Fingerarthrose oder Rheuma?: Was einen Finger krumm macht
Die Fingergelenke sind geschwollen, sie schmerzen oder wirken knotig. Fingerarthrosen sind ein Volksleiden – doch manchmal steckt Rheuma dahinter.
Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen, der liest sie auf … Finger sind schon für die Kleinsten faszinierend. Sie sind Bestandteil unseres wichtigsten Werkzeugs, und sie sind ein ausgesprochen sichtbarer Teil des Körpers. „Eine schöne Hand ziert den ganzen Menschen“, meinte Heinrich Heine.
Menschen, deren Fingergelenke geschwollen sind oder knotig wirken, denen noch dazu jede Bewegung Schmerzen bereitet, machen solche Gedanken eher traurig. Allerdings haben sie zahlreiche Leidensgenossen. „60 bis 70 Prozent der Bevölkerung über 65 Jahre haben Zeichen einer Fingerpolyarthrose“, sagt der Orthopäde Wolfgang Rüther von der Hamburger Uniklinik.
Nur wenn eine Fingerarthrose besonders aggressiv verläuft und stark schmerzt, werden Gelenke versteift oder ersetzt. Von rein „kosmetischen“ Operationen rät Rüther eher ab: „Wir würden Knoten durch Narben ersetzen.“ Zur Behandlung gehören Schmerzmittel, Wärme, Ergo- und Physiotherapietherapie und im Einzelfall Schienen, mit denen Deformierungen vermieden werden sollen. Belege für die Wirksamkeit pflanzlicher Wirkstoffe aus Grüntee oder Weinbeeren, aber auch für einige bewährte und neue Rheumamittel, sind dünn.
Rheuma verläuft anders - und muss anders behandelt werden
Wenn Rüther trotzdem sagt: „Was wirklich hilft, ist eine sichere Diagnose“, so hat das einen anderen Grund. Er ist zugleich der Anlass dafür, dass Fingerarthrosen beim Kongress der Deutschen Gesellschaften für Rheumatologie, Orthopädische Rheumatologie und Kinder- und Jugendrheumatologie in dieser Woche in Frankfurt am Main ein wichtiges Thema sein werden. Denn auch die häufigste Form des entzündlichen Rheumas, die Rheumatoide Arthritis (RA), zeigt sich oft an den Fingern, speziell an deren Grund- und Mittelgelenken. Den Ursachen der Veränderungen auf die Spur zu kommen, ist wichtig, da die RA anders verläuft. Vor allem aber, weil sie anders behandelt werden muss und kann.
Anzeichen für Rheuma können sein, dass der Betroffene sich wegen der Entzündung krank und vergrippt fühlt, vielleicht Fieber hat. Und dass ihn (oder besser: sie, denn Rheumatoide Arthritis und Fingerarthrosen treffen häufiger Frauen) die Schmerzen nachts und in Ruhe nicht verlassen und morgens den Anlauf für den Tag besonders schwierig gestalten.
Während gegen die entzündlich-rheumatischen Krankheiten zusätzlich zu den „klassischen“ Mitteln Biologika auf den Markt gekommen sind, die in Immunprozesse eingreifen, ist bei Medikamenten gegen Arthrosen, ob nun in Knie, Hüfte oder Finger, guter Rat teuer. Mittel, die den Stoffwechsel des Knorpels beeinflussen könnten, befinden sich weitgehend noch im Stadium der Grundlagenforschung. Millionen von Leidgeplagten wären dankbar für Fingerzeige aus der Forschung.