Zukunft der Hochschulen: Unis vor der Wahl
Vom Bafög für alle bis zur Frauenquote: Was die Wahlprogramme den Studierenden und Hochschulen versprechen.
Was versprechen die Parteien den Studierenden und Hochschulen vor der Wahl? Die CDU und CSU fast nichts. Sie streifen die Hochschulen in ihrem „Regierungsprogramm“ nur zweimal ganz knapp, ganz so, als gebe es hier nicht eine Menge an Baustellen: vom Sanierungsstau über die schwächelnde Grundfinanzierung bis zum Bafög. Am ausführlichsten befassen sich die Linke und die SPD mit Hochschulen.
Die FDP will Studiengebühren
Als einzige Partei hat die FDP das Thema Studiengebühren in ihr Wahlprogramm aufgenommen. Sie will es den Hochschulen freistellen, nachgelagerte Gebühren zu erheben – also Gebühren, die erst nach dem Abschluss gezahlt werden müssen. Die Höhe soll einkommensabhängig sein. Die Mittel sollen die Hochschulen zusätzlich bekommen.
Ob Studiengebühren eingeführt werden oder nicht, hat die Bundesregierung allerdings nicht zu entscheiden, sondern die Länder. Das hat das Bundesverfassungsgericht im Jahr 2005 erklärt und das von der damaligen Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) eingeführte Verbot gekippt. Mehrere westdeutsche Länder hatten daraufhin allgemeine Studiengebühren eingeführt, sie nach ein paar Jahren im Zuge von Regierungswechseln aber wieder abgeschafft.
Die Debatte lebt wieder auf, seit das grün-schwarz regierte Baden-Württemberg beschlossen hat, vom kommenden Herbst an von Nicht-EU-Ausländern 1500 Euro und von Studierenden im Zweitstudium 650 Euro pro Semester zu erheben. Auch das inzwischen von CDU und FDP regierte NRW will Studiengebühren für Nicht-EU-Ausländer von 1500 Euro pro Semester einführen. FDP-Chef Christian Lindner sieht darin einen „innovativen Weg, um die Qualität in der Lehre in NRW zu verbessern“. SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz nennt die Gebühren hingegen eine „Intelligenz-Maut“.
Bafög für alle
Die Grünen, die Linken und die FDP wollen, dass Studierende unabhängig vom Einkommen ihrer Eltern staatlich unterstützt werden. Die Linke schlägt dafür ein rückzahlungsfreies Bafög von 1050 Euro vor. Altersgrenzen sollen entfallen, die Bezugsdauer an die reale durchschnittliche Studiendauer angepasst werden.
Die FDP setzt niedriger an, bei monatlich 500 Euro für alle. Auf Wunsch soll es zusätzlich ein Darlehen geben. Die Rückzahlungsmodalitäten sollen vom späteren Einkommen abhängen. Um das Bafög für alle zu finanzieren, will die FDP Steuervergünstigungen der Eltern abschaffen. Außerdem will die FDP den Anteil der Leistungsstipendien von jetzt fünf auf 15 Prozent anheben.
Auch die Grünen fordern ein Bafög für alle, unabhängig vom Elterneinkommen – aber erst „mittelfristig“. In welcher Höhe, bleibt im Wahlprogramm offen. Studierende aus ärmeren Familien sollen dann zusätzlich einen „Bedarfszuschuss“ bekommen. Bis es soweit ist, soll das alte Bafög gründlich reformiert werden: Es soll regelmäßig erhöht werden, eine ortsabhängige Wohnpauschale enthalten, für Studierende jeden Alters und fürs Teilzeitstudium geöffnet werden. Eine „starre zeitliche Begrenzung“ der Zahlungen, die „Druck aufbaut“, soll es nicht mehr geben. Auch die SPD will das Bafög erhöhen, die Förderung „an die vielfältigen Bildungswege anpassen“ und die Fördersätze regelmäßig erhöhen.
Studium ohne Bachelor und Master?
Die AfD will die reformierten Studiengänge Bachelor und Master abschaffen und wieder die alten Diplom- und Magisterstudiengänge einführen. Auch die Modularisierung des Studiums – also die Zuordnung von Leistungspunkten zu einem bestimmten Arbeitsaufwand – sowie die Akkreditierungsagenturen sollen abgeschafft werden. Außerdem fordert die AfD: „Deutsch muss als Lehr- und Wissenschaftssprache erhalten bleiben.“
Die Linke will, dass das Studium sich nicht länger an „wirtschaftlicher Verwertbarkeit“ orientiert, sondern demokratisch, kritisch und interdisziplinär ist. Alle Zugangshürden wie den Numerus Clausus oder Auswahlgespräche will die Linke abschaffen. Dazu soll ein Bundesgesetz zur Hochschulzulassung geschaffen werden.
Die SPD will die Zahl der Studienabbrüche reduzieren, die Qualität der Lehre verbessern und die Hochschulen „sozial öffnen“: Die Anzahl der Stipendien für Berufsabsolventen soll verdoppelt werden, wer den Meisterbrief hat, soll auch zum Masterstudium zugelassen werden.
