Nach nur einer Woche: Zwei Schulen in Mecklenburg-Vorpommern wegen Corona geschlossen
Erst am Montag hatte in Mecklenburg-Vorpommern die Schule begonnen. Jetzt gibt es bereits zwei positive Tests. Virologen fordern Mundschutz auch im Unterricht.
Schlechter hätte der Schulbeginn in Mecklenburg-Vorpommern kaum laufen können. Das Bundesland war am Montag als erstes nach den sechswöchigen Sommerferien in das neue Schuljahr gestartet, nun ist eingetreten, was Kritiker prophezeit hatten: Schon am Ende der ersten Woche müssen zwei Schulen wegen bestätigter Infektionen mit dem Coronavirus geschlossen werden.
Betroffen ist das Goethe-Gymnasium in Ludwigslust (Landkreis Ludwigslust-Parchim). Dort wurde eine Lehrerin positiv getestet. Außerdem gibt es einen infizierten Schüler an der Ostsee-Grundschule in Graal-Müritz (Landkreis Rostock). Dies teilten die beiden Landkreise nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa mit.
Die Ostsee-Grundschule soll von Montag an zwei Wochen geschlossen bleiben. Die Schüler dort sollten demnach am Freitag zunächst noch im Freien und in getrennten Gruppen unterrichtet werden. Alle Kinder, Lehrer und anderen Schulmitarbeiter müssen den Angaben zufolge in Quarantäne. Die Eltern würden über das richtige Verhalten in der Quarantänezeit und den Umgang mit etwaigen Verdienstausfällen informiert, hieß es vom Landkreis weiter. Das Gesundheitsamt ermittele nun Kontaktpersonen.
Das Gymnasium in Ludwigslust mit rund 800 Schülern bleibt zunächst bis einschließlich Mittwoch nächster Woche vorsorglich geschlossen. Alle 55 Lehrer würden auf Corona getestet, hieß es. Die infizierte Lehrerin habe nach den Ferien noch keinen Unterricht erteilt, also keinen Kontakt zu Schülern gehabt. Allerdings sei sie bei den Vorbereitungen für das neue Schuljahr in der letzten Ferienwoche mit Kollegen zusammen gewesen.
Die Entwicklung dürfte auch in allen anderen Bundesländern intensiv verfolgt werden. Am Donnerstag hatte in Hamburg die Schule begonnen. Nächste Woche sind dann Schleswig-Holstein, Berlin, Brandenburg und Nordrhein-Westfalen dran. Und auch in Wuppertal in NRW hat ein Corona-Infektionsfall eine Kita geschlossen, weil eine Beschäftigte zuvor positiv getestet worden ist.
Die Landesregierung in NRW will mit dem Schulstart am kommenden Mittwoch bis zu 1000 zusätzliche Schulbusse einsetzen. Das geht aus einem Brief von NRW-Verkehrsminister Hendrik Wüst (CDU) hervor, der der Deutschen Presse-Agentur am Freitag vorlag.
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Damit sollen die Schüler mehr Abstand haben, wenn sie zur Schule fahren und trotz Maskenpflicht nicht dicht gedrängt eine Virusinfektion riskieren müssen. Die Maßnahme ist zunächst für die 43 Schultage bis zu den Herbstferien vorgesehen. Dafür sollen 13,5 Millionen Euro bereitgestellt werden.
Zum Schulstart haben mehrere namhafte Virologen vor dem Risiko von Coronavirus-Infektionen unter Schülern gewarnt und Vorschläge für Vorsichtsmaßnahmen gemacht. „Fehlende Präventions- und Kontrollmaßnahmen könnten in kurzer Zeit zu Ausbrüchen führen, die dann erneute Schulschließungen erzwingen“, heißt es in einer Stellungnahme der in Coronavirus-Krise eingesetzten Kommission der Gesellschaft für Virologie.
