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Heile Welt. Ein Modell des EDM-Landemoduls "Schiaparelli". Die reale Sonde ist hart aufgeschlagen.
© REUTERS

Mission ExoMars: Softwarefehler brachte "Schiaparelli" zu Fall - nun muss es weitergehen

Die Ursache des Absturzes scheint gefunden zu sein. Die Technik muss nun verbessert werden - wie auch die Kommunikation der Esa. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Ralf Nestler

Schwierige Zeiten für die europäische Raumfahrtagentur Esa. In der vergangenen Woche sollte es endlich gelingen, eine unbemannte Sonde einigermaßen sanft auf dem Mars abzusetzen und mit ihr zu kommunizieren. Es war nicht der erste Versuch – und er ging wieder schief. Der Fallschirm wurde zu früh abgetrennt, die Bremsraketen feuerten zu kurz. Mit rund 300 Kilometern pro Stunde, vielleicht auch mehr, krachte der „Landedemonstrator EDM (Schiaparelli)“ auf den Mars. Ein Haufen Schrott, der später auch von einer Nasa-Sonde aufgespürt wurde.

Auf der Suche nach Lebensspuren

Welch eine Ironie. Die US-Raumfahrtagentur hat etliche Forschungsgeräte auf dem Roten Planeten abgesetzt, angefangen von den „Viking“-Sonden in den Siebzigern bis hin zu „Curiosity“, einem Roboter vom Format eines Kleinwagens, der 2012 mit einer atemberaubenden Landestrategie heil zu Boden gebracht wurde. Keiner anderen Raumfahrtnation ist das bisher gelungen. Nun wollten Europa und Russland mit der „ExoMars“-Mission zeigen, dass sie das auch schaffen. Mehr noch, der EDM war als Generalprobe für den ExoMars-Rover gedacht, der 2020 zum Mars fliegen soll. Ausgestattet mit einem Bohrer soll er Proben aus dem Untergrund gewinnen und diese auf Spuren von Leben untersuchen.

Ob der Rover gebaut und losgeschickt wird, ist wieder einmal offen. Rund 300 Millionen Euro fehlen noch für die Mission, der bereits in der Planung etliche Rückschläge widerfahren waren. Anfang Dezember sollen die für Raumfahrt zuständigen Minister der Esa-Mitgliedsstaaten über die Schwerpunkte der näheren Zukunft entscheiden. Eine glückliche Landung hätte dem Mars-Projekt den nötigen Schwung gegeben. Und nun?

Freier Fall aus mindestens zwei Kilometern Höhe

Zunächst: Die Bruchlandung scheint auf ein eher kleines Problem zurückzuführen zu sein, wie sich mittlerweile abzeichnet. Wahrscheinlich hat die Kommunikation zwischen der Software eines Radar-Höhensensors und der allgemeinen Navigationssoftware nicht funktioniert. Das EDM wähnte sich schon am Boden und schaltete die Bremsraketen aus. Dabei waren es noch mindestens zwei Kilometer, die dann im freien Fall absolviert wurden.

Die Absturzstelle des Landers aus dem Mars.
Die Absturzstelle des Landers aus dem Mars.
© dpa/NASA/JPL-Caltech/MSSS

Ein Software-Problem lässt sich leichter ausbügeln als eine echte Fehlkonstruktion. Insofern war das EDM bis zum Crash auch keine Schrottkiste. Das sieht man daran, dass die ersten Etappen des heißen Ritts durch die Atmosphäre gelangen. Die Ingenieure haben davon viele Daten erhalten, die ihnen helfen, künftige Lander zu verbessern.

Der Esa-Chef erklärt die Mission zum 96-prozentigen Erfolg

Und doch ist das nur ein schwacher Trost, wenn man sich vor Augen führt, was geplant und erwartet war. Auch von den Verantwortlichen der Esa. Sich dann hinzustellen und den Absturz kleinzureden, ist gelinde gesagt schlechter Stil. So macht der Esa-Generaldirektor Johann-Dietrich Wörner in seinem Blog folgende Rechnung auf: Der Lander EDM war nur zu 20 Prozent wichtig, 80 Prozent entfallen auf den „methanschnüffelnden“ Orbiter TGO, der erfolgreich um den Planeten kreist. Und weil EDM wiederum 80 Prozent der gewünschten Daten geliefert hat, ergibt das die Gleichung 80 + 20 mal 0,8 = 96 Prozent. „Ein sehr positives Ergebnis“, wie Wörner schreibt.

Für einen bemannten Flug zum Mars, von dem auch bei der Esa geträumt wird, wäre eine zu 80 Prozent erfolgreiche Landung nichts anderes als eine Katastrophe.

Nun war das jetzt nur ein unbemannter Flug, da gelten andere Sicherheitsanforderungen, die das Ganze billiger machen. Die größere Wahrscheinlichkeit von Fehlschlägen wird dabei in Kauf genommen. Das ist in Ordnung. Aber wenn es einen gibt, sollte der auch klar benannt werden. Nur so bleibt man glaubwürdig und erhält das Interesse der Bürger, die schließlich mit ihrem Steuergeld die Esa finanzieren (die andererseits auf Initiative Wörners hin extra einen Bürgerdialog gestartet hat, um die Bedürfnisse der Bevölkerung in puncto Raumfahrt zu ermitteln).

Der Mars bleibt ein lohnendes Ziel

Der Absturz hat einmal mehr gezeigt, dass es nicht trivial ist, auf dem Mars zu landen. Hochfliegende Pläne, etwa von Elon Musk, der 2025 Astronauten dorthin bringen will, sind jetzt umso kritischer zu prüfen. Ein lohnendes Ziel bleibt der Planet aber allemal, wenn auch zunächst nur für Roboter. Die Vorstellung, dort Spuren von Leben zu finden – und seien es nur Reste aus Urzeiten – ist atemberaubend. Es würde unsere Sicht auf das All, die Erde und uns selbst grundlegend ändern.

Allein der Versuch ist es wert. Mit dem zweiten Teil der ExoMars-Mission könnten wir bald Klarheit haben. Es wäre unklug, das Vorhaben jetzt abzubrechen.

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