Pegida in Sachsen: „Schule allein löst nicht alle Probleme“
Sachsens Schulministerin Brunhild Kurth (CDU), die am Mittwoch ihr Amt als Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) antritt, will auf Pegida nicht mit mehr Politikunterricht reagieren
Was können wir von Pisa-Sieger Sachsen lernen? „Diese Frage werde ich nicht beantworten“, stellte Sachsens Schulministerin Brunhild Kurth unlängst gegenüber Journalisten klar. Vergleiche zwischen sehr unterschiedlich geprägten Schulsystemen findet Kurth, die heute Präsidentin der Kultusministerkonferenz (KMK) wird, plump. Dass ihre Zurückhaltung klug ist, zeigten kürzlich Mahnungen einer Bertelsmann-Studie, Sachsens Schule mangle es an Gerechtigkeit.
Vor allem aber scheint der niedrige Anteil von Schülern mit bildungsfernem Migrationshintergrund, der Sachsen die Pisa-Erfolge erleichtert hat, dem Land nun in Form von Pegida auf die Füße zu fallen. Sachsen hatten kaum Chancen, den Alltag mit Migranten zu erfahren und sind besonders ablehnend eingestellt. Nun muss der Pisa-Sieger sich fragen lassen, ob die Stundentafel in Demokratie ausgeweitet werden sollte. Gregor Gysi hat die sächsische CDU an ihre langjährige Verantwortung für Bildungsfragen erinnert. Sie müsse „dringend überlegen, was sie versäumt hat“.
Kurth kann Versäumnisse nicht erkennen. Politische Bildung und eine gelebte demokratische Kultur im Schulalltag seien für die Demokratieerziehung wichtig, teilt sie auf Anfrage mit: „Aber der Anteil der gesellschaftswissenschaftlichen Unterrichtsfächer ist in Sachsen nicht geringer als anderswo. Klar ist auch, dass Schule allein gesellschaftliche Probleme nicht lösen kann.“
Kurth kennt sich aus mit Sachsen und mit Schule. In der DDR war sie Lehrerin für Biologie und Chemie in ihrem Heimatort Burgstädt. Nach der Wende leitete sie dort das Gymnasium und arbeitete an verschiedenen Positionen in der Schulverwaltung. Zur Kultusministerin wurde die damals noch parteilose Kurth, die inzwischen zur CDU gehört, nachdem ihr Vorgänger Roland Wöller (CDU) im Jahr 2012 im Streit mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich um zusätzliche Lehrerstellen zurückgetreten war.
Eine neue Präsidentin an der Spitze der KMK weckt keine großen Erwartungen. Schließlich besetzen die Länder das Amt nicht in einer spannenden Kampfabstimmung zwischen ihren Ministern, sondern turnusgemäß und nur für ein Jahr. Niemand erwartet, dass die KMK durchschlagende Kraft entfaltet. Beschlüsse lassen den Ländern große Spielräume.
Eben darin, dass Sachsen sich selbst treu bleiben kann und nicht fremdbestimmt Schulreformen umsetzen muss, sieht Kurth den Vorteil des Föderalismus. Die von Familien eingeforderte Möglichkeit zur Mobilität will sie verbessern, indem die Bildungsstandards flächendeckend in der Schule gelebt werden sollen. Ein Zentralabitur ist schon wegen des komplizierten Feriensystems eine Illusion. Aber Abiturienten aus sechs und bald aus acht Ländern lösen schon Aufgaben aus einem zentralen Pool. Die KMK hat sich anderthalb Jahrzehnte nach dem Pisa- Schock entschlossen, die großen Bildungsstudien fortzusetzen und will sich nun daran machen, daraus Konsequenzen für den Unterricht abzuleiten. Die Mühlen der KMK mahlen langsam. Kurth wird daran nichts ändern.