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„Lebensrettende Mittel dürfen bei einer Epidemie nicht nur wenigen reichen Ländern zur Verfügung stehen“, sagt Richard Hatchett von CEPI.
© Mohammed Abed / AFP

„Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“: Weltweit mehr einmalig Geimpfte als Infizierte - doch nun kommen diese Hürden

Wenige reiche Nationen haben sich schnell verfügbare Impfstoffe gesichert. Doch die internationale Verteilung zu vernachlässigen, ist gefährlich.

„Debakel“, „Fiasko“ – das nationale Impfprogramm der bundesdeutschen Regierung und die Einkaufsstrategie der Europäischen Union stehen in der Kritik. Doch das eigentliche Politikversagen im Kampf gegen die Covid-19-Pandemie droht auf internationaler Ebene.

„Lebensrettende Mittel dürfen bei einer Epidemie nicht nur wenigen reichen Ländern zur Verfügung stehen“, sagt Richard Hatchett von CEPI (Coalition for Epidemic Preparedness Innovations) am Mittwoch bei einer Veranstaltung der Nationalakademie Leopoldina. CEPI verfolgt zwei Ziele: die Entwicklung von Impfstoffen voranzutreiben und global gerechten Zugang im Falle von Ausbrüchen zu schaffen.

Das sei nicht nur ethisch geboten, sondern auch wirtschaftlich. „Solange Epidemien in Ländern nicht unter Kontrolle gebracht werden, werden sie dem internationalen Handel und der globalen Wirtschaft schaden“, sagt Hatchett. Davor würde es ein Land auch nicht schützen, wenn es seine gesamte eigene Bevölkerung impfen könnte.

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Herstellung, Regularien und Verteilung

Anzustreben, möglichst schnell die gesamte Weltbevölkerung durchzuimpfen ist auch aus biologischen Gründen geboten. Je größer die Zahl der Menschen, unter denen das Virus weitergegeben wird, umso größer ist auch die Gefahr, dass neue Mutanten entstehen. Derzeit verbreiten sich bereits Varianten, die ansteckender sind und gegen die die vorhandenen Impfstoffe nicht so gut wirken wie gegen die ursprüngliche Variante – erst in einem Teil der Welt und sehr kurz darauf in vielen anderen. „Gegenmittel so schnell wie möglich zu teilen und die Anfälligsten zu schützen ist in unser aller Interesse“, sagt Hatchett.

„Niemand ist sicher, solange nicht alle sicher sind“ lautet die Devise, die die Weltgesundheitsorganisation (WHO) daher ausgegeben hat. Mit der Verteilungsplattform „Covax“ wollen WHO und CEPI Ländern unabhängig von ihrer Kaufkraft zügigen Zugang zu Impfstoffen verschaffen. Impfstoff-Dosen sollen mit internationalen Geldern bei Herstellern eingekauft und allen 191 teilnehmenden Staaten zugeteilt werden. Bis Ende 2021 sollen mindestens zwei Milliarden Impfstoffdosen bereitstehen, damit jedes Land mindestens ein Fünftel seiner Bevölkerung – vor allen anderen ältere Menschen und medizinisches Personal – impfen kann.

„Es ist das größte Impfprogramm der Geschichte“, sagte Hatchett. Die Herausforderungen liegen in den Bereichen Herstellung, regulatorische Vorgaben und Verteilung. Auf einer Ebene funktioniert die internationale Zusammenarbeit im Kampf gegen das Virus schon recht gut: wissenschaftlicher Austausch.

„Wir haben ein großartiges Netzwerk von Datenbanken aus verschiedenen Ländern“, berichtet Florian von der Mülbe, Produktionsleiter und Mitgründer von CureVac. Das Tübinger Unternehmen will in Kürze einen weiteren Impfstoff in die Anwendung bringen, der auf RNA basiert wie die bereits zugelassenen Vakzine von Biontech/Pfizer und Moderna. Die Bioinformatiker des Unternehmens könnten die vorliegenden genetischen Informationen verschiedener Virusvarianten fortlaufend auswerten. Da RNA-Impfstoffe direkt anhand der Erbinformation der Viren hergestellt werden, besteht die Hoffnung, dass sie schnell angepasst werden und auch vor neuen Virusmutanten schützen können. „Wir müssen das aber immer in klinischen Studien prüfen“, sagte von der Mülbe.

Richard Hatchett berichtete von einem neuen Zwischenstand im Kampf gegen die Pandemie: „Die Anzahl der zur Verfügung gestellten Impfdosen hat heute die Anzahl der gemeldeten Fälle von Covid-19 überschritten.“ Beide Zahlen liegen etwas über 100 Millionen. Der Großteil der Impfdosen sei in reichen Ländern zum Einsatz gekommen, aber über Covax sollen die ersten Kontingente noch in diesem Monat verteilt werden. „Wir sind im Plan bis Mitte des Jahres 465 Millionen Dosen zu verteilen“, sagt Hatchett.

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