Gebärmutterhalskrebs: Virustest revolutioniert Früherkennung
Die Vorsorge gegen Gebärmutterhalskrebs wird umgestellt - der Nachweis des krebserregenden Erregers HPV bekommt endlich Vorrang. Ein Kommentar.
Der Fortschritt ist manchmal eine Schnecke. 40 Jahre ist es her, dass der deutsche Krebsforscher und spätere Nobelpreisträger Harald zur Hausen vermutete, dass sexuell übertragbare Humane Papillomaviren, HPV, Gebärmutterhalskrebs auslösen können. Kurze Zeit darauf konnte er die Annahme belegen. Heute wissen wir, dass diese Form von Krebs in annähernd 100 Prozent der Fälle durch eine langjährige Infektion mit HPV verursacht wird. Noch immer wird diese Tatsache bei der Früherkennung zu wenig berücksichtigt. Die gute Nachricht: Von 2018 an wird sich das endlich ändern. Der Nachweis von HPV bekommt Vorrang, die Früherkennung ein völlig neues Fundament.
Der Gebärmutterhals verbindet Scheide und Gebärmutter. Jedes Jahr erkranken in Deutschland rund 4500 Frauen in diesem Bereich an Krebs, etwa jede dritte Patientin stirbt an dem Tumor. Die Krankheit trifft vor allem jüngere Frauen in der produktiven Lebensphase. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose liegt bei 53 Jahren, mehr als zehn Jahre eher als Brustkrebs. In den vergangenen Jahrzehnten konnte das Leiden deutlich zurückgedrängt werden. Das liegt zu einem wesentlichen Teil an der Früherkennung mit dem Pap-Test. Er erkennt verdächtige Zellveränderungen am Gebärmutterhals, die durch den Virusbefall hervorgerufen werden, sodass häufig Krebsvorstufen rechtzeitig entfernt werden können. Aber der Pap-Test hat seine Schwächen. Wie ein Rauchmelder entdeckt er nur die Spuren des Feuers, nicht dieses selbst. Der HPV-Test dagegen erkennt die Flammen, sprich: die Virusinfektion.
Kein Rauch ohne Feuer, kein Gebärmutterhalskrebs ohne HPV. Oder umgekehrt: Kein HPV, kein Krebs – und kein Krebsrisiko. Auch Entwarnung hat ihren Wert.
Besserer Schutz durch HPV-Test
In vier großen Studien wurden Pap- und HPV-Test in der Früherkennung verglichen. Es stellte sich heraus, dass der Virusnachweis einen um 60 bis 70 Prozent besseren Schutz vor Krebs bietet. Und so verwundert es nicht, dass das Umdenken in Europa und weltweit begonnen hat. Der altbewährte Pap-Test tritt in die zweite Reihe.
Allerdings hat der HPV-Test einen Haken. Viele Frauen infizieren sich in jungen Jahren mit dem Virus. Das ist meist nur vorübergehend, der Erreger wird vom Immunsystem nach kurzer Zeit beseitigt. Nur in seltenen Fällen führt eine anhaltende Infektion zu Krebs. Bis etwa zum 30. Lebensjahr ist der HPV-Test deshalb nur begrenzt aussagefähig. Er fällt häufig positiv aus, ohne dass eine echte Gefahr besteht. In dieser Zeit behält der Pap-Test also seine Bedeutung. Allerdings ist Gebärmutterhalskrebs bis zum 30. Lebensjahr ohnehin so selten, dass manche Länder erst danach mit Früherkennungsprogrammen beginnen.
Man kann den HPV-Test auch selbst machen
In Deutschland soll von 2018 an eine organisierte Früherkennung wie bei Brustkrebs beginnen. Alle Frauen zwischen 20 und 60 werden dann von ihren Krankenkassen im Abstand von fünf Jahren angeschrieben. Vom 30. Lebensjahr an können sie zwischen einem HPV-Test alle fünf Jahre und einem jährlichen Pap-Test wählen. Wer nicht zum Frauenarzt gehen will, kann den HPV-Test auch selbst zu Hause machen, die Ergebnisse sind durchaus vergleichbar.
Nach einigen Jahren wird ausgewertet, welcher Test – Pap oder HPV – besser abschneidet. Diese Zweigleisigkeit hat nicht zuletzt politische Gründe, denn der Widerstand gegen den HPV-Test vonseiten der Frauenarztpraxen ist erheblich. Für Praxisbetreiber macht es einen großen Unterschied, ob eine Frau jährlich zum „Abstrich“ kommt (Pap-Test) oder nur alle fünf Jahre (HPV-Test).
Echte Konkurrenz bekommt der HPV-Test von unerwarteter Seite. Die für Mädchen empfohlene Impfung gegen HPV schützt bislang lediglich vor 70 Prozent der krebserregenden Virus-Varianten. Doch steht ein Impfstoff kurz vor der Einführung, der einen 90-prozentigen Schutz verleiht. Wie es aussieht, schrumpft das Krebsrisiko so auf nur noch zehn Prozent, verglichen mit dem nicht geimpfter Frauen. Damit hat sich die Früherkennung fast erledigt. Noch zwei, allenfalls drei Mal im ganzen Leben ist dann noch ein HPV-Test nötig, schätzt der Gynäkologe Peter Hillemanns von der Medizinischen Hochschule Hannover.
Für HPV könnte es eng werden. Hoffentlich in weniger als 40 Jahren.
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