Nobelpreis für Medizin: Yoshinori Ohsumi: „Mach das, was kein anderer macht!“
Ein Leben für die Molekularbiologie: Was der Preisträger jungen Forscherinnen und Forschern rät.
Mach das, was kein anderer macht! Das rät Yoshinori Ohsumi jungen Wissenschaftlern. Zumindest bei ihm hat es funktioniert. Während sich die meisten Zellforscher mit dem Aufbau von Proteinen und komplexen Zellbestandteilen befassen, hat er untersucht, wie diese abgebaut werden. Dabei kam er der Autophagie auf die Spur – ein grundlegender Mechanismus, der in Hefezellen wie auch in menschlichen Zellen abläuft. Ohsumi erhielt dafür zahlreiche Auszeichnungen, etwa den Asahi- und den Kyoto-Preis, vor Kurzem den Paul-Janssen-Preis für Biomedizinische Forschung und nun den Nobelpreis für Medizin.
Einen langen Seufzer habe Ohsumi gemacht, als ihn der Anruf aus Stockholm erreichte, berichtet der Sekretär des Nobelkomitees am schwedischen Karolinska-Institut, Thomas Perlmann. „Er wirkte überrascht, seine erste Reaktion war: Aach.“ Im Gespräch mit dem japanischen TV-Sender NHK zeigte sich der Preisträger überwältigt: „Das ist eine Freude für einen Forscher, die nicht zu übertreffen ist.“
Stundenlang saß er am Mikroskop - und wurde Augenzeuge der Autophagie
Ohsumi wurde 1945 in Fukuoka geboren. Nach der Schule wollte er in Tokio zunächst Chemie studieren, doch die aufstrebende Molekularbiologie reizte ihn mehr. Nach der Promotion forschte er im Labor des Nobelpreisträgers Gerald Edelmann an der Rockefeller-Universität in New York.
Zurück in Japan wendete er sich bald der Hefe zu, gründete 1988 sein erstes Labor an der Universität Tokio. Stundenlang saß er am Mikroskop und studierte Vakuolen. „Es sind die einzigen Zellbestandteile, die man mit dem Lichtmikroskop sehen konnte“, begründete er. So wurde er Augenzeuge der Autophagie – und blieb dem Thema treu.
Das ist der zweite Rat, den Ohshumi Nachwuchsforschern gibt: „Mach das, was dich wirklich interessiert. Dann gelingt es dir am ehesten, Schwierigkeiten zu überwinden. Du lebst nur einmal“, zitiert ihn das Magazin des Tokyo Institute of Technology.
1996 ging Ohsumi an das Nationale Institut für Grundlagenforschung in der Biologie in Okazaki und war später Professor in Hayama. 2009 emeritierte er und ist heute Ehrenprofessor am Tokyo Tech. Ans Aufhören denke er nicht, erklärte der Forscher am Montag im Fernsehen. „Seit 27 Jahren arbeite ich an dem Thema, aber ich habe nicht das Gefühl, dass ich das alles verstanden habe. Es gibt noch vieles zu entdecken.“ (nes/dpa)