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Botanischer Bauwagen. Eine neue Berliner Hörausstellung zu Humboldt im Botanischen Garten.
© Dorothee Nolte

Zum 250. Geburtstag: Wie Wissen wächst

Wir sind Wechselwirkung: Die Humboldt-Gesellschaft feiert ihren Namensgeber.

Wenn die Humboldt-Gesellschaft im Humboldt Forum Humboldt-Vorträge hört, dann kann im ereignisreichen Humboldt-Jahr nicht alles neu sein, was gesagt wird. Aber manchmal reicht schon eine kleine Umformulierung, damit ein oft zitierter Humboldt-Ausspruch wie „Alles ist Wechselwirkung“ neuen Charme entfaltet. „Wir sind Wechselwirkung“, sagte Erhard Meyer-Galow, Chemiker und Präsident der 1962 gegründeten Gesellschaft, die sich der Förderung der Wissenschaft, Kunst und Bildung verschrieben hat und jetzt ihre Jahrestagung in Berlin abhielt. Humboldt nicht nur zu lesen, sondern ihn zu leben, das bedeute – gerade in Zeiten von Klimawandel und Artensterben – zu verstehen: „Die Wechselwirkung ist nicht irgendwo da draußen, sondern wir sind ein Teil davon. Alles ist mit allem verbunden heißt: Wir sind mit allem verbunden.“

Kooperation mit Havanna

Eine erfreuliche neue Verbindung konnte Martin Grötschel, Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW), verkünden: Im November startet in der Casa Humboldt in Havanna das „Centro Humboldt–Zentrum für digitale Kulturerbeforschung“, ein Kooperationsprojekt der BBAW mit mehreren wissenschaftlichen Institutionen in Kuba; die letzten Modalitäten seien am Vortag mit der kubanischen Wissenschaftsministerin geklärt worden. Hier sollen unter anderem die Schriften digitalisiert werden, mit denen der „zweite Nationalheld“ Kubas bei seinen Aufenthalten in Havanna 1801 und 1804 gearbeitet hat und deren Inhalt er später in seinem berühmten Buch „Politischer Essay über die Insel Kuba“ verarbeitete. Digitalisiert werden die Schriften, die jetzt in einem schlechten Zustand seien, allen Interessierten zur Verfügung stehen.

Internationalster Autor seiner Zeit

Oliver Lubrich, Herausgeber der „Berner Ausgabe“ von Humboldts nicht in Buchform erschienenen Schriften (2019, 10 Bände, dtv) präsentierte Humboldt als „Meister der kleinen Form“, als „internationalsten Autor seiner Zeit“. Humboldts kleinere Texte – Aufsätze, Artikel, Essays – wurden nämlich zu seinen Lebzeiten in 15 Sprachen und in 1240 Publikationsorganen von der New York Times bis zur Bombay Times gedruckt, an 440 Publikationsorten auf allen Kontinenten, bis nach Südafrika und Shanghai. Dass sie nun erstmals vollständig veröffentlicht vorliegen, erlaubt neue Blicke auf Humboldt. So lässt sich nachzeichnen, wie er sich „vom öffentlichen Wissenschaftler zum öffentlichen Intellektuellen entwickelte“, so Lubrich: Humboldt setzte seine Prominenz ein, um politisch etwa für die Abschaffung der Sklaverei in den USA oder die Emanzipation der Juden zu wirken.

"Wir fühlen uns wie Herren"

Im Humboldt Forum, das für die Tagung einen Saal und das Foyer zur Verfügung stellte und auf diese Weise für weitere Veranstaltungen probt, ist vor drei Wochen Alexanders Geburtstag groß gefeiert worden, auch mit Gästen aus dem Amazonasgebiet. Einer der Indigenen, so Intendant Hartmut Dorgerloh, habe ihm gesagt, er und seine Begleiter fühlten sich hier „como señores“, wie Herren: Denn hier werde ihnen zugehört. Diesen Anspruch des Umgangs auf Augenhöhe vertrete das Humboldt Forum, genau wie Alexander von Humboldt selbst. So kann Vertrauen wachsen.

Humboldt im Bauwagen

Wie Humboldts botanisches Wissen auf seiner Amerika-Reise gewachsen ist, ist in einer neuen Ausstellung im Botanischen Garten zu erleben. In einem Bauwagen, passend zu den aktuellen Umbauten im Garten, wird eine Hörausstellung präsentiert: „Wie Wissen wächst. Alexander von Humboldt und die Wurzeln der Wissensproduktion“ heißt die kleine Schau. Wer hineinklettert, kann sich in dem Wagen, dessen Inneres einem Sammlerzelt nachempfunden ist, Podcasts über besondere Pflanzen anhören, die mit Humboldt in Verbindung stehen. 3000 seiner Herbarbelege, die er aus Amerika nach Europa schickte, bewahrt das Botanische Museum bis heute auf.

Mobile Ausstellung im Botanischen Garten, noch bis zum 29. März 2020

Dorothee Nolte

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