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Die Vergabe von Medizin-Studienplätzen ist teilweise verfassungswidrig, sagt das Bundesverfassungsgericht.
© imago/Bernhard Classen

Folgen aus dem Medizin-NC-Urteil: „Taktisches Bewerben wird wegfallen“

Durch das Urteil zum Medizin-NC wird sich de facto nicht viel ändern, meint Hochschulexperte Cort-Denis Hachmeister. Zweier- oder Dreier-Abiturienten werden es aber weiterhin schwer haben.

Karlsruhe fordert, die Vergabe der Medizinstudienplätze teilweise zu ändern. Wie bewerten Sie das Urteil?

Es ist gut, dass nun Rechtssicherheit herrscht, die letzten Urteile sind bereits Jahrzehnte her. Die größte Änderung ist sicher, dass die Ortspräferenz fast völlig einkassiert worden ist. Künftig müssen alle Hochschulen prüfen, ob sie die Bewerber nehmen könnten. Das taktische Bewerben – wo bewerbe ich mich als erstes oder zweites, um die besten Chancen zu haben – wird dadurch wegfallen.

Glauben Sie, dass nun auch schwächere Abiturienten mit einer Zwei oder einer Drei vor dem Komma studieren können?

De Facto wird sich da nicht so viel ändern. Es gibt jetzt schon nur noch drei Hochschulen, die ausschließlich nach der Abiturnote auswählen. Die anderen ziehen weitere Kriterien heran, die Hälfte davon hat den Medizinertest eingeführt. Der ist im grünen Bereich, da er standardisiert ist. Die Abiturnote als zentrales Kriterium bleibt, muss aber ergänzt werden.

Gefordert wird, dass auch im Auswahlverfahren der Hochschulen die unterschiedlichen Länderabiture ausgeglichen werden müssen. Wie könnte das aussehen?

Ich könnte mir vorstellen, dass man eine Bonus- und Malus-Regelung macht. Bewerber aus Land X werden zwei Zehntel von der Abiturnote abgezogen, die aus Land Y bekommen ein entsprechendes Plus. Das wird aber nur zu geringen Veränderungen führen. Es bleibt zudem das Problem, dass auch Noten zwischen Schulen voneinander abweichen, trotz Zentralabitur.

Cort-Denis Hachmeister arbeitet beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und ist dort leitender Experte für Datenanalyse. Seine Schwerpunkte sind Studienwahl und Hochschulzugang.
Cort-Denis Hachmeister arbeitet beim Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) und ist dort leitender Experte für Datenanalyse. Seine Schwerpunkte sind Studienwahl und Hochschulzugang.
© CHE/Promo

Die Wartezeit, die bei 14 Semestern liegt, soll begrenzt werden. Was folgt daraus?

Ich hätte erwartet, dass die Wartezeitquote gestärkt wird: Schließlich gilt sie als das einzige Instrument, um schwächere Abiturienten sicher zu einem Platz zu verhelfen. Jetzt ist eher das Gegenteil der Fall. Leider gibt es keine Aussage, wo die Grenze liegen soll und wie das im Detail geregelt werden soll.

Ein großes Problem für Bewerber ist, dass die Auswahlverfahren der Hochschulen wenig überschaubar sind. Ändert sich das?

Eigentlich nicht. Die Länder müssen zwar strengere Vorgaben machen, welche Kriterien die Hochschulen verwenden. Aber wie die Unis das dann gewichten – darüber können sie immer noch selber entscheiden. Letztlich hat Karlsruhe auch gesagt: Gerechtigkeit bedeutet nicht, dass alle einen Platz bekommen müssen.

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