Pollensaison und das Coronavirus: Was Asthmapatienten jetzt wissen müssen
Einer angeschlagenen Lunge kann das Coronavirus gefährlich werden. Daher müssen Asthmatiker ihre Pollenallergie gut behandeln.
Herr Bauer, die Birkenblüte ist in Berlin gerade auf ihrem Höhepunkt, die Belastung mit Pollen hoch. Viele Allergiker leiden jetzt neben den typischen Heuschnupfenbeschwerden auch unter allergischem Asthma, das die besonders aggressiven Pollen der Birke auslösen. Können Sie nachvollziehen, dass diejenigen, die davon betroffen sind, sich noch mehr fürchten vor dem Coronavirus?
Das Alter ist der größere Risikofaktor als das Asthma. Also: Nein, es gibt aus meiner Sicht keinen Grund für Asthmatiker, jetzt panisch zu werden.
Welche Probleme können drohen, wenn allergisches Asthma und eine Infektion mit dem Coronavirus zusammenkommen?
Das stellt vor allem die Diagnostik vor gewisse Herausforderungen. Denn es wird schwerer zu unterscheiden, ob eine akute Luftnot das Symptom eines allergischen Asthmas ist oder das Resultat einer Infektion mit dem Coronavirus, die wie andere virale Atemwegsinfekte wahrscheinlich auch zur Auslösung von Asthmaanfällen führen kann.
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Das Coronavirus schädigt ebenso wie das Asthma die Lungen. Verstärken beide Erkrankungen zusammen nicht das Gesundheitsrisiko?
Patienten, die als Vorerkrankung ein Asthma bronchiale haben – und dazu zählt auch das saisonale Asthma zum Beispiel durch eine Pollenallergie – sind eine Risikogruppe und etwas mehr gefährdet für einen schwereren Krankheitsverlauf bei einer Infektion mit dem Coronavirus. Ob das auch eine höhere Sterblichkeit bedeutet, kann man jetzt noch nicht sagen, denn zu diesem Thema fehlt es noch an Studien. Es gibt aber Untersuchungen die zeigen, dass eine gleichzeitig vorliegende COPD – eine chronischen Lungenerkrankung, die meist vom Rauchen verursacht wird – ein Risikofaktor für einen schwereren Verlauf der Infektion mit dem Coronavirus ist.
Sollten sich Patienten, die unter einem saisonalen Asthma leiden, auf eine mögliche Infektion mit dem Coronavirus besonders vorbereiten?
Geschulte Asthmatiker haben die Möglichkeit einer Peak-Flow-Messung, um ihre Lungenfunktion einschätzen zu können. Diejeinigen, die das können und noch keine Symptome zeigen, sollten jetzt die Messungen machen, um einen Abfall der Lungenleistung möglichst früh feststellen und gleich reagieren zu können. Wenn dann noch Fieber hinzutritt, ist das ein früher Hinweis auf eine mögliche Infektion zum Beispiel mit dem Coronavirus. Ein allergisches Asthma kommt ohne Fieber.
Asthma wird mit zwei verschiedenen Medikamentenklassen behandelt. Zum einen die sogenannten Bronchodilatatoren, die bei einer akuten Atemnot die Bronchien weiten und zum anderen kortisonhaltige Inhalate, die regelmäßig genommen werden müssen, um Asthmaanfälle zu verhindern. Sollten Asthmatiker jetzt auf die Inhalate umsteigen, um Anfälle zu verhindern, die die Lungen vorschädigen und schwächer gegen das Coronavirus machen könnten?
Schwer zu sagen, denn wir wissen es nicht. Was wir wissen ist, dass saisonale Asthmatiker, die die ihnen verschriebenen kortisonhaltigen Medikamente bereits vor der Saison nehmen, weniger Asthmaanfälle haben. Deshalb empfehlen wir denjenigen, die stark unter saisonalem Asthma leiden, mit der Behandlung etwa zwei Wochen vor dem Beginn der Saison zum Beispiel der Birkenpollen zu starten.
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Also sollten Asthmatiker jetzt in Vorbereitung auf das Coronavirus mit dem Kortison beginnen?
Es ist wahrscheinlich, dass die Lunge eines Patienten, der allergischem Asthma leidet, besser mit einer Infektion mit dem Coronavirus umgehen kann, wenn er nicht gleichzeitig einen allergischen Asthmaanfall hat. Deshalb sollten Asthmatiker ihr Asthma jetzt so behandeln lassen - wie das ja auch in den anderen Zeiten gilt -, dass möglichst kein Asthmaanfall auftritt.
Also frühzeitig mit der Therapie beginnen und diese für die vorgegebene Zeit unterbrechungsfrei anwenden. Unsere Erfahrung nach tun die meisten Asthmatiker das nicht optimal. Die jetzige Epidemie mit dem Coronavirus ist also eine gute Gelegenheit für Asthmatiker, die Therapie, die ihnen ihr Arzt verschrieben hat, optimal und konsequent anzuwenden.
Sollten auch diejenigen mit weniger schweren Asthmaverläufen, die gut mit den akut wirkenden, bronchienerweiternden Sprays klargekommen sind, nun vorbeugend auf die kortisonhaltigen Inhalate umsteigen?
Nein. Nur diejenigen, denen ihr behandelnder Arzt aufgrund der Symptomatik rät, kortisonhaltige Präparate zu nehmen, sollten das jetzt auch tun.