Anhäufung krankheitsrelevanter Gene: Rassehunde sind meist ganz schön krank
Schon bevor der Mensch bei Hunderassen nur auf Schönheit achtete, häufte er durch die Zucht seines Begleiters Krankheitsgene an.
Vom Chihuahua bis zum Irischen Wolfshund: Die geradezu absurde Vielfalt der Rassen zeigt, wie der Mensch im Zuge der Zähmung Einfluss auf das Erbgut des Hundes nahm. Auswahl, Inzucht und Minibestände hätten dabei nicht nur zu bestimmten Größen, Farben und Formen geführt, sondern auch zu einer Anhäufung krankheitsrelevanter Gene, schreiben Forscher im Fachblatt „PNAS“. Für das Schönheitsideal des Menschen zahlt sein bester Freund einen hohen Preis.
Das Team um Kirk Lohmueller von der Universität von Kalifornien in Los Angeles hatte das Erbgut von 19 Wölfen, 25 Straßenhunden und 46 Hunden 25 verschiedener Rassen analysiert. Während der Domestikation hat der Mensch demnach unwillentlich die Häufung schädlicher Genveränderungen unterstützt. Oft lagen sie im Erbgut in enger Nachbarschaft zu gewollten Merkmalen.
Ein Beispiel sei der Pudel: Die Selektion auf schwarzes Fell habe bei dieser Rasse zusätzlich die Häufigkeit von Genvarianten erhöht, die das Risiko für eine bestimmte Krebsart, das Plattenepithelkarzinom, erhöhen. Typische Probleme bestimmter Rassen sind auch Skeletterkrankungen und chronische Stoffwechselstörungen. Kleine Hunde haben häufiger missgebildete Knie- und Hüftgelenke, Rassen mit verkürzten Schnauzen wie der Mops Atembeschwerden und sehr große Tiere Hüftleiden.
Ein Instinkt zum Hüten, bullige Stärke, eine gewisse Aggressivität
Inzwischen geht es bei der Hundezucht vor allem um Schönheit, einst waren andere Eigenschaften gefragt: ein Hüteinstinkt bei Herdenhunden, bullige Stärke bei ihren Artgenossen auf Schlachthöfen und ein gewisses Maß an Aggressivität bei Hofhunden. Um solche Eigenschaften zu fördern, wurden gezielt nur solche Tiere verpaart, die sie schon in Grundzügen aufwiesen. Immer wieder behalf man sich zudem mit Inzucht, also der Vermehrung eng verwandter Hunde, schreiben die Forscher. Schon vor der Rassezucht in den vergangenen 300 Jahren habe es in der Geschichte des Hundes mindestens einen genetischen Flaschenhals gegeben, also eine Zeit, in der es nur einen sehr kleinen Bestand gab und die Vielfalt des Erbguts daher sehr eingeschränkt war.
Solche genetischen Flaschenhälse hatten den größten Einfluss auf die beobachtete Häufung mit Krankheiten verbundener Gene, meinen die Forscher. Bei den Wölfen wurden solche ungünstigen Anlagen hingegen – von kleinen, isolierten Populationen wie in Tibet oder Island abgesehen – über die natürliche Selektion immer wieder entfernt, bei Straßenhunden zumindest teilweise.
Es reicht nicht, bei bedrohten Arten lediglich Inzucht zu vermeiden
Die Studie verdeutliche die negativen Folgen der Zucht, schreiben die Forscher: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass es wichtiger ist, die Bestandszahl groß zu halten, als nur Inzucht zu vermeiden, wenn man die Anhäufung schädlicher Genvarianten verhindern will.“ Dies gelte nicht nur für Hunderassen, sondern auch für die Erhaltungszucht bei gefährdeten Tierarten.
Die Beziehung von Mensch und Hund ist möglicherweise schon 27 000 bis 40 000 Jahre alt, schrieben kürzlich schwedische Forscher um Pontus Skoglund von der Universität Stockholm im Fachblatt „Current Biology“. Das schlossen sie aus der Analyse einer 35 000 Jahre alten Wolfsrippe von der nordrussischen Halbinsel Taimyr. Der Taimyr-Wolf ähnelte demnach heutigen Hunden und Wölfen genetisch gleichermaßen. Vermutlich habe er sich vom gemeinsamen Vorläufer der Hunde und Wölfe abgespalten. Kurz nach dieser Trennung seien die Haushunde entstanden. dpa