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© Kitty Kleist-Heinrich

Humboldt-Universität Berlin: Wege für Liberale ins Islam-Institut

Der Vertrag über den Beirat der Berliner Islam-Theologie ist fast unterschriftsreif - und zeigt Wege auf, über die liberale Muslime doch noch mitwirken könnten.

Die Frage, ob es gelingt eine islamische Theologie an der Berliner Humboldt-Universität zu gründen, ist in der entscheidenden Phase. „Der Vertrag über die Kooperation mit dem Beirat ist mit allen Beteiligten ausverhandelt“, bestätigt Michael Borgolte, Mittelalter-Historiker und Gründungsbeauftragter des Instituts.

Die Vereinbarung sei „in der Substanz unveränderbar“, es gehe nur noch um eine Bearbeitung „in marginalen Punkten“. Die Endredaktion werde Ende Februar vorliegen und dann den islamischen Verbänden, der Universitätsleitung und dem Senat zur Unterschrift vorgelegt. Die Frist dafür läuft wie berichtet bis zum 1. April.

Ditib hat schon "erhebliche Bedenken" angemeldet

Auch wenn sich die Rechtsabteilung der HU noch über einzelne Formulierungen beugt: Zweifel bestehen vor allem darüber, ob die bislang an der Gründung beteiligten, allesamt konservativ ausgerichteten Verbände – Ditib, Islamische Föderation, Verband der Islamischen Kulturzentren, Zentralrat der Muslime und Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden – unterschreiben. Und wie es sich auswirkt, wenn nicht. Nach einem Bericht des Deutschlandfunks hat die vom türkischen Staat kontrollierte Ditib „erhebliche Bedenken hinsichtlich inhaltlicher Fragen“. Laut Borgolte signalisiert demnach nur der Zentralrat Zustimmung.

Ein Blick in die Vereinbarung mit Stand vom 31. Januar, die dem Tagesspiegel vorliegt, zeigt, wo es konkret haken könnte. Im vorletzten Paragrafen ist die „Klausel“ ausformuliert, die HU-Präsidentin Sabine Kunst unlängst im Akademischen Senat als strittig, aber seitens der HU und des Senats als unverhandelbar bezeichnete. Demnach soll die Hochschule alle drei Jahre evaluieren, ob der Beirat seine „Ziele“ erreicht hat. Ist das nicht der Fall, kann die HU die Vereinbarung kündigen. Dies wird in Senats- und Unikreisen als Möglichkeit gesehen, Verbände, die etwa über längere Zeit die Berufung bestimmter Professoren und damit den Lehrbetrieb blockieren, aus dem Beirat auszuschließen und neue zuzulassen.

Neue Organisationsstruktur der Muslime - neue Verbände im Beirat

Hier berührt die Vereinbarung den öffentlichen Streit um die Zusammensetzung des Beirats. Wiederholt hat Moschee-Gründerin Seyran Ates kritisiert, dass liberale Vertreter schon in der Arbeitsgruppe fehlen, die die Schaffung des Instituts für islamische Theologie an der HU seit einem Jahr vorbereitet. Sitz und Stimme im künftigen Beirat fordert ebenso der Liberal-Islamische Bund. Borgolte hat dies mit Verweis auf die bislang geringe Repräsentanz der liberalen Gruppierungen und auf drohende Verwerfungen mit den von vornherein beteiligten konservativen Verbänden abgelehnt. Gleichzeitig sprach er früh von der Option einer mittelfristigen Öffnung des Beirats. Die wäre jetzt mit der Erprobungs- und Evaluationsklausel gegeben.

Doch das wäre keineswegs der einzige Weg, um später gegebenenfalls liberale Muslime in den Beirat einzubinden. Ändere sich die „Organisationsstruktur der Muslime in Berlin erheblich“, könnte der Vertrag angepasst werden, heißt es an anderer Stelle in dem viereinhalbseitigen Papier. Hier liegt die Interpretation nahe, dass Uni und Senat beobachten wollen, ob progressive Moscheevereine oder Verbände größeren Zulauf als bisher erhalten – und sich damit für den Beirat der islamischen Theologie qualifizieren.

Interesse, ein breites Spektrum der Glaubensrichtungen einzubinden

Und schon jetzt eröffnet der Vertrag einen direkten Weg, liberale Muslime einzubinden: Neben Vertretern der fünf Verbände werden vier verbandsunabhängige muslimische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus der islamischen Theologie oder verwandten Fächern berufen. Dabei dürfte es im Interesse des Senats und der Hochschule sein, ein breites Spektrum der Glaubensrichtungen abzubilden und das konservative Übergewicht mit Liberalen auszugleichen.

Doch was, wenn einzelne Verbände mit dieser Vereinbarung nicht leben können? Von einem Plan B, der die Gründung des Instituts im Sommer, die Ausschreibung der Professuren im Herbst, ihre Berufung 2019 und den Lehrbetrieb zum Wintersemester 2019/20 ermöglichen würde, ist nichts bekannt.

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