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Schlafen ist gesund. Ganz besonders gilt das für kleine Kinder wie diese neugeborenen Zwillinge.
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Nachteulen und Frühaufsteher: So schläft die Welt

Asiaten schlafen am wenigsten, die Niederländer am meisten: Mithilfe einer App haben Wissenschaftler die Schlummergewohnheiten auf der Welt ermittelt

Es ist wieder einmal spät geworden, eigentlich wollte man ja schon längst im Bett liegen. Dummerweise führt am nächsten Morgen kein Weg am frühen Aufstehen vorbei. Also kommt der Schlaf wieder einmal zu kurz. In der modernen Welt schießen solche Gedanken zwischen Nordamerika, Europa und Japan offensichtlich sehr vielen Menschen durch den Kopf. Das zeigen Forscher von der Universität Michigan in Ann Arbor im Fachblatt „Science Advances“.

Die Mathematiker haben 2014 eine kostenlose App namens „Entrain“ auf den Markt gebracht. Sie soll den Reisenden helfen, sich an neue Zeitzonen anzupassen. Wer die Tipps aus dem Smartphone nutzen will, muss die App erst mit ein paar Daten füttern. Geschlecht und Alter sind zum Beispiel wichtig, weil diese Faktoren die Schlafgewohnheiten deutlich beeinflussen. Aus den Daten ermittelt Entrain Hinweise, wie man die Zeit nach der Ankunft in einer neuen Zeitzone verbringen sollte, um einem Jetlag so gut wie möglich aus dem Weg zu gehen. Die App fragt den Nutzer auch, ob sie Angaben den Mathematikern in Michigan übermitteln dürfe. Bereits im ersten Jahr sendeten 8070 Geräte neben einem „ja“ auch diese eingegebenen Daten. Damit hatten die US-Forscher reichlich Datenmaterial, um die Schlafgewohnheiten auf dem Globus zu ermitteln.

Niederländer schlafen am längsten

Zentrale Erkenntnis aus den App-Daten: Kulturelle und soziale Einflüsse können die biologische Uhr des Körpers und seinen Schlaf-und Wach-Rhythmus außer Kraft setzen. Das wissen Schichtarbeiter schon lange. Allerdings wollten die US-Forscher mit ihrer Studie auch nur zeigen, dass über das Internet und solche Apps die nicht-biologischen Komponenten untersucht werden können, die den Schlaf beeinflussen.

Am wenigsten schlafen nach den App-Daten die Menschen in den als emsig geltenden Ländern Japan und Singapur mit durchschnittlich sieben Stunden und 24 Minuten. In den Niederlanden gehen es die Menschen gemütlicher an und gönnen sich mit acht Stunden und zwölf Minuten den längsten Schlaf in den untersuchten Ländern.

Männer schlafen nach den App-Daten im Durchschnitt rund eine halbe Stunde weniger als Frauen. Abgeknapst wird die Schlummerzeit abends, wenn man seinen Drang in Richtung Schlafzimmer ignoriert. Wer später ins Bett geht, bekommt auch weniger Schlaf, weil sich die Zeit zum Aufstehen oft kaum verschieben lässt. Schließlich sollte man am Morgen zu einer bestimmten Zeit bei seiner Arbeit aufkreuzen, vielleicht müssen die Kinder zur Schule oder in den Kindergarten gebracht werden. Quer durch die westlichen Länder ändert sich daher an den Aufstehzeiten nicht viel, die Unterschiede zeigen sich vor allem am Abend.

Viel an der frischen Luft, längerer Schlaf

Auch der Tageslauf spielt eine wichtige Rolle. Wer tagsüber einige Zeit im Freien unterwegs ist, geht abends früher ins Bett und bekommt so auch mehr Schlaf als derjenige, der seinen Tag in düsteren Büroräumen fernab jeder Sonnenstrahlen verbringt, zeigen die Forscher.

Dieses Mehr an Schlaf könnte wichtig sein. „Die geistigen Fähigkeiten und die Dauer des Schlafes sind anscheinend miteinander verknüpft“, sagt der Schlafforscher Jan Born von der Uni Tübingen. Für diesen Zusammenhang gibt es sogar bei relativ einfachen Tieren Hinweise. So schlafen selbst millimeterlange Fadenwürmer ab und zu. Aber nur, wenn sie etwas Neues erleben und dabei etwas lernen. Die Taufliege Drosophila kennt genau wie wir Menschen Langschläfer und Kurzschläfer. Die Fliegen mit weniger Schlafbedürfnis sind offenbar geistig weniger rege als ihre Artgenossen, die es gemütlicher angehen lassen.

Neugeborene Babys lernen nicht nur viel Neues, sondern schlafen auch viel. Werden die Kinder älter, lernen sie zwar immer noch eifrig, aber im Verhältnis weniger. Gleichzeitig sinkt auch ihr Schlafbedarf. Je älter man wird, umso mehr kann man sich auf seine gesammelten Erfahrungen stützen und muss weniger Neues lernen. Prompt schläft man im Alter weniger, stellten die Forscher fest. Bisher sind das alles nur Zusammenhänge. Vielleicht können weitere Studien mithilfe des Internets noch mehr Klarheit bringen.

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