Bundesrechnungshof moniert Hochschulpakt: "Wichtige Ziele verfehlt"
Das BMBF habe die Mittelvergabe für zusätzliche Studienanfängerplätze nicht geprüft, kritisiert der Rechnungshof. Beim neuen Pakt wurde nachgebessert.
Kaum ist die Fortsetzung des Hochschulpakts beschlossen, wird massive Kritik des Bundesrechnungshofs an dem bis 2020 laufenden Vorgängerprogramm öffentlich. Das Programm zur Aufnahme zusätzlicher Studienanfänger „hat wichtige seiner Ziele verfehlt“, heißt es in dem Bericht, der am Mittwoch im Haushaltausschuss des Bundestags diskutiert wurde.
Der Bundesrechnungshof hält es für fraglich, ob wirklich der Hochschulpakt ausschlaggebend für die steigenden Studierendenzahlen war. Es ließe sich nicht nachvollziehen, ob alle Länder das Programm wie mit dem Bund vereinbart gegenfinanziert hätten. Denn das Bundesforschungsministerium habe den Pakt weder inhaltlich hinreichend evaluiert noch die „zweckentsprechende und passgenaue Verwendung der Mittel“ sichergestellt. Daraufhin hätten Länder und Hochschulen „Ausgabenreste in ihren Haushalten“ beziehungsweise Rücklagen gebildet.
Berlin: "Wir bauen massiv auf"
Nach dem Finanzierungsschlüssel im Hochschulpakt sollen sich Bund und Länder jeweils zur Hälfte beteiligen. Allerdings zahlt der Bund den geltenden Vereinbarungen zufolge bislang 13.000 Euro der Kosten pro zusätzlichem Studienanfänger. Die Länder „stellen die Gesamtfinanzierung sicher und erbringen verbindlich finanzielle Leistungen, die denen des Bundes vergleichbar sind“. Der Rechnungshof moniert nun, dass die Pro-Kopf-Ausgaben für Studierende in fünf Ländern – Baden-Württemberg, Berlin, NRW, Saarland und Schleswig-Holstein – zwischen 2004 und 2013 trotz der Bundesmittel gesunken seien.
Die Berliner Wissenschaftsverwaltung widerspricht der Kritik. So entspreche der untersuchte Zeitraum nicht der Laufzeit des Hochschulpakts, durch den 2007 erste Mittel flossen. Der Bundesrechnungshof berücksichtige nicht "die differenzierte Kostenstruktur in den verschiedenen Fächern und die Unterschiede in den Lehrverpflichtungen des Personals", heißt es. Außerdem müssten die Ausgaben je Studierendem "bei einer Steigerung der Studierendenzahlen nicht linear anwachsen".
"Seit 2010 bauen wir massiv Studienplätze auf", sagte Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach auf Anfrage. Berlin gebe seine Hochschulpaktmittel an die Hochschulen weiter. "Seit 2018 stellen wir den Hochschulen jährlich zusätzlich 3,5 Prozent vom Land zur Verfügung", so Krach. "Dabei dynamisieren wir auch die Hochschulpaktmittel des Bundes."
BMBF: "Zentrale Ziele erfüllt"
Auch das BMBF weist die Kritik dem Rechnungshofbericht zufolge weitgehend zurück. Zwar hätten nicht alle Länder ihre Gegenfinanzierung deutlich nachgewiesen, aber mit 900 000 zusätzlichen Studienanfängern habe der Pakt „seine zentralen Ziele erfüllt“.
Für den neuen Hochschulpakt, der am vergangenen Freitag als „Zukunftsvertrag“ in der Gemeinsamen Wissenschaftskommission (GWK) beschlossen wurde, fordert der Rechnungshof „überprüfbare Ziele“. Mit den Ländern müssten „individuelle Ausführungsvereinbarungen“ geschlossen werden, um den jeweiligen Hochschulverträgen gerecht zu werden. Aus der GWK–Einigung geht indes hervor, dass jedes Land in einer Verpflichtungserklärung „die landesspezifische Umsetzung des Zukunftsvertrags darlegen“ soll – gemäß seiner Hochschulplanung.
Auf Anfrage teilte das BMBF zudem am Donnerstag mit, dass die Länder für den Zukunftspakt "eine 1:1 Gegenfinanzierung zusätzlich zu ihrer Grundfinanzierung der Hochschulen zugesagt" haben. "Dies wird in einem jährlichen quantitativen Monitoring belegt", betont das Ministerium.
Grüne fordern Einsicht in alle Unterlagen
Das zeigt, dass der Bund die Kritik des Rechnungshofs schon während der Verhandlungen gekannt haben muss. Der Hinweis, es dürfe nicht zu einem „unkündbaren Finanztransfer“ durch den Bund kommen, wird den Ländern nicht gefallen. Die grüne Haushälterin Ekin Deligöz forderte das BMBF auf, alle Unterlagen der GWK-Einigung umgehend vorzulegen. Künftig müsse der Haushaltsausschuss bei milliardenschweren Bund-Länder-Vereinbarungen beteiligt werden.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung war zur Kritik des Rechnungshofs an Berlin ein Artikel von 2017 über eine Studie des Instituts für Hochschulforschung in Halle verlinkt worden. Dort genannte Zahlen zur Berliner Hochschulfinanzierung waren damals von der Berliner Wissenschaftsverwaltung infrage gestellt worden. Dabei ging es jedoch nicht um die hier erwähnten Pro-Kopf-Ausgaben für Studierende. Gegenüber der früheren Fassung ergänzt wurde die aktuelle Stellungnahme der Wissenschaftsverwaltung.