Anhörung zur Partnerschaft der FU mit Peking: Unter dem Einfluss der KP Chinas?
Neue Runde im Streit um das Konfuzius-Institut und eine von Peking finanzierte Sprach-Professur an der Freien Universität Berlin - im Abgeordnetenhaus.
Die KP Chinas habe unter Xi Jinping „den Krieg der Partei gegen unabhängige Wissenschaftler“ erklärt – im In- und im Ausland. Auch bei der Finanzierung der 19 Konfuzius-Institute an deutschen Unis gehe es der Kommunistischen Partei darum, „unabhängige Wissenschaft als regimekritische Kraft zu neutralisieren“.
Durch politische Gewalt verbreite die KP „individuelle und institutionelle Angst“, die bei Wissenschaftler:innen zu einer „Selbstzensur, um Konflikte zu vermeiden“ führe. Mit diesen Statements plädierte der China-Experte Andreas Fulda von der School of Politics and International Relations der Universität Nottingham am Montag im Abgeordnetenhaus dafür, dass sich die Freie Universität Berlin von ihrem Konfuzius-Institut trennen sollte.
„Es geht nicht darum, eine solche Organisation zu verbieten, allerdings hat sie nichts an Unis verloren“, sagte Fulda im Wissenschaftsausschuss. Nur mit einer Trennung von ihrem 2006 als An-Institut gegründeten Konfuzius-Institut würde die FU dem „Eindruck einer Ideenwäsche entgegentreten“. Fulda war als Experte zu einer Anhörung geladen.
Uni musste Vertrag für eine Stiftungs-Professur nachverhandeln
Anlass war nicht nur das seit Jahren umstrittene Konfuzius-Institut. Dieses ist ein „gemeinnütziger Verein zur Förderung der Kenntnis der chinesischen Sprache und Kultur im Ausland“ an der FU und gehört zum weltweiten Netzwerk der 500 Konfuzius-Institute.
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Gegründet und größtenteils finanziert werden sie von der Chinesischen Staatlichen Leitungsgruppe für Chinesisch als Fremdsprache (Hanban) in Peking – im Falle der FU zusammen mit der Peking-Universität. Im Wissenschaftsausschuss ging es auch um eine von Peking mit 500 000 Euro für fünf Jahre finanzierte Professur für die Didaktik des Chinesischen sowie Sprache und Literatur.
Den Vertrag dafür musste die FU im vergangenen Jahr nach Medienberichten auch im Tagesspiegel und Intervention der Senatskanzlei Wissenschaft nachverhandeln. Gestrichen wurden das chinesische Recht als Grundlage, eine chinesischen Schlichtungsstelle und die Zulassungsbeschränkung auf Studierende aus Deutschland und der EU, wie Staatssekretär Steffen Krach (SPD) „Veränderungen in die richtige Richtung“ erläuterte.
Kritik an "weiterhin starker politischer Abhängigkeit"
Doch Kritiker wie der FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Brandenburg, hochschulpolitischer Sprecher seiner Fraktion, monieren weiterhin eine „starke politische Abhängigkeit“. Brandenburg begleitet die Problematik aus parlamentarischer Perspektive und war ebenfalls als Experte zur Anhörung geladen.
Dass Hanban als verantwortliche Behörde im vergangenen Jahr durch das Pekinger „Zentrum für Sprachbildung und Kooperation“ ersetzt wurde, mindere nicht den staatlichen Einfluss. Denn das Zentrum sei dem chinesischen Erziehungsministerium direkt unterstellt und ebenso „an die Direktiven der KP gebunden“ wie die ebenfalls beteiligte „Stiftung für internationale Bildung“.
Eine Entideologisierung sei auch nach einer Stellungnahme des Bundesamts für Verfassungsschutz nicht zu erwarten, so Brandenburg. „Konfuzius entwertet weiterhin die Freiheit von Forschung und Lehre“ – indem Menschenrechtsverstöße etwa in Tibet und gegenüber der Minderheit der Uiguren „in Lehrveranstaltungen systematisch ausgeblendet“ würden.
Die Universitäten in Düsseldorf und Hamburg haben ihre Kooperationen beendet – und die Freie Universität? Vizepräsidentin Verena Blechinger-Talcott sieht in der Frage der Nichteinhaltung von Menschenrechten und der eingeschränkten Wissenschaftsfreiheit einerseits sowie der zunehmend international konkurrenzfähigen chinesischen Wissenschaft andererseits eine „Ambivalenz“, mit der die FU umgehen müsse.
Die Universität wolle die Kooperationen fortsetzen, ohne die Verstöße zu legitimieren – und damit „Gesprächskanäle offenhalten“. Die Kooperationen sollten künftig von einem im Mai bestellten China-Beirat begleitet werden, kündigte Blechinger-Talcott an. Dieser werde „bei umstrittenen Projekten einen institutionellen Prozess durchführen“.
Umerziehungslager für Uiguren als "berufliche Ausbildungszentren" bezeichnet
Die ebenfalls für die FU-Seite eingeladene Sinologin Mechthild Leutner, bis 2019 Direktorin des Konfuzius-Instituts, wurde von Jens Brandenburg und Janik Besendorf, einem Vertreter des FU-Asta, mit dem Vorwurf konfrontiert, sie habe die Umerziehungslager für Uiguren im Menschenrechtsausschuss des Bundestages als „berufliche Ausbildungszentren“ und „Deradikalisierungszentren“ bezeichnet.
[Ihre Position im Streit um das Berliner Konfuzius-Institut erläutere Mechthild Leutner im Februar 2020 in einem Gastbeitrag für den Tagesspiegel: "Falsches Feindbild China"]
Leutner widersprach nicht, vielmehr sei sie „als Wissenschaftlerin gefragt“ worden und habe ihre „Expertise nach Vorliegen aller Quellen“ abgegeben. Darüber hinaus sagte Leutner, das Konfuzius-Institut sei „nach deutschem Recht organisiert und in Bezug auf Organisation und Veranstaltungen frei“. Leutner betonte: „Wir sind keine politischen Propagandisten.“ Es gebe „keinen langen Arm Pekings“ ebenso wenig wie eine „Selbstzensur“ der Lehrenden.
Die Anschubfinanzierung der Sprachprofessur durch China begründete Vizepräsidentin Blechinger-Talcott mit Engpässen im FU-Haushalt. Mit Geldmangel erklärte sie auch, warum die FU trotz dringend benötigter unabhängiger China-Expertise die Stelle einer Junior-Professorin nicht verstetigt – der Tagesspiegel berichtete am Montag.
Staatssekretär Krach wies dies zurück. Eine Entfristung wäre sehr wohl bezahlbar. Wenn dies nicht geschieht, müsse die FU zugeben, andere Schwerpunkte und Spitzenprofessuren zu vorzuziehen.