Drosten und Virologen-Kollegen geben Empfehlungen
„Wir warnen vor der Vorstellung, dass Kinder keine Rolle in der Pandemie und in der Übertragung spielen“, heißt es darin. Eine Unterschätzung der Übertragungsgefahren an Schulen wäre kontraproduktiv für das kindliche Wohlergehen und die Erholung der Wirtschaft.
Neben der Empfehlung, die Schüler in kleineren, festen Gruppen zu unterrichten, schon bei milden Symptomen einer Atemwegsinfektion zu testen und Kurzzeitquarantäne anzuordnen, sprechen sich die Wissenschaftler eindeutig für den verpflichtenden Mund-Nasen-Schutz auch an Schulen aus.
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„Im Hinblick auf die reale Gefahr der Übertragung zwischen Schülern, die zum Zeitpunkt der Infektiosität (noch) keine Krankheitssymptome haben, sprechen wir uns aus alleiniger virologischer Sicht daher für das konsequente Tragen von Alltagsmasken in allen Schuljahrgängen auch während des Unterrichts aus“, schreiben die Mitglieder der Kommission, zu der auch der Virologe Christian Drosten vom Institut für Virologie der Berliner Charité gehört, in einer Stellungnahme. Dies sollte begleitet werden durch eine altersgerechte Einführung der Kinder in die Notwendigkeit und den Umfang von Präventionsmaßnahmen.
Der Schulbetrieb müsse an pragmatische Konzepte gekoppelt sein, die das Risiko der Infektionsausbreitung an Schulen eliminieren oder zumindest deutlich reduzieren könnten. Für eine wirksame Unterdrückung der Virusausbreitung in der Gesamtgesellschaft bleibe es auch weiterhin eine Grundvoraussetzung, die Viruszirkulation in den Schulen niedrig zu halten.
Gleichzeitig sei eine effektive Kontrolle der Neuinfektionen in der Umgebung der Schulen, also dem privaten Umfeld von Schülern und Lehrkräften, die beste Prävention für die Eintragung des Virus in die Schulen. Wichtig ist aus Sicht der Virologen auch, dass „pragmatische Lösungen für einen verbesserten Luftaustausch“ in den Schulen gefunden werden.
Sofortige Kurzzeit-Quarantäne erforderlich
Weiter schreiben die Wissenschaftler, positiv getestete Schüler und Lehrer seien Indikatorfälle für Übertragungscluster. „Die sofortige Isolierung von Clustern hat sich in Japan in der Eindämmung der ersten Welle bewährt“, heißt es in der Stellungnahme.Dies sei auch durch die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts vorgesehen, jedoch sei die Umsetzung in der Praxis oft durch den Wunsch nach einstweiliger diagnostischer Abklärung des Ausmaßes einer Clusterübertragung verzögert.
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„Zur Prävention größerer Schulausbrüche ist aber eine sofortige zumindest kurzzeitige Quarantäne des gesamten Sozialverbands erforderlich.“ Am Ende einer Kurzzeitquarantäne könne dann eine „Freitestung“ der Mitglieder des Clusters erfolgen, so dass weitere Quarantäne nicht mehr nötig wäre. Das Ziel der Tests von Schülern und insbesondere den Lehrern sollte sein, dass innerhalb von 24 Stunden die Ergebnisse vorliegen.
Unterrichtseinheiten könnten möglichst breit per Kleingruppe über verschiedene Tageszeiten und Wochentage verteilt werden. Digitale Lösungen mit einem Mix aus Präsenzunterricht und Heimarbeitseinheiten könnten weitere Möglichkeiten bieten, räumliche Kapazitäten zu entlasten. Sollte es gegen Jahresende zu einem kritischen Anstieg der Neuinfektionen kommen, und dabei auch Bildungseinrichtungen eine Rolle spielen, bringen die Virologen auch eine Ausdehnung der Weihnachtsferien ins Spiel, um die Zeiten mit höchster Infektionsaktivität zu verringern.