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Vor rund 66 Millionen Jahren traf ein riesiger Meteorit die Erde.
© Illustration: imago/Science Photo Library

Meteoriten-Einschlag vor 66 Millionen Jahren: Und dann kam die Kälte

Als ein Meteoriten vor 66 Millionen Jahren auf der Erde einschlug, wurde es dunkel und kalt. Den Klimawandel überlebten viele Pflanzen und Tiere nicht.

Als das Grünzeug einging, hielten die Pflanzenfresser nicht lange durch. Mitten in den Tropen waren die Temperaturen auf knackige Minusgrade abgesackt. Und das kurz nachdem das Sonnenlicht auf der Erde fast erloschen war. Spätestens da erfroren die Pflanzen, die nicht zuvor am Lichtmangel verhungert waren. Mit ihnen starben die Pflanzenfresser. Fleischfresser wichen auf das Aas aus, aber irgendwann war auch der letzte Kadaver verwest. Auch sie starben. Die prominentesten Opfer des Massensterbens vor rund 66 Millionen auf der Erde waren wohl die Dinosaurier. Alle Arten der Riesenechsen wurden ausgelöscht.

Die Katastrophe begann, als ein Brocken, größer als der Mount Everest, mit einer Geschwindigkeit von gut 20 Kilometern in der Sekunde und damit zigmal schneller als ein Überschall-Flugzeug aus dem Weltraum in den Golf von Mexiko donnerte. Der gewaltige Einschlag riss ein 30 Kilometer tiefes Loch mit einem Durchmesser von 100 Kilometern in die Erde. Die dabei entstandene Glutwelle löschte in der Karibik alles Leben schlagartig aus. Noch verheerender wirkten die Mengen an Gestein, die der Aufschlag verdampfte oder als Mischung aus Trümmern und Staub hoch in die Luft jagte. Riesige Staubwolken verteilten sich über den gesamten Globus und schirmten das Sonnenlicht ab.

Der Schwefel blieb länger in der Luft

Der Staub fiel wieder zu Boden, viel länger hielten sich die winzigen Schwefelsäure-Tröpfchen in der Luft, die bei dem Einschlag entstanden waren. Und zwar in gigantischen Mengen: „100 Milliarden Tonnen Schwefel wurden damals in die Luft geschleudert“, berichtet Julia Brugger vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Aus diesen Schwefel-Verbindungen entsteht rasch Schwefelsäure, die in Form winziger Tröpfchen jahrelang in der Stratosphäre, der zweiten Schicht der Atmosphäre, schwebt. Ähnliches passiert auch nach Vulkanausbrüchen. Die Tröpfchen in der Stratosphäre reflektieren einen Teil der Sonnenstrahlung und strahlen sie in den Weltraum zurück. So kühlen die Temperaturen auf der Erde für ein oder zwei Jahre ab.

Der Einschlag des Meteoriten hatte viel größere Schwefelmengen als Vulkanausbrüche in die Höhe geschleudert. Gleichzeitig herrschte damals in der Luft ein deutlich höherer Kohlendioxid-Gehalt, der die Temperaturen nach oben drückte. Um herauszubekommen, wie diese verschiedenen Effekte das Klima beeinflussten, entwickelte Julia Brugger am PIK Klima-Computermodelle, die die zentralen Prozesse zwischen Luft, Meeren und Eis auf den Ozeanen berücksichtigen. „Erst einmal haben wir in diesem Modell die Lage der Kontinente an die Situation vor 70 Millionen Jahren angepasst“, sagt die Forscherin. Mit den Landmassen ändern sich auch Meeresströmungen und Windsysteme, die für das Klima wichtig sind.

Der Kohlenstoffdioxid-Gehalt nahm zu

Ließ Brugger die Computermodelle mit den damaligen Kohlenstoffdioxid-Werten laufen, lieferten sie rund vier Grad Celsius höhere Durchschnittstemperaturen auf der Erde als vor Beginn der Industrialisierung im 18. Jahrhundert. Mischten sich zu dieser Zeit unter eine Million Luftteilchen noch 280 Kohlendioxid-Moleküle (280 ppm), könnten es kurz vor dem Ende der Dinosaurierzeit 500 ppm gewesen sein. Die Dinosaurier lebten demnach in einer Welt mit durchschnittlich 18,9 Grad Celsius, berichtet die Wissenschaftlerin im Fachblatt „Geophysical Research Letters“.

