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Ein Porträtfoto von Bettina Stark-Watzinger.
© Michael Kappeler/dpa

Designierte FDP-Bundesbildungsministerin: Wer ist Bettina Stark-Watzinger?

Bildungsgerechtigkeit, digitales Lernen und Ungeduld mit der KMK: Die designierte Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger bringt eine klare Programmatik mit.

Eine „Bildungsrevolution“ für Deutschland will Bettina Stark-Watzinger. Der in Deutschland viel zu starke Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg müsse endlich entkoppelt werden, digitales Lernen weit über die Pandemie hinaus fest in den Lehrplänen und in der Lehrkräftebildung verankert werden. Die Kultusministerkonferenz rügt sie als „bürokratisch und träge“. Sie fordert einen „Systemwechsel“ hin zu sehr viel mehr Verantwortung des Bundes in der Bildung.

All das schrieb die Parlamentarische Geschäftsführerin der FPD-Bundestagsfraktion im August in einem Gastbeitrag in der „Welt“. Da hatte im politischen Berlin und außerhalb der FPD noch kaum jemand von Bettina Stark-Watzinger gehört. Jetzt ist sie designierte Bundesministerin für Bildung und Forschung – und etliche Punkte aus ihrem programmatischen Text finden sich im rot-grün-gelben Koalitionsvertrag wieder.

Die Position der Parlamentarischen Geschäftsführerin ihrer Fraktion gehört zu dem Wenigen, was Stark-Watzinger mit der noch geschäftsführenden Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) verbindet. Die galt nicht nur qua Bundestagsamt als gute Personalmanagerin, kam sie doch aus dem Hotelfach, brachte aber außer einem Fernstudium zur Diplomkauffrau keinen akademischen Hintergrund mit ins BMBF. In manche Felder von Bildung und Wissenschaft arbeitete sich Karliczek ein, agierte aber weitgehend initiativ- und farblos.

[Einen Überblick über die Koalitionsvorhaben zu Bildung und Wissenschaft finden Sie hier]

Bettina Stark-Watzinger, 53 und Mutter zweier Töchter, tritt nun mit einem markanten Profil vom familiären Bildungsaufstieg, über eine vielfältige akademische Ausbildung bis hin zu Leitungspositionen in wissenschaftlichen Instituten an. Sie stammt aus einer Handwerker-Familie im Taunus. „Mein Opa war Schreinermeister, meine Mutter wäre gerne Architektin geworden, durfte es aber nicht. Jeder Mensch sollte seinen Lebensweg gehen können“, sagte sie einst der „Rheinischen Post“.

Steile Karriere in der FDP

Stark-Watzinger selbst studierte 1989 bis 1993 Volkswirtschaftslehre an den Universitäten in Mainz und Frankfurt am Main, war danach Trainee in einer Frankfurter Privatbank und erreichte dort eine erste Management-Position. Es folgte ein neunjähriger Aufenthalt in Großbritannien Anfang der 2000er Jahre – mit einem Psychologiestudium und Familienzeit.

Schüler sitzen in einer Klasse, in der die Lehrerin vorne am Smartboard steht.
Digitales Lernen und entsprechende Kompetenzen in der Lehrkräftebildung sollen laut Stark-Watzinger fest verankert werden.
© imago/Pressedienst Nord

Academic Manager für Finanzen und Controlling wurde Stark-Watzinger dann an der European Business School in Oestrich-Winkel. Anschließend ging sie als Geschäftsführerin ans Institut für Finanzmarktforschung an der Uni Frankfurt, das seit 2020 zur Leibniz-Gemeinschaft gehört.

In der FDP hat Stark-Watzinger in den vergangenen Jahren eine steile Karriere hingelegt. 2017 wurde sie in den Bundestag gewählt. Dort profilierte sie sich zunächst als Finanzpolitikerin und stieg gleichzeitig in der hessischen FDP, in der Bundespartei und in der Fraktion auf. Seit März 2021 ist sie Landesvorsitzende, zuvor rückte sie bereits in FPD-Präsidium auf – und zur Parlamentarischen Geschäftsführerin der FDP-Fraktion. Sie gilt intern als fachlich versiert und als eine, die vermitteln kann.

