Bund-Länder-Vertrag zur Künstlichen Intelligenz: So sieht die Zukunft der deutschen KI-Zentren aus
Bund und Länder fördern die KI-Kompetenzzentren nun dauerhaft. Das gibt Planungssicherheit – und bessere Bedingungen für Spitzenforscher aus dem Ausland.
Zwei wegweisende Entscheidungen zur Künstlichen Intelligenz (KI) in Forschung und Bildung hat die Gemeinsame Wissenschaftskonferenz (GWK) von Bund und Ländern am Freitag getroffen: Neben dem Programm zu KI in der Hochschulbildung wurde ein Vertrag zwischen dem Bund und den Ländern Berlin, Sachsen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern zur Zukunft der KI-Kompetenzzentren vereinbart.
Es gibt fünf solcher Forschungs- und Anwendungshubs für Maschinelles Lernen in der Bundesrepublik: in Berlin, am Standort Dresden/Leipzig, in Rhein-Ruhr, Tübingen und München.
In einer Verwaltungsvereinbarung, über die der Tagesspiegel Background Digitalisierung & KI vorab berichtete, haben sich das Bundesforschungsministerium (BMBF) und die Sitzländer auf die künftige gemeinsame Finanzierung der Zentren geeinigt.
Damit bekommen die Zentren, an denen sowohl Zusammenschlüsse aus Hochschulen als auch außeruniversitäre Forschungseinrichtungen beteiligt sein können, die notwendige Planungs- und Finanzierungssicherheit, um Top-Forscherinnen und -forscher im Bereich der datengetriebenen KI anzulocken, langfristige und strategische Entwicklungspläne umzusetzen, Profilschärfungen vorzunehmen und die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses in der Breite voranzutreiben.
Bisherige Projektförderung wird verstetigt
Bisher haben die Zentren, die in den Jahren seit 2014 Jahren gegründet wurden, nur Projektförderung vom Bund und den Ländern erhalten. Die langfristige Perspektive fehlte demnach. Zusammen mit dem Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz (DFKI) sollen sie jedoch langfristig die institutionelle Basis für die KI-Forschung in Deutschland bilden.
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Die Zentren sollen sich darüber hinaus international noch stärker vernetzen. „Mit den KI-Kompetenzzentren soll auch die internationale Strahlkraft der deutschen KI-Forschung gestärkt und ein Beitrag zur europäischen Vernetzung geleistet werden, sodass ,KI made in Europe' als Markenzeichen für eine exzellente und vertrauenswürdige KI etabliert und die KI-Forschung in Europa strukturell ausgebaut wird“, heißt es im Vorwort der Vereinbarung.
Diese gilt ab 1. Januar 2022. Ab dann sollen der Bund und das jeweilige Sitzland ein Zentrum mit einem Schlüssel von 50:50 finanzieren, der Bund will insgesamt bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr in die Zentren stecken. „Der Bund veranschlagt in diesem Rahmen für ein Kompetenzzentrum zwischen 7,5 und 12,5 Mio. Euro jährlich (Höchstbetrag)“, heißt es wörtlich.
Orientieren will sich der Bund an den bisherigen Summen, die er im Rahmen der Projektförderung an die Zentren überweist. Die gleiche Summe würde dann nochmal von den Ländern dazukommen. Die Laufzeit der Vereinbarung ist nicht beschränkt, wenn auch regelmäßige Evaluationen (alle sieben Jahre) vorgesehen sind.
Jeweils eine koordinierende Hochschule pro Zentrum soll das Geld für das gesamte Zentrum jährlich beantragen und an die beteiligten weiteren Akteure im Verbund weiterleiten. Dafür werden entsprechende Vereinbarungen aufgelegt.
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Die wissenschaftliche Begutachtung der Zentren sowie eine Wirtschaftlichkeitsprüfung soll 2021 erfolgen, an das positive Ergebnis ist der Beginn der Förderung 2022 gebunden. Dazu soll ein bis zu 20-köpfiges Expertengremium einberufen werden. Die Kosten für die Begutachtung soll der Bund übernehmen. Ebenfalls soll für die Zeit danach ein „Koordinierungsgremium KI-Kompetenzzentren“ eingesetzt werden, das „Fragen der übergreifenden Governance“ berät sowie ein „wissenschaftliches Gremium“, das sich mit der fachlichen Ausrichtung befasst, in dem dann auch ein Vertreter des DFKI sitzen soll.
Chance auf weitere KI-Professuren
Der Vereinbarung ist auch deshalb von großer Bedeutung, weil über die nun verstetigte Förderung der Zentren eine große Zahl von KI-Professuren finanziert werden soll. Der Bund hat in seiner KI-Strategie von 2018 festgelegt, 100 neue Professuren mit Bundesmitteln zu schaffen.
Bisher sind allerdings nur zwei Humboldt-Professuren vergeben und einige über laufende Programme des Bundes mehr oder minder als Beifang geschaffen worden. Insgesamt 30 der Hundert sollten an den Kompetenzzentren entstehen.
Konkurrenzfähige Gehälter fürs DFKI - und für die Zentren?
Bund und Länder arbeiten zeitgleich noch an einer weiteren Vereinbarung für einen zukunftsfähigen KI-Forschungsstandort. Dabei geht es zunächst um die Gehaltsstrukturen am DFKI. Was für die großen Forschungsgemeinschaften wie Fraunhofer, Max Planck, Leibniz und Helmholtz schon seit Einführung des Wissenschaftsfreiheitsgesetzes (WissFG) im Jahr 2012 gilt, soll nun auch dem DFKI zu Gute kommen.
Sie sind vom so genannten Besserstellungsverbot befreit, nach dem Forscherinnen und Forscher eigentlich nur ein Gehalt vergleichbar mit dem eines Bundesbeamten bekommen dürfen. Obwohl sie zum Großteil mit öffentlichen Geldern forschen, können die Institute die Gehälter aufstocken, um so auch die hart umkämpften Spitzenforscher anzulocken.
Seit Juni verhandeln Vertretern des BMBF und der Sitzländer Rheinland-Pfalz, Bremen und Saarland über die Details und sollen bis Ende des Jahres konkrete Vorschläge ausarbeiten, wie gleiche Bedingungen für das DFKI hergestellt werden können. Ähnliche Ausnahmeregelungen wären perspektivisch auch für die Kompetenzzentren denkbar, um auch dort konkurrenzfähige Vergütungsstrukturen für KI-Expertinnen und Experten zu schaffen.