"International Summit on the Teaching Profession": Was Lehrer brauchen
Lernen von anderen Ländern: Ein internationaler Bildungskongress in Berlin fragt, was Lehrerinnen und Lehrer für den Unterricht des 21. Jahrhunderts brauchen.
Die Türen zu den Klassenzimmern stehen in den Schulen einiger asiatischer Länder immer offen, auch während des Unterrichts. In Singapur ist das so – oder in Korea. Oft setzen sich Lehrkräfte spontan in die Stunden von Kollegen. Danach berät man gemeinsam: Warum waren die Schüler dieses Mal unruhig, was lief gut im Unterricht, was klappte weniger? „Von diesem Teamgeist können wir in Deutschland noch lernen“, sagte Stephan Dorgerloh, Kultusminister in Sachsen-Anhalt, als er diese Anekdote am Dienstag vor Journalisten in Berlin erzählte. In Zeiten, in denen die Anforderungen an Lehrerinnen und Lehrer immer größer werden, werde der Austausch zwischen den Kollegen wichtiger. Die deutsche „Kultur des geschlossenen Klassenzimmers“, wie Dorgerloh es nennt, helfe da nicht unbedingt weiter.
Wo funktioniert international die Professionalisierung von Lehrkräften am besten, was sind die Voraussetzungen für einen guten Unterricht – um diese Leitfragen geht es beim „International Summit on the Teaching Profession“ der OECD und des Gewerkschaftsdachverbandes „Education International“, der am 3. und 4. März in Berlin stattfindet.
Die Lehrerkonferenz wurde im Jahr 2011 von US-Präsident Barack Obama initiiert. Der war schockiert über die schwachen Pisa-Ergebnisse der USA und wollte wissen, was sein Land von anderen für die Schule lernen kann.
"Der Lehrer steht im Mittelpunkt"
Nun ist Deutschland das erste Mal Gastgeber der Konferenz. Ausgerichtet wird sie von der Kultusministerkonferenz (KMK) und den Gewerkschaften GEW und VBE. Geladen sind 400 Politik- und Gewerkschaftsvertreter. Sie kommen aus 23 Ländern, vorrangig solchen, die bei Pisa gut abschneiden oder große Sprünge gemacht haben. „Der Lehrer steht beim Kongress im Mittelpunkt: Was braucht er für die Schule des 21. Jahrhunderts“, sagte Dorgerloh, der für die KMK als Sprecher bei dem Bildungsgipfel auftritt.
Die Herausforderungen an Lehrerinnen und Lehrer sind jedenfalls hoch. Der Umbruch zum digitalen Lernen etwa fordert neue pädagogische Konzepte. Die ICILS-Studie hatte vor einiger Zeit ergeben, dass deutsche Lehrkräfte im internationalen Vergleich eher unzureichend auf den Einsatz digitaler Medien vorbereitet sind (wenn diese denn überhaupt an ihren Schulen vorhanden sind). Das Thema wird ein Schwerpunkt der Konferenz sein, ebenso die Frage, wie Schulleitungen gestärkt werden können.
Was machen bei einer diversen Schülerschaft?
Zentral ist ebenso angesichts der vielen Flüchtlinge weltweit, wie Lehrkräfte mit einer immer diverseren Schülerschaft umgehen. „Wir müssen es schaffen, auf die verschiedenen Bedürfnisse der Schüler einzugehen“, sagte Marlis Tepe, die Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW). Dabei komme es auch auf die Haltung der Lehrer an: Sie sollten klarmachen, dass alle Menschen gleich sind, dass alle Sprachen respektiert würden. Tepe forderte zudem die OECD auf, die Inhalte der Pisa-Studie zu überdenken: „Es stellt sich die Frage, ob bisher die politische Bildung vernachlässigt wurde.“ Schule müsse Respekt, Toleranz und demokratische Werte vermitteln – auch wenn das zugegebenermaßen in der Pisa-Studie schwierig abzubilden sei.
Wenn es um heterogene Schülerschaften geht, ist für Dorgerloh Kanada ein gutes Vorbild. Das Land sei deutlich vielfältiger als Deutschland: „An einer Schule in Calgary trifft man mehr Ausländer als in Magdeburg an einem Tag“, sagte Dorgerloh. Die Kanadier würden auf den Zuzug vieler Einwanderer reagieren, indem sie das Schulsystem massiv ausbauen. Allein die Stadt Calgary errichte derzeit 80 Schulen: „Wir sprechen hier von Schulen, die viele hunderte Schüler aufnehmen können.“ Und schließlich sei auch Kanada wie Deutschland föderal organisiert – der deutsche Bildungsföderalismus könne sich hier also durchaus Anregungen holen.
Tilmann Warnecke
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