkehrsunfällen mit verletzten Personen - allein an Kurfürstendamm und Tauentzienstraße wurden 165 Rotlichtverstöße in dem Jahr registriert. Unter Alkoholeinfluss wurden 1336 Unfälle verursacht. Treten diese drei Umstände zusammen auf, hängt es nur noch vom Zufall ab, ob Menschen verletzt werden oder sogar sterben. Wie die Innenverwaltung mitteilte, verstarben 2014 in Berlin 52 Personen im Straßenverkehr.
Ordnungswidrigkeit oder Straftat
Die wenigsten Unfälle sind allerdings Straftaten. Meist handelt es sich um Ordnungswidrigkeiten, die mit Bußgeldern und „Punkten in Flensburg“, im Fahreignungsregister, geahndet werden. Wer unter Alkoholeinfluss Auto fährt, kann eine bloße Ordnungswidrigkeit oder – je nach Betrunkenheitsgrad und Fahrweise – eine Straftat begehen, etwa nach Paragraf 316 Strafgesetzbuch (StGB) „Trunkenheit im Verkehr“ oder Paragraf 315c „Gefährdung des Straßenverkehrs“.
Bei einer Straftat wird die Schuld des Täters als höher angesehen als bei einer Ordnungswidrigkeit. Die Folgen sind dementsprechend anders: Das Bußgeld nach einer Ordnungswidrigkeit hat eine „Denkzettelfunktion“. Bei einer „Trunkenheit im Verkehr“ kann es zu einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder zu einer Geldstrafe kommen. Auch das unangemeldete Autorennen im öffentlichen Straßenraum stellt, solange nichts passiert, nur eine Ordnungswidrigkeit dar. Insgesamt 38 Ermittlungsverfahren wurden allein 2014 wegen der Teilnahme an illegalen Autorennen eingeleitet, teilte die Berliner Polizei mit.
Kritik an zu milder Justiz
Die Verärgerung vieler Menschen über eine „zu milde Justiz“ wird immer wieder laut: Erst im Oktober protestierten Menschen vor dem Amtsgericht Tiergarten gegen das Urteil gegen einen Lkw-Fahrer. Er hatte eine bereits vier Sekunden auf Rot stehende Ampel überfahren und so einen schuldlosen Radfahrer getötet – das Urteil: 5250 Euro Geldstrafe wegen fahrlässiger Tötung, seinen Führerschein durfte er behalten.
Im Jahr 2014 wurden insgesamt sechs Verfahren wegen „Fahrlässiger Tötung“ (Paragraf 222 StGB) in Berlin eingeleitet – davon kam es zu drei Verurteilungen. Häufig nehmen Richter bei Tötungen und schweren Verletzungen nach Rotlicht- oder Geschwindigkeitsverstößen Fahrlässigkeit an. Die Bestrafung ist dementsprechend milder als bei einer vorsätzlichen Tat. „Üblicherweise handelt es sich bei Verkehrsunfällen um Momentversagen. Das ist anders als eine vorsätzlich geplante Tat. „Die individuelle Schuld ist daran zu knüpfen, wie schwerwiegend mein Versagen war“, sagt Martin Steltner, Sprecher der Berliner Staatsanwaltschaft.
Autorennen mit Vorsatz
Bei einem Todesfall nach einem besonders gefährlichen Straßenrennen könnte das allerdings anders sein, so Steltner. Er verweist aber darauf, dass in jedem Einzelfall separat entschieden werden muss. Die Verurteilung wegen einer vorsätzlichen Tötung wäre eine Besonderheit, denn: Der Nachweis eines Tötungsvorsatzes ist in einem solchen Fall schwer.
Da Angeklagte üblicherweise nicht sagen, einfach in Kauf genommen haben, jemanden zu töten, muss das Gericht durch äußere Umstände der Tat auf die Gesinnung schließen. Je höher die Geschwindigkeit, je befahrener die Straße, je häufiger die Teilnahme an Rennen, desto eher könnten Richter es als bewiesen ansehen, dass dem Fahrer das Rennen wichtiger war als das Leben anderer Verkehrsteilnehmer.