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In den letzten Wochen wurde jeden Montagabend in Marzahn gegen das geplante Flüchtlingsheim demonstriert.
© dpa
Update

Proteste in Berlin-Marzahn: 1000 Gegner der Flüchtlingsheime protestieren wieder

Es wird weiter massiv gegen das geplante Flüchtlingsheim mobilisiert. Am Montagabend gab es bereits die nächste Demonstration mit inzwischen knapp 1000 Teilnehmern. Sie konnte ungehindert stattfinden.

In Marzahn hat sich am Montagabend auf der Raoul-Wallenberg-Straße erneut eine Demonstration mit Gegnern des geplanten Flüchtlingsheimes auf den Weg gemacht. Rund 1000 Teilnehmer waren gekommen. Anders als Samstag aber konnten sie völlig ungehindert loslaufen. Die Stimmung war dennoch ausgesprochen aufgeheizt. Verbal aggressiv versuchten die Demonstranten vor allem Pressefotografen einzuschüchtern. Zu den Rufen, die skandiert wurden, gehörte "Lügenpresse, halt die Fresse!". Die Demonstration wurde von rechtsextremen Teilnehmern und ihren Parolen dominiert. NPD-Landeschef Sebastian Schmidtke feierte die Aktion auf Twitter als Erfolg: "Mehr als tausend Menschen auf der Straße gegen Asylantenheime im Kiez! Weiter so!"

Leichte Proteste von Gegendemonstranten gab es nur zu Beginn. Nur die Linke hatte eine Aktion, einen Teestand, angemeldet, zu der einige Dutzend Menschen gekommen waren. Die Polizei hatte sich auf einen großen Einsatz vorbereitet und war mit 500 Beamten am Ort.

Am Montagmorgen hatte sich noch der Innenausschuss des Abgeordnetenhauses mit der Demonstration vom Samstag befasst. Nach Einschätzung des Staatsschutzes gehörte etwas mehr als die Hälfte der Demonstranten bei der „Nein zum Heim“-Demo zur Gruppe der gewaltbereiten Neonazis oder ist in rechtsextremistischen Parteien aktiv. Dies sagte der Leiter des Staatsschutzes, Oliver Stepien. Prozentzahlen allerdings wollte Stepien nicht nennen, „wir stellen ja nicht von allen die Personalien fest“. Polizeipräsident Klaus Kandt sagte, dass die Polizei deshalb bewusst nicht von „rechten“ Demos spreche, sondern von „Heimgegnern“.

Die Organisatoren der Demo, die „Bürgerbewegung Marzahn“, wiesen den Vorwurf, von Rechten unterwandert oder bestimmt zu sein, vehement zurück. Die Initiative kritisierte vor allem, dass viele Anwohner von den massiven Polizeisperren abgeschreckt worden seien. Diese Beobachtung wurde selbst von linken Gruppen wie dem „Netz gegen Nazis“ bestätigt. Linksextremistische Gruppen behaupteten dagegen, dass nur „Nazis“ in Marzahn demonstriert hätten.

Das Klima ist jetzt vergiftet

Nach den mehrstündigen Auseinandersetzungen zwischen Heimgegnern und Flüchtlingsfreunden ist das Klima in Marzahn vergiftet. Am Sonntag wurden Kerzen an der Raoul-Wallenberg-Straße entzündet, weil ein 14-jähriges Mädchen dort angeblich von einem Stein getroffen worden sein soll, geworfen von linken Gewalttätern. Die Polizei kann das nicht bestätigen. In zahllosen Beiträgen auf der Facebookseite der „Bürgerbewegung Marzahn“ wird Rache geschworen – massiv wurde am Montag zu der Demonstration am Abend mobilisiert.

Der Polizeieinsatz am Sonnabend wurde ausführlich am Montag diskutiert. Wie berichtet, war es der Polizei zum Schluss nicht gelungen, das rechte und linke Lager zu trennen. Kandt sprach von einer „emotionalen und aggressiven Stimmung“ beider Gruppen, die die „Auseinandersetzung gesucht und gefunden haben“. „Es ist nicht in jedem Moment, aber im größten Teil gelungen, beide Seiten zu trennen“, berichtete der Polizeipräsident. Der „größte Teil“ waren die drei Stunden, in denen die Heimgegner nicht loslaufen durften, weil Linke die Straßen blockierten. Als die verbliebenen 350 Heimgegner plötzlich loslaufen durften, brach eine größere Gruppe gewaltbereiter Autonomer durch und begleitete die Demonstration regelrecht. Beide Seiten warfen nach Polizeiangaben Böller und Steine. Die Beamten nahmen 14 Personen fest, ob sie aus dem rechten oder linken Lager stammen, konnte Kandt nicht sagen.

Bei den vorangegangenen Demonstrationen zum Thema Flüchtlingsheim in den letzten Tagen waren etwa gleich viele Gegner und Befürworter festgenommen worden. In Marzahn gab es zudem 40 kurzzeitige Freiheitsentziehungen; 55 Strafverfahren unter anderem wegen schweren Landfriedensbruchs und gefährlicher Körperverletzung wurden eingeleitet. 22 Polizisten wurden bei diesem Einsatz verletzt. Wie Kandt sagte, sei die „Örtlichkeit nicht einfach für die Polizei“ gewesen. Er meint: In lose bebauten Plattenbausiedlungen können gewaltsuchende Demonstranten Polizeisperren viel leichter umlaufen als zum Beispiel in der Innenstadt. Die grüne Abgeordnete Canan Bayram kritisierte den Polizeieinsatz von Sonnabend scharf: „Schwer vorstellbar, dass das so geplant war.“ Kandt und der Justiziar der Polizei, Oliver Tölle, betonten im Innenausschuss, dass es keinerlei rechtliche Möglichkeiten gegeben habe, die Versammlung der Heimgegner zu verbieten oder aufzulösen.

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