Der Einschlag setzte noch größere Mengen Kohlenstoff-Dioxid frei, womit der Gehalt des Treibhausgases um weitere 360 ppm höher gewesen sein könnte. So stiegen die Temperaturen laut den Computer-Modellen um bis zu 2,6 Grad Celsius an. Doch die Erwärmung machte sich erst nach über 30 Jahren bemerkbar, als die Dinos längst verhungert waren.

Die Klimaänderungen kamen für die Dinosaurier zu spät

Die Mengen an Schwefelsäure in der Stratosphäre hatten wohl einen stärkeren Effekt. Sie strahlten fast das gesamte Sonnenlicht in den Weltraum zurück. Gerade einmal zwei Prozent der normalen Sonnenenergie erreichte den Erdboden. So fielen innerhalb von drei Jahren die Werte im weltweiten Durchschnitt um 27 Grad von 19 auf minus acht Grad. Besonders hart traf es die Tropen. Lagen die Temperaturen dort vor dem Einschlag bei 27 Grad, waren sie drei Jahre danach auf minus 22 Grad gefallen. Weil Frost in den Tropen nicht vorkam, dürfte kaum eine Pflanze überlebt haben.

Zwar erholte sich das Klima erstaunlich schnell. Bereits nach sieben Jahren erreichte wieder ähnlich viel Sonnenenergie den Boden wie vorher. Nach 30 Jahren hatten sich die Temperaturen wieder auf die Normalwerte vor der Katastrophe eingependelt. Etliche Samen dürften diese eisige Zeit überstanden haben, die Erde wurde wieder grün. „Kleine Tiere, die Insekten fraßen, hatten vielleicht bessere Karten, weil sich ihre Beute auch von toten Pflanzen ernähren kann“, sagt die Klimaforscherin Julia Brugger. Für die Dinosaurier kamen die warmen Temperaturen zu spät.

Wenn ein Meteor die Erde trifft

Neben den gravierenden Klimaveränderungen löste der Asteroiden-Einschlag vor 66 Millionen Jahren vermutlich auch Erdbeben aus – mit Stärken von 12 oder 13. Das bisher stärkste gemessene Erdbeben 1960 in Chile erreichte nur 9,5. Riesige Tsunamis verwüsteten die Küsten. Die Temperaturen im Karibik-Raum stiegen unmittelbar nach dem Einschlag schlagartig auf hunderte Grad Celsius. Die Hitze entzündete Waldbrände, die im weiten Umkreis die Vegetation zerstörten. Eine Katastrophe dieses Ausmaßes trifft die Erde vielleicht einmal in 100 Millionen Jahren.

Etwas häufiger sind Einschläge von kosmischen Boliden, die Durchmesser von rund einem Kilometer haben und vermutlich alle Million Jahre die Erde treffen. Ein solcher Einschlag verwüstete vor 14,6 Millionen Jahren eine Region im heutigen Süddeutschland, die heute „Nördlinger Ries“ heißt. Damals schlug ein Brocken mit rund einem Kilometer Durchmesser einen Krater. In Sekunden verdampften große Mengen Gestein und eine Glut- und Druckwelle mit Windgeschwindigkeiten von 600 Kilometern in der Stunde tötete im Umkreis von 100 Kilometern vermutlich alle Säugetiere und die meisten Pflanzen.

Auch verwüstete Meere könnten Folge solcher gewaltigen Einschläge sein. So rechneten Computermodelle aus, dass der Einschlag des Zehn-Kilometer-Meteoriten vor 66 Millionen Jahren nicht nur Lufttemperaturen, sondern auch Wassertemperaturen senkte. Die obersten Wasserschichten in den Meeren kühlten von 21 auf sechs Grad Celsius ab.

Das kältere Wasser sank und ließ das Tiefenwasser aufsteigen. Das transportierte Nährstoffe zur Oberfläche und löste eine gigantische Algenblüte aus, die das Leben im Meer in Mitleidenschaft zog.

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