Die Union äußert sich zum Studium nur unter der Rubrik „Gesundheit“ und entsprechend bloß zum Medizinstudium: Der bereits beschlossene „Masterplan Medizinstudium 2020“ soll zügig umgesetzt werden. Im Medizinstudium soll wissenschaftliches Arbeiten gestärkt werden. Bei der Zulassung sollen neben der Abiturnote weitere Eignungskriterien berücksichtigt werden.
Studentisches Wohnen
Die Grünen wollen einen „Bund-Länder-Aktionsplan ,Studentisches Wohnen’“ auflegen, die Linke ein „Sonderprogramm für den Neubau von Wohnheimplätzen“. Die SPD kündigt einen „Hochschulsozialpakt“ an, der Mittel für die Studienberatung, die Mensen und den Neubau von Wohnheimplätzen finanziert.
Arbeiten in der Wissenschaft
Die Linke will mit einem Anschubprogramm des Bundes 100 000 unbefristete Stellen in der Wissenschaft schaffen. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz soll reformiert werden. Der wissenschaftliche Nachwuchs soll nicht mehr abhängig von Professorinnen und Professoren forschen, sondern „Nachwuchsabteilungen“ zugewiesen werden. Auch die Grünen wollen zusätzliche Stellen in der Wissenschaft schaffen und das Wissenschaftszeitvertragsgesetz überarbeiten. Die SPD will Befristungen „deutlich verringern“.
Frauen
Die Linke fordert eine fünfzig-prozentige Frauenquote auf allen Karrierestufen der Wissenschaft. Das Professorinnenprogramm zur Förderung von Frauen soll entsprechend auf alle Stufen der akademischen Laufbahn ausgeweitet werden. Die SPD setzt sich für einen Frauenanteil von mindestens 40 Prozent auf Führungspositionen in der Wissenschaft ein. Für alle „personalwirksamen Maßnahmen des Bundes“ – also etwa für bundesfinanzierte Programme – soll es eine verbindliche Quote geben.
AfD will Genderforschung stoppen
Die AfD will die im Grundgesetz festgeschriebene Freiheit von Forschung und Lehre „bewahren“. Dies soll allerdings nicht für die Genderforschung gelten, die abgeschafft werden soll. Bei ihr handle es sich nicht um eine „seriöse Wissenschaft“. Bund und Länder dürften darum keine Mittel mehr für die Genderforschung bereitstellen und keine Genderprofessuren mehr besetzen.
Wie weiter mit den Unifinanzen?
Deutschlands Hochschulen werden finanziell immer abhängiger von der Einwerbung von Drittmitteln, der Anteil an verlässlichen Grundmitteln sinkt. Unter diesen Umständen ist es für die Hochschulen entscheidend, wie es nach dem Hochschulpakt von Bund und Ländern weitergeht. Er läuft im Jahr 2020 aus und hat seit 2007 mit fast 40 Milliarden Euro Hunderttausende von neuen Studienplätzen finanziert. Werden die Mittel im System bleiben? Das ist für die Hochschulen von höchstem Interesse. Die Union teilt in ihrem Wahlprogramm aber nur sehr vage mit: „In der Nachfolge des auslaufenden Hochschulpakts wollen wir mit den Ländern gute Lehre und digital innovative Universitäten und Fachhochschulen stärken.“
Die SPD und die Linke wollen den Hochschulpakt hingegen entfristen. Die Hochschulen sollen in Zukunft dauerhaft vom Bund unterstützt werden. Die Linke will dafür zusätzliche Mittel aus der Exzellenzinitiative für Universitäten generieren. Diese sei „elitär“ und solle darum eingestellt werden.
Die SPD verspricht außerdem eine Stärkung der hochschulmedizinischen Forschung. Außerdem soll ein Bund-Länder-Programm die Fachhochschulen dabei unterstützen, zusätzliches wissenschaftliches Personal zu gewinnen. Und die Forschungsförderung des Bundes für Fachhochschulen soll verdoppelt werden.
Auch die AfD und die Grünen wollen mehr Geld für Hochschulen ausgeben, schlagen in ihren Wahlprogrammen aber kein konkretes Finanzierungsmodell vor.
Die FDP greift einen Vorschlag auf, den Jürgen Zöllner (SPD) vor Jahren als rheinland-pfälzischer Wissenschaftsminister gemacht hat: „Geld folgt Studierenden“. Für jeden Studierenden, den sie aufnehmen, sollen die Hochschulen eine bestimmte Summe erhalten. Dieses Prinzip gilt schon jetzt im Hochschulpakt. Die FDP würde es gerne auf alle Studienplätze ausweiten: Jedes Land soll einen Beitrag in einen bundesweiten Fonds zahlen, der dann gemäß der studentischen Nachfrage an die Hochschulen verteilt wird. Die Höhe des Länderbeitrags würde nach dem Steueraufkommen und der Bevölkerungszahl festgelegt (Königsteiner Schlüssel). „Die Qualität des Studiums sollte nicht von der Finanzkraft des Sitzlandes der Hochschule abhängig sein“, erklärt die FDP.