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Ein Wechsel des Politikfeldes zeichnete sich 2020 mit dem Sprung vom Finanzausschuss, dem Stark-Watzinger vorsaß, in den Haushaltsauschuss ab. Dort war sie für den Etat des Bundesbildungs- und Forschungsministeriums zuständig – und erkundete unter anderem, warum die Mittel aus dem Digitalpakt für die Schulen so zäh in die Länder abfließen.

Sie will in der Bundespolitik gestalten

Jetzt will sie in der Bundespolitik „gestalten“, wie sie schon vor der Wahl im Hessischen Rundfunk ankündigte. Ihr Ziel, zunächst „verhandeln zu können, was die guten Zukunftsprojekte sind“, hat sie als einzige Frau im FPD-Führungsteam – neben Christian Lindner, Marco Buschmann und Volker Wissing – erreicht.

Der in ihrem Aufruf zu einer „Bildungsrevolution“ skizzierte Digitalpakt 2.0 steht ebenso im Koalitionsvertrag wie beispielsweise ein „Chancenbudget“, über das die Schulen frei verfügen, um bessere Lernbedingungen insbesondere für sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche zu schaffen. „Mehr Freiheit für die Schulen“, ist eine von Stark-Watzingers Forderungen und zweifellos ein genuines FDP-Anliegen. Bei ihr verbindet es sich mit einem starken Fokus auf Bildungsgerechtigkeit. Sie ist ein großer Fan der in NRW erprobten Idee von „Talentschulen“ - frühere Brennpunktschulen, an denen heute besondere Talente von Kindern gefördert werden.

Außenaufnahme des Ministeriums mit vorbeifahrendem Radfahrer.
Künftiger Arbeitsort von Bettina Stark-Watzinger ist das BMBF am Kapelle-Ufer in Berlin Mitte.
© Doris Spiekermann-Klaas/Tsp

Ihren nicht minder zentralen Schwerpunkt in der Digitalisierung der Bildung verknüpft die designierte Ministerin mit der Forderung nach einem „Kooperationsgebot“ in der Bildung zwischen Bund und Ländern. Dieses soll durch eine erneute, weitgehendere Grundgesetzänderung anstelle des seit 2006 geltenden Kooperationsverbots treten, das sie einen „historischen Fehler“ nennt. Möglich werden soll damit unter anderem, dass Digitalkompetenzen ein fester Bestandteil der Lehrkräfteausbildung und -weiterbildung werden.

Der Bund soll Ausgaben in der Bildung besser kontrollieren

Auch hierzu findet sich einiges im Koalitionsvertrag, allerdings mit Rücksicht auf die Bildungshoheit der Länder und damit verbundene Empfindlichkeiten etwas vorsichtiger ausgedrückt als bei Stark-Watzinger. Doch bei der ihr wichtigen Ausgabenkontrolle für die Bundesmittel – nicht nur beim Digitalpakt – ist sie einig mit den Koalitionspartner:innen.

Gleichwohl wird der dazu geplante Bildungsgipfel mit den Ländern (und die Arbeit in der anschließenden Arbeitsgruppe) kein Klassentreffen. Mit einer offensichtlich durchsetzungsstarken Bundesministerin, die den Aufstieg in der FPD anders als die ebenfalls digitalaffine Bildungspolitikerin Katja Suding aus Hamburg politisch überlebt hat, könnte es gehen.

Zu anderen Politikfeldern als der Schulbildung hat sich Stark-Watzinger bislang nicht öffentlich wahrnehmbar geäußert. Auf sie warten von der Bafög-Reform über die Arbeitsbedingungen an den Hochschulen bis zur Hochschul- und Forschungsfinanzierung viele dicke Brocken, die ihre Vorgängerin zu großen Teilen hat liegen lassen.

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