Coronavirus breitet sich in Brasilien aus: Scharfe Kritik an Bolsonaro wegen Verharmlosung der Covid-19-Krise
Die Coronavirus-Pandemie breitet sich auch in Brasilien aus. Präsident Bolsonaro versucht zu beschwichtigen und wird auch von Anhängern kritisiert.
Auch in Brasilien verschärft sich die Coronavirus-Pandemie. Während sich viele Brasilianerinnen und Brasilianer dem Ernst der Lage bewusst sind, erzeugen die widersprüchlichen und zum Teil unverantwortlichen Reaktionen von Präsident Jair Bolsonaro heftige Kontroversen.
Zwar versucht Bolsonaro inzwischen das Ruder herumzureißen - doch in den sozialen Netzwerken ist die Kritik groß, es gibt Demonstrationen gegen ihn. Sogar bei einigen seiner Anhänger hat er an Popularität verloren.
In Brasilien gibt es - Stand Sonntag - 1078 registrierte Fälle von Coronavirusinfektionen und 18 Todesfälle. Im Vergleich zu anderen Ländern wie Deutschland scheint die Zahl immer noch geringer zu sein, aber wie in der übrigen Welt hat sich das Virus auch in Brasilien schnell verbreitet.
Nur Menschen in ernstem Zustand werden getestet
Am 20. Tag nach der Entdeckung der ersten Infizierten gab es in Brasilien 291 positive Diagnosen. In Italien gab es in den ersten 20 Tagen der Epidemie drei registrierte Fälle.
Das brasilianische Gesundheitssystem testet zudem nur Menschen, die sich in einem ernsten Zustand befinden und verstößt damit gegen die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Massentests durchzuführen, um die Infizierten sofort zu identifizieren und zu isolieren.
Inzwischen beginnen viele Brasilianerinnen und Brasilianer den Ernst der Lage zu verstehen. Bands haben Auftritte abgesagt und spielen online. Die Aufnahmen der populären Telenovelas des größten brasilianischen Fernsehsenders Rede Globo wurden ausgesetzt.
Viele brasilianische Bundesstaaten haben Schulen, Universitäten, Einkaufszentren und andere Einrichtungen geschlossen.
Bolsonaro nennt Reaktionen auf die Pandemie "Hysterie"
Die meisten der restriktiven Maßnahmen wurden auf Anordnung der Gouverneure der Bundesstaaten ergriffen. Präsident Jair Bolsonaro kritisierte die Gouverneure dafür. Er verharmloste Covid-19, indem er Worte wie „Phantasie“ und „Hysterie“ benutzte, wenn er auf die Krankheit hinwies - und sagte sogar, dass „es keine Krise gibt“.
Erst in den vergangenen Tagen, vielleicht zu spät, änderte Bolsonaro seinen Umgang mit der Pandemie. Er rief zur „Einheit“ auf, um das Problem anzugehen. Die Bundesregierung beginnt, ihre Maßnahmen zu verschärfen. Jetzt werden sogar Gefängnisse für diejenigen eingerichtet, die sich nicht an die Quarantäne oder andere medizinische Empfehlungen halten.
Die Widersprüche bleiben nicht unbemerkt
Dennoch: Die Widersprüche in Bolsonaros Handeln blieben in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen in dieser Woche wurde landesweit gegen ihn demonstriert. In Brasilia, Salvador, Rio de Janeiro, São Paulo, Fortaleza, Belo Horizonte, Recife und anderen Städten riefen viele aus ihren Häusern heraus „Bolsonaro Raus“ und machten mit Töpfen und Löffeln Lärm gegen ihn.
Es war das erste Mal, dass Bolsonaro Ziel einer Demonstration mit Töpfen war - eine Form des Protests, die während des Amtsenthebungsverfahrens gegen die ehemalige Präsidentin Dilma Rousseff populär wurde. Insgesamt ist wahrzunehmen, dass sich erstmals auch diejenigen von ihm abwenden, die in bisher unterstützten.
Spott auch von den eigenen Anhängern
Spott brachte Bolsonaro eine Pressekonferenz am Mittwoch ein. Nachdem er zunächst den Medien vorgeworfen hatte, die Krankheit aufzubauschen, trat er nun mit Atemmaske vor die Kameras, genauso wie acht seiner Minister. Der Präsident erklärte, er trage die Schutzausrüstung, weil bei zwei brasilianischen Ministern die Krankheit diagnostiziert wurde.
Die Maske baumelte allerdings eine Zeitlang von einem Ohr herunter. Und obwohl er Covid-19 nun besondere Aufmerksamkeit widmen wolle, wiederholte Bolsonaro dennoch, es gebe keinen Grund zur Hysterie.
„Wir hatten in der Vergangenheit schon ernsthaftere Probleme, die nicht diese Aufregung oder dieses Echo in den brasilianischen Medien hatten“, sagte Bolsonaro. „Es ist ernst, es ist beunruhigend, aber es gibt keinen Grund zur nationalen Aufregung.“
Zuvor hatte sich Bolsonaro bereits selber auf das Coronavirus testen lassen müssen, weil die Gefahr einer Infektion bestand. Doch obwohl ihm seine Ärzte zur Isolation geraten hatte, trat er vor seine Anhänger und begrüßte Teilnehmer eine Demonstration für seine Regierung und gegen den brasilianischen Nationalkongress und den Obersten Bundesgerichtshof. Am Dienstag wurde ein zweites Testergebnis von Bolsonaro veröffentlicht: Es war negativ.
Der Sohn Bolsonaros beleidigt China
Empörung lösten die Beleidigungen aus, die Bolsonaros Sohn Eduardo gegen China richtete, das der größte Handelspartner Brasiliens ist.
Auf Twitter schrieb der Präsidentensohn, der auch Kongressabgeordneter ist, dass die Coronavirus-Pandemie in der Verantwortung der Kommunistischen Partei Chinas liege.
Die Antwort kam ebenfalls auf Twitter: Die chinesische Botschaft sagte, dass Bolsonaro Junior mit einem „psychischen Virus“ infiziert sei. Der chinesische Botschafter in Brasilien, Yang Wanming, bat Eduardo zudem, „seinen Kommentar sofort zurückzuziehen“ und sich beim chinesischen Volk zu entschuldigen.
Die Autorin ist Stipendiatin des Internationalen Journalisten-Programms (IJP)
Ana Paula Lisboa
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