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USA, New York: Ein Fernseher an der New Yorker Börse überträgt die Nachricht, nachdem die US-Notenbank ihre Zinsänderung bekannt gegeben hat.
© Mark Lennihan/AP/dpa

Berlin School of Economy eröffnet: Ökonomen aus Berlin für die Welt

Die Welt braucht mehr Wirtschaftswissenschaftler als je zuvor, sagt Nobelpreisträger Jean Tirole. Die kommen jetzt auch aus der neuen Berlin School of Economy.

Bei einem weltweiten Vergleich der Business Schools hätte sich der junge Masterabsolvent der Sorbonne wohl kaum für Berlin entschieden. So beliebt Berlin bei internationalen Studierenden und Forschenden auch sein mag: Eine globale "Marke" war die postgraduale Ausbildung in den Wirtschaftswissenschaften bislang nicht. "Berlin muss da noch aufholen, so etwas wie die London School of Economics fehlte bisher", sagt der PhD-Student. Und doch ist er nach dem Abschluss in Paris gerade jetzt in Berlin gelandet.

Seine erste Vorlesung ist das "Kick off" der Berlin School of Economics (BSE). Nach Berlin gelockt habe ihn das Angebot eines TU-Professors, in dessen Arbeitsgruppe zu promovieren. Der Ökonom hatte noch eine gute Nachricht: In der ersten Phase könne er an die neue BSE gehen.

Als die Berliner Schule für den wirtschaftswissenschaftlichen Nachwuchs in Ökonomie am Donnerstagabend mit einem kleinen Symposium eröffnet, ist der große Hörsaal der HU-Wirtschaftswissenschaften überfüllt - zwei Wochen vor Semesterbeginn. Es geht um "Public Policy" im Zeitalter von Big Data und Künstlicher Intelligenz. Festredner Jean Tirole, der Nobelpreisträger von 2014, verknüpft seinen Vortrag über den Umgang mit Monopolen von datenbasierten Geschäftsmodellen - also mit der marktbeherrschenden Macht von Apple, Amazon, Microsoft, Google, Facebook & Co. - hier und da mit aufmunternden Worten an die Promovierenden und Postdocs.

"Für die Wissens-Ökonomie des 21. Jahrhunderts brauchen wir großartige Universitäten und insbesondere die Sozialwissenschaften", sagt Tirole. Mit welchen staatlichen Regulierungsmechanismen die "digitale Dystopie" zu verhindern wäre, könne er selber noch nicht sagen. "Dazu brauchen wir Wirtschaftswissenschaftler, mehr als je zuvor." Gebraucht würden sie auch, um den politischen Populisten entgegenzutreten, die weltweit Ängste vor Wirtschaftskrisen und Jobverlust durch die Digitalisierung schürten.

"Vorbild für die Berlin University Alliance"

"Lang lebe die BSE", ruft der gut gelaunte Industrieökonom am Ende seiner Keynote lecture in den Saal. Eine Reminiszenz des Franzosen an die Begrüßung durch Sabine Kunst, die Präsidentin der Humboldt-Universität. Sie hoffte, die Business School möge zu einer "langfristig sicherlich erfolgreichen Marke werden". Schon jetzt allerdings sei die BSE "einmalig in Deutschland". Mit den Karrierewegen, die sie jungen Forschenden eröffne, sei sie auch das "Rollenmodell" für die Berlin University Alliance, die ihre Nachwuchsförderung ähnlich ausrichten wolle.

Tatsächlich bringt die Berlin School of Economics acht Partnerinstitutionen zusammen: Die BSE ist eine Kooperation der drei großen Universitäten HU, FU, TU, des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), der European School of Management and Technology (ESMT), der Hertie School of Governance und der Uni Potsdam.

In der BSE bündeln die Partnerinnen drei bestehende Nachwuchsprogramme: das 2003 gestartete Doktorandenprogramm der Unis, das 2006 begründete Graduate Center des DIW und das seit 2016 von allen gemeinsam betriebene Programm Berlin Economics Research Associates (BERA) für Postdocs.

Letzteres gilt als bundesweit vorbildlich, weil es jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der besonders unsicheren Phase zwischen Promotion und Professur - oder einer wissenschaftsnahen Tätigkeit in internationalen Organisationen, Politikberatung oder in Unternehmen - ein strukturiertes Programm neben der Arbeit in einer der beteiligten Institutionen bietet. Zur "strukturierten Karriereentwicklung" gehören etwa die Betreuung durch erfahrene Mentoren, gemeinsame Workshops und Netzwerktreffen sowie eine Plattform für Jobangebote.

BSE will stark in der Gleichstellung sein

Diese Elemente werden jetzt mit denen der beiden Doktorandenprogramme zusammengeführt. In der BSE werden insgesamt 130 bis 140 Promovierende betreut. In den ersten eineinhalb Jahren erhalten sie dort ein Stipendium und nehmen an einem Kursprogramm mit Methodentraining, Coachings zum wissenschaftlichen Schreiben oder zur Hochschullehre teil.

Danach treten sie für gut drei Jahre ihre Qualifikationsstellen in den Instituten an - und schreiben ihre Doktorarbeiten. Das Postdoc-Programm hat Platz für 65 Nachwuchskräfte, die in Schnitt sechs Jahre an der BSE bleiben können. Das gesamte Programm der BSE läuft auf Englisch, von internationalen Teilnehmern werde aber erwartet, dass sie auch einen Deutschkurs absolvieren, heißt es.

Besonders sei die BSE auch durch ihr wissenschaftliches Profil, dass die Volkswirtschaftslehre mit der Betriebswirtschaftslehre verbindet, sagt Georg Weizsäcker, bisher Dekan des DIW-Graduate Centers und Professor an der HU. Ein weiterer "innovativer Aspekt" sei der BSE-Schwerpunkt Wirtschaftspolitik. Weiterhin stark wolle die BSE in der Gleichstellung sein - angesichts eines Anteils von nur 15 Prozent Frauen auf W3-Professuren in den Wirtschaftswissenschaften sei das noch immer dringend geboten, sagt Weizsäcker. Mit einer Quote von 40 Prozent weiblichen Promovierenden und Postdocs ist die BSE da schon auf einem guten Weg.

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