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Rettungswagen vor dem Krankenhaus Benjamin Franklin der Charité.
© imago/Schöning

Uni-Medizin: Wie sparsam Uniklinika sein müssen

Birgit Hesse, Wissenschaftsministerin in Mecklenburg-Vorpommern, kritisiert die Ökonomisierung der Medizin. Auch in Berlin wird über neue Spielräume diskutiert.

Sparen bis es quietscht: Auf diesem Weg hat Charité-Chef Karl Max Einhäupl das Uniklinikum schon vor Jahren aus dem Defizit geführt. Seitdem schließt die Charité jedes Jahr mit einer schwarzen Null oder sogar mit kleinen Gewinnen ab. Dafür wird Einhäupl nicht nur in der Berliner Politik gerühmt – selbst wenn die dafür ständig nötigen Sparmaßnahmen unter Professoren und Mitarbeitern zu hoher Frustration geführt haben. Wird Einhäupls Nachfolger – vermutlich der 58-jährige Pharmakologe Heyo Kroemer, den wie berichtet eine Auswahlkommission bestimmt hat – sich ebenfalls nur als harter Sparer profilieren können? Oder ist eine Abkehr von der Vorstellung möglich, auch eine Uniklinik mit ihren Zusatzaufgaben Forschung, Ausbildung und Hochleistungsmedizin müsse den gleichen ökonomischen Kriterien wie jedes Krankenhaus gehorchen? Dann hätte Kroemer neue Gestaltungsspielräume.

Berlins CDU-Fraktion fordert jetzt mehr Mittel vom Land für die Forschung der Charité. Weiter geht aber der Vorstoß von Birgit Hesse, Wissenschaftsministerin in Mecklenburg-Vorpommern: „In der Bevölkerung haben die Universitätsklinika ein hohes Ansehen und genießen großes Vertrauen. Insgesamt stellt sich jedoch die Frage, wie universitäre Krankenversorgung in einem ökonomisierten Gesundheitswesen heutzutage gewährleistet werden kann“, hat die SPD-Politikerin jetzt erklärt. „Die Ökonomisierung darf nicht vor dem Patientenwohl stehen.“

Das Uniklinikum Rostock wurde saniert - zu Lasten der Patienten, sagen Kritiker

Hesse will eine Kommission ins Leben rufen, die bis zum März 2020 Vorschläge für eine auskömmliche Finanzierung der Unimedizin erarbeitet. Anlass ist der Kurs des Uniklinikums Rostock. Seine Finanzen sind inzwischen saniert und weisen sogar hohe Gewinne aus. Doch dem Leiter werfen Kritiker vor, die Klinik zu Lasten von Patienten und Beschäftigten saniert zu haben, wie die „Ostsee-Zeitung“ berichtet. Erwartet werden darf, dass die Kommission Vorschläge macht, die alle deutschen Uniklinika betreffen. Schließlich ist deren Finanzierung in weiten Teilen von den Krankenkassen abhängig.

Axel Pries, Dekan der Charité, hält das Thema Finanzierung von Universitätskliniken für „hoch relevant“. Er verweist darauf, dass nur ein kleiner Teil der 33 Universitätsklinika, darunter die Charité, in den schwarzen Zahlen ist. Die Ursache für die Defizite sieht Pries in den Fallpauschalen. Sie berücksichtigen nicht, dass die Uniklinika anders als andere Krankenhäuser Fachärzte auszubilden haben, was viel Geld kostet. Pries fordert einen Zuschlag. Zahlen müssten ihn die Krankenkassen, deren Kunden ja von der Qualität der Ausbildung profitierten.

Einhäupls "herausragende Leistung": die Charité ist nicht mehr defizitär

Das Land Berlin ist zuständig für die Ausbildung bis zum Staatsexamen. Pries nimmt die Berliner Haushälter in Schutz: „Man erwartet ja keine Gewinne von uns.“ Auch bekomme die Charité über den Hochschulvertrag für die Jahre 2018 bis 2022 jährliche finanzielle Zuwächse für Forschung und Lehre von 3,5 Prozent – mehr als bislang. Allerdings verlange das Land von der Charité auch viel. Außerdem habe die Charité nach vielen Jahren des Spardrucks einen großen Nachholbedarf. Wieder ins Defizit abzurutschen, um die Qualität zu verbessern, hält Pries aber für den falschen Weg. Es sei gerade die „herausragende Leistung“ von Einhäupl gewesen, die Charité aus dem Defizit zu führen. „Wir wollen ein verlässlicher Partner des Steuerzahlers und des Landes sein“, sagt er. Die Aufgabe werde angesichts des Anspruchs, die Charité als eine in Europa führende Universitätsmedizin zu positionieren, sicher nicht leichter.

Steffen Krach, Berlins Staatssekretär für Wissenschaft, nennt Hesses Vorstoß „spannend“. „Auch die Bundesregierung ist am Zug“, sagt er. In jedem Fall müsse der neue Leiter der Charité wie Einhäupl einen ausgeglichenen Haushalt anstreben. Letzterer habe in seiner Amtszeit „Großartiges geleistet“, indem er das Defizit von fast 60 Millionen Euro abgebaut habe. Allerdings sei der Preis dafür „sehr hoch“ gewesen: „In der Wissenschaft könnten wir jetzt weiter sein, wäre die Finanzierung besser gewesen“, sagt Krach.

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