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Langzeitwirkung. Genesene zeigten teilweise ein Jahr nach der Infektion noch eine Reaktion von Antikörpern.
© pa/obs BPI

Wie lange der Schutz nach einer Covid-Infektion hält: Offenbar länger immun als vermutet

Mittlerweile zeigen Daten, dass Genesene oft auch ein Jahr nach der Infektion noch geschützt sind. Erkrankung kann langfristiges immunologischen Gedächtnis stimulieren.

Ob Reisen oder Restaurant: Corona-Genesene genießen die gleichen Freiheiten wie vollständig Geimpfte – allerdings nur bis zu sechs Monate nach der Infektion. Dann heißt es: testen oder sich impfen lassen. Ist diese zeitliche Begrenzung wirklich sinnvoll und notwendig? Nein, sagt Sebastian Ulbert, Abteilungsleiter Impfstoffe und Infektionsmodelle am Fraunhofer-Institut für Zelltherapie und Immunologie in Leipzig. „Diese Sechs-Monats-Regel entbehrt mittlerweile einer wissenschaftlichen Grundlage.“

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Wie wurde die Frist von sechs Monaten überhaupt festgelegt? Die zu dem Zeitpunkt vorliegenden Daten hätten einen Schutz von etwa acht Monaten belegt, erklärt Thomas Mertens, Vorsitzender der Ständigen Impfkommission (Stiko). Die sechs Monate würden einen zweimonatigen Sicherheitsabstand bedeuten. 

Ist die Frist von sechs Monaten überholt?  

Für Sebastian Ulbert sind die sechs Monate inzwischen zu kurz angesetzt. Es gebe genug Daten, die zeigten, dass Genesene oft auch ein Jahr nach Infektion noch gut geschützt seien, auch gegen Varianten wie Delta. Bei Geimpften könne man das bisher nicht sagen, da die Studien noch nicht lange genug laufen. Viele Impfstoffe erzielten aber generell „bestenfalls die Immunität einer durchgemachten Infektion“, so Ulbert.

Carsten Watzl, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Immunologie (DGfI), sagt, der Schutz bei Genesenen gehe im Laufe der Zeit wohl nicht so stark zurück wie bei den Geimpften. Watzl meint deshalb zum Status der etwa vier Millionen Genesenen in Deutschland: „Die sechs Monate waren eine Schätzung, heute könnte man den Zeitraum ausdehnen.“ Das digitale Impfzertifikat der vollständig Geimpften hat vorerst eine Gültigkeitsdauer von zwölf Monaten und gilt damit doppelt so lange wie der Genesenen-Status. Danach muss das Zertifikat erneuert werden. Ob dafür eine Booster-Impfung und damit ein weiterer Eintrag im Impfausweis notwendig sein wird, ist noch unklar. Genesene müssen sich derzeit nach sechs Monaten einmalig impfen lassen, um wieder als zertifiziert geschützt zu gelten.

Genesene mindestens genauso gut geschützt wie Geimpfte

Bei einer durch eine Infektion ausgelösten Immunantwort gehe es „um die Stimulierung eines langfristigen immunologischen Gedächtnisses“, erklärt Ulbert. Beim Coronavirus sei man anfangs noch davon ausgegangen, dass die Infektion keinen wirksamen langanhaltenden Schