Studentische Gremien: „Studierendenvertreter bis zum Rentenalter“
Die Leitung der Humboldt-Universität hält Ämtertausch in der Studierendenvertretung für legal. FDP-Abgeordneter fordert eine Reform.
Herrscht in den studentischen Gremien der Humboldt-Universität (HU) Ämtergeschacher und Intransparenz? Studierende der HU-Zeitschrift „Unaufgefordert“ hatten im November in einer Recherche, die auch der Tagesspiegel veröffentlichte (hier zu dem Artikel), auf Ungereimtheiten hingewiesen. So hätten die Amtsinhaber offenbar kein Interesse, öffentlich nachvollziehbar zu machen, wer welches Amt bekleidet und dafür eine Aufwandsentschädigung bekommt. Auch würden Referenten im ReferentInnenrat (also dem Asta der HU) die vorgesehene Amtszeitsbegrenzung auf zwei Jahre durch Tricks umgehen.
Der Berliner FDP-Abgeordnete Marcel Luthe befragte in einer kleinen Anfrage daraufhin den Berliner Senat zur studentischen Selbstverwaltung der HU, der seinerseits die Unileitung um eine Stellungnahme bat. Die Antworten, die Luthe jetzt von der HU und von Steffen Krach, dem Staatssekretär für Wissenschaft bekam, befriedigen ihn jedoch nicht: „Die Unileitung müsste die studentischen Gremien ständig prüfen, aber sie lässt sie unkontrolliert machen.“ Die Hochschulleitung hat die Rechtsaufsicht über die Studierendenschaft. Die Rechtsaufsicht über die Hochschulleitung hat der Wissenschaftssenator, also Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller. Ihm wirft Luthe vor, gegen die Versäumnisse der Hochschulleitung nicht vorgegangen zu sein.
Überrascht ist Luthe von der Rechtsauffassung der HU bei der Amtzeitsbegrenzung für Studierendenvertreter: „Die Amtszeit der RefRat-Mitglieder beträgt ein Jahr. Wiederwahl ist nur einmal möglich“, heißt es in der Satzung der Studierendenschaft. Der Senat teilt mit, die HU interpretiere dies so, dass jede Referentin oder jeder Referent pro Unterreferat nur zwei Jahre amtieren dürfe: „Der Wechsel in ein anderes Referat wird hierdurch nicht ausgeschlossen.“
Die Studierendenvertretung werde zu einem "zahnlosen Tiger"
„Nach dieser Rechtsauffassung wäre es möglich, bis zum Rentenalter in der Studierendenvertretung tätig zu sein“, sagt Luthe. Das Engagement anderer Studierender werde damit behindert, die Studierendenvertretung werde „zu einem zahnlosen Tiger“. Dass Studierendenvertreter ein Interesse an langen Amtszeiten haben, erstaunt Luthe hingegen nicht: Die Aufwandsentschädigung bis zum Bafög-Höchstsatz von 735 Euro, die steuerfrei bezogen wird, sei für jeden anderen Studierenden „nur schwer zu erreichen“.
Der Haushaltsplan der Studierendenschaft muss nach dem Berliner Hochschulgesetz von der Uni-Leitung genehmigt werden und von einem Rechnungsprüfer und dem Berliner Rechnungshof geprüft werden. Luthes Frage, in welchen Abständen geprüft wird, lässt der Senat jedoch unbeantwortet.
Offenbar beobachtet die HU-Leitung die studentische Selbstverwaltung aber nicht genau. Denn Luthes Frage, welche Veranstaltungen die Studierendenvertreter in den Jahren 2015, 2016 und 2017 durchgeführt haben und ob es sich dabei um ausschließlich hochschulpolitische Veranstaltungen gehandelt hat, kann die HU nicht beantworten. Dabei müsste sie feststellen, ob die Studierendenschaft sich wirklich nur hochschulpolitisch äußert. Da alle Berliner Studierenden zwangsweise der verfassten Studierendenschaft angehören, sind allgemeinpolitische Aktivitäten nicht erlaubt. Die Leitung der HU will nun „rechtsaufsichtliche Schritte“ einleiten, „um die entsprechenden Informationen zu erhalten“, heißt es in der Anfrage. Luthe fordert eine Reform der studentischen Selbstverwaltung.