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Cassini schickte 13 Jahre lang Detailaufnahmen der Saturnringe, der zerfurchten Oberfläche des Titan und der Geysire auf Enceladus.
© AFP/NASA
Update

Ende der Nasa-Mission: Raumsonde "Cassini" in Saturnatmosphäre verglüht

Die Mission von "Cassini" ist beendet: Die Nasa hat die Sonde planmäßig auf den Saturn stürzen lassen. 13 Jahre hatte "Cassini" den Gasplaneten und seine Monde erforscht.

Ob es wohl Erdnüsse gegeben hat am heutigen Freitag im Jet Propulsion Laboratory im kalifornischen Pasadena? Die „Lucky Peanuts“ sind seit 1964 eine Tradition bei kritischen Phasen in dem Kontrollzentrum, das für die Saturn-Sonde „Cassini“ verantwortlich ist.

Sie sollten Glück bringen für das „Grand Finale“ am Freitagnachmittag, die letzte Phase einer der erfolgreichsten Raumfahrtmissionen der vergangenen Jahrzehnte. 13 Jahren kreiste „Cassini“ um den Saturn. Gestartet 1997, kam sie 2004 bei dem Ringplaneten an, flog mehrere hundert Mal dicht über den Gasriesen, seinen größten Mond Titan und den Eismond Enceladus und schickte unzählige Daten zur Erde.

Nun hat die amerikanische Weltraumbehörde Nasa den fleißigen Beobachter von der Erde in der Atmosphäre des Saturn verglühen lassen. Das letzte Signal kam um 13.55 Uhr bei den Forschern an, 83 Minuten nachdem Cassini es losgeschickt hatte.

Den Grund für ihr Ende hat die Raumsonde selbst geliefert.

Cassini fand Hinweise auf Wasser auf Enceladus. Wasser ist die Grundlage allen Lebens, wie wir es kennen. Der Mond, der von Eis bedeckt aussieht wie eine weiße Billardkugel, ist durchzogen von Rissen, aus denen Eiskristalle ins Weltall sprühen. Diese Art Geysire lassen auf einen ausgedehnten unterirdischen Ozean schließen.

Auch auf Titan gibt es Hinweise auf solche Wasservorkommen. Er hat nicht nur Vulkane, die statt Lava Eis und Matsch speien, wie Cassinis Bilder zeigen. Titan ist auch der einzige Mond in unserem Sonnensystem, der eine Atmosphäre (hauptsächlich aus Stickstoff) besitzt und auch einige Stoffe, wie sie in Lebewesen auf der Erde vorkommen.

Theoretisch wäre dort also primitives Leben möglich. In der eisigen Welt, die zehn Mal so weit weg ist von der Sonne wie die Erde, herrschen Temperaturen von minus 180 Grad Celsius. Auf Enceladus sind es sogar minus 240 Grad.

Die Sonde besiegelte ihr eigenes Schicksal

Der Titan ist für die Forscher vor allem deshalb so interessant, weil dort Bedingungen herrschen, denen vermutlich auch die junge Erde ausgesetzt war. Wissenschaftler könnten aus seiner näheren Untersuchung Rückschlüsse auf die Entstehung des Lebens auf unserem Planeten ziehen, heißt es bei der Nasa.

Diese bemerkenswerten Erkenntnisse, die Cassini erst möglich machte, besiegelten allerdings das Schicksal der Sonde. Denn sobald ihr Treibstoff aufgebraucht ist, wird sie manövrierunfähig. Sie könnte auf Enceladus oder Titan stürzen und die Monde mit Bakteriensporen von der Erde kontaminieren, die auf Cassini möglicherweise überlebten.

Um dieses Risiko zu umgehen, werden die Nasa-Forscher die Sonde nun vorsichtshalber verglühen lassen – nach zwei Dekaden Forschung. Aber nicht ohne kurz vor dem Ende noch alles aus der Raumsonde herauszuholen. Seit fünf Monaten taucht Cassini immer wieder in die etwa 2000 Kilometer große Spalte zwischen Saturn und seinen Ringen ein. Eben dort, wo zuvor noch keine andere Raumsonde war.

„Cassini hat alles neu definiert, was wir über diesen Planeten und seine Monde wissen“, sagt Michael Khan, Missionsplaner bei der Europäischen Raumfahrtorganisation (Esa) und zuständig für die Raumsonde „Huygens“, die mit Cassini ins äußere Sonnensystem reiste. Über dem Titan ausgeklinkt, flog sie durch seine Atmosphäre, um mehr Erkenntnisse über ihre Zusammensetzung zu erlangen.

