Gastbeitrag zur Hochschulpolitik: Unis als Teil der Smart City
Die Hochschulen müssen für Erfolge bei der Digitalisierung belohnt werden. Ein Gastbeitrag von Piraten-Politiker Franz-Josef Schmitt zur Hochschulpolitik.
Wie geht es in der kommenden Legislaturperiode weiter mit Berlins Hochschulen? Der Tagesspiegel veröffentlicht in loser Folge die Vorstellungen der aktuell im Abgeordnetenhaus vertretenen Parteien – heute die Position der Piraten.
Unser Ziel für die kommende Legislaturperiode ist es, vorhandene verkrustete Strukturen in der Berliner Hochschullandschaft durch Innovationen aufzulösen. Mehr gut ausgebildete und fest angestellte Lehrkräfte an Schulen, Hochschulen und Universitäten müssen Hand in Hand gehen mit der dringend nötigen Sanierung der Gebäude.
Wir fordern bessere Bezahlung von Lehrbeauftragten und gerechte Verträge für den Mittelbau, ein Ende der prekären Arbeitsverhältnisse, familienfreundlichere Arbeitsbedingungen und eine ehrliche Reform der Gesetze wie des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes. Aber über die erhöhten Investitionen sollten wir auch in das nächste Level guter und vielfältiger Bildung aufsteigen.
Dazu gehören demokratische Hochschulen, die weiterhin frei von Studiengebühren sind, mit transdisziplinären Ansätzen für Lehre und Forschung. Die pauschalen Unterschiede zwischen Fachhochschulen und Universitäten sollen aufgelöst werden und das gesellschaftliche Interesse, die Innovationsstärke und die Nachfrage der Studierenden sowie die Evaluierungsergebnisse sollen stärker bestimmen, was gute Lehre und Forschung sind.
Die Digitalisierung wird Unis radikal verändern
Der Senat hat die Möglichkeiten der Digitalisierung in der sogenannten Smart- City-Strategie nur zum Teil berücksichtigt. Digitalisierung 4.0 wird Forschung und Lehre an Hochschulen, aber auch industrielle Prozesse radikal reformieren. Dazu gehören selbst fahrende Autos und Drohnen, die bestellte Waren nach 30 Minuten ausliefern. Wir Piraten fordern, dass hier die Möglichkeiten der Digitalisierung genau analysiert und gemeinsam zwischen Politik, Hochschulen und Wirtschaft kritisch evaluiert und umgesetzt werden. Dabei ist nicht auf Eliteförderung zu setzen, sondern die Bürger müssen als Nutzer der digitalisierten Welt viel besser eingebunden werden.
Unter dem Slogan „Wissen verdoppelt sich, wenn man es teilt“ möchten wir dabei grundsätzlich die Teilhabe der Menschen an den Hochschulen fördern und dies zu einem Bestandteil der Hochschulverträge machen. Die Beteiligung der Öffentlichkeit an der Arbeit der Hochschulen kann dabei deutlich ausgebaut werden, ohne einfach nur „noch mehr“ Studierende aufzunehmen. Es darf nicht sein, dass die Universitäten die digitale Revolution nur in ein paar neuen Juniorprofessuren verankern, während die Welt draußen Pokémon Go spielt und die Fachhochschulen außen vor bleiben. Hier müssen wir zu neuen Ufern aufbrechen und die Möglichkeiten der Digitalisierung nutzen, um die Hochschulen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Open Access als Schwerpunkt
Einen konkreten Schwerpunkt bildet der freie Zugang zu allen Forschungsergebnissen (Open Access). Wirtschaftliche Interessen Dritter sind den Rechten der Autor*innen zur freien Distribution ihrer Arbeit unterzuordnen. Drittmittelanträge sollten transparent und öffentlich diskutiert werden. Tools wie Liquid feedback, das auch die Piraten zur Programmentwicklung benutzen, sind wertvolle, aber noch unbekannte Werkzeuge zum interaktiven und kollaborativen Arbeiten. Viel fortschrittlicher als z. B. Wiki ermöglichen sie eine Rechtehierarchie, die die Beteiligten durch Delegationen selbst vorgeben können. Die Kategorie der aus öffentlichen Mitteln finanzierten Forschungsergebnisse ist urheberrechtlich in einen eigenständigen Status zu überführen. Creative-Commons-Lizenzen müssen die nichtkommerzielle Weiterbearbeitung, Weiterentwicklung und Wiederverwendung garantieren. Die Autorenrechte bleiben dabei unberührt.
Hochschulen, die hier voranschreiten und z. B. Open Access in ihre Grundordnungen schreiben, sollten über die Hochschulverträge zusätzliche Mittel erhalten. Weitere gesetzliche Regelungen, die wir überarbeiten möchten, betreffen das Informationsfreiheitsgesetz und die Landeshochschulgesetzgebung.
Die Digitalisierung wurde zum Schwerpunkt der Smart-City-Strategie. Nun sind neue Bereiche zu erschließen. Migration muss als Chance zur Anwendung unseres Know-how in einem Bereichsspektrum vom angewandten Humanismus bis zum Wohnungsbau begriffen werden. Innovative Startups sind zu fördern, die den Slogan „Wir wollen das“ als Antwort geben und das Potenzial der Migration sichtbar machen. Hier bilden unsere integrativen Wohnzentren einen Schwerpunkt, die mit modernster Internettechnologie ausgestattet Geflüchteten, Studierenden und überhaupt allen Menschen einen Lebensmittelpunkt bieten, der Wohnen, soziales Leben, Lernen, Sprache, Hochschule, Ernährung und Sport, Einkaufen und Entspannen über die breite Vielfalt der Bewohner*innen verbindet.
Solche Konzepte würden wir gerne in der nächsten Legislaturperiode im Berliner Senat diskutieren.
- Der Autor ist Beisitzer im Landesvorstand der Piraten Berlin und kandidiert auf Platz zwei der Piraten auf der Landesliste zur Abgeordnetenhauswahl.
Bisher erschienen sind Beiträge von Lars Oberg (SPD), Christian Hausmann (CDU) und Wolfgang Albers (Linke).
Franz-Josef Schmitt