Auf dieser Aufnahme vom 19. Juli 2013 sind die Saturnringe zusammen mit der Erde zu sehen. Unser Heimatplanet ist der helle Klecks.
Auf dieser Aufnahme sind die Saturnringe zusammen mit der Erde zu sehen. Unser Heimatplanet ist der helle Klecks.
© AFP/NASA

Insgesamt haben drei Raumfahrtorganisationen an dem milliardenschweren Projekt mitgewirkt – die Nasa, die Esa und die italienische Asi. Es war die erste Mission, die Saturn für so lange Zeit umkreiste. Cassini lieferte Detailaufnahmen der Ringe und des seit vielen Jahrzehnten, vielleicht sogar Jahrhunderten wütenden Sturms am Nordpol und studierte die Umlaufbahn des Planeten. Andere Sonden wie „Pioneer II“ und „Voyager 1“ und 2 lieferten in der Vergangenheit zwar auch Daten, allerdings nur von kurzen Zeitabschnitten im Vorbeifliegen.

Bei der Untersuchung des Titan – der mit 5150 Kilometern Durchmesser größer ist als unser Mond – fand die Sonde außerdem Flüsse und Seen, gefüllt mit Methan. Zudem gibt es dort Regen und Jahreszeiten. Kaum eine andere Welt im Sonnensystem ist der Erde so ähnlich.

Als nächstes soll der Jupitermond Europa erforscht werden

Zu Hilfe kam der Sonde bei ihren Beobachtungen der Jahreszeitenwechsel. Als Cassini 2004 bei dem mehr als eine Milliarde Kilometer entfernten Planeten ankam, endete gerade der Winter in der nördlichen Hemisphäre und mit den Jahren beleuchtete die Sonne den Nordpol und die beiden Monde.

Mit dem Ende der Mission hat Cassini etwa ein halbes Saturnjahr dokumentiert. Eine Umrundung der Sonne dauert bei dem Planeten 29 Jahre, jede der vier Jahreszeiten etwa sieben Jahre.

Welche Missionen nun auf Cassini folgen sollen, ist unklar. Es gibt Überlegungen, einen Ballon über die Oberfläche des Titans gleiten zu lassen, um diese besser zu kartieren. Doch da solche Missionen Milliarden kosten, die in der derzeitigen politischen Situation in den USA schwer finanzierbar sind, bleibt dies vorerst eine Wunschvorstellung.

In Planung ist jedoch eine Mission zum Jupitermond Europa, auf dem ähnliche Bedingungen wie auf Titan und Enceladus vermutet werden. Viele Erfahrungen aus der Cassini-Mission sollen in die Vorbereitungen mit einfließen. Anfang der 2020er Jahre soll es losgehen. Da ist Cassini längst Weltraumstaub.

Als der Kontakt mit Cassini um kurz vor 14 Uhr abbrach, war die Sonde 1500 Kilometer über den Wolken des Saturns. Die Nasa zeichnet ein Bild der finalen Momente: Die Sonde kommt ins Trudeln, erst ein bisschen, dann dreht sie sich rasend schnell.

Teile brechen ab, die Außenhülle beginnt zu glühen. Wenn Cassini die Wolkendecke erreicht, verbrennt sie wie ein Meteor. 19 Jahre und elf Monate nach dem Start.

Rund 3,3 Milliarden Dollar hat die Mission gekostet.
Rund 3,3 Milliarden Dollar hat die Mission gekostet.
© dpa/NASA

Die Chronik einer Reise

Oktober 1997: Die siebenjährige Reise zum Saturn beginnt in Cape Canaveral in Florida. Von hier aus starten Cassini und die Raumsonde Huygens ins Weltall.

Juni 2004: Vorbei an Venus und Jupiter, kommt Cassini bei dem Gasplaneten Jupiter an. Mehr als eine Milliarde Kilometer weit weg von der Erde.

Dezember 2005: Einen Tag vor Weihnachten wird die Huygens-Sonde von Cassini getrennt und fliegt durch die Atmosphäre des größten Saturnmondes Titan, um Daten zu sammeln.

Juli 2006: Bilder zeigen mehrere Dutzend Seen auf dem Titan. Ihre Größe reicht von einem Kilometer bis zu 30 Kilometer.

März 2009: Die Raumsonde entdeckt einen neuen Mond. Aegaeon ist mit 300 Metern Durchmesser der kleinste der 62 Saturnmonde.

Juli 2014: Fotos vom Eismond Enceladus zeigen Geysire, die Eiskristalle speien – ein Hinweis auf einen unterirdischen Ozean.

April 2016: Die von Cassini gesendeten Daten belegen, dass die Seen auf Titan mit flüssigem Methan gefüllt sind.

September 2017: Zwanzig Jahre nach dem Start verglüht Cassini in der Atmosphäre des Saturns.

Die Nasa überträgt das „Grand Finale“ live: saturn.jpl.nasa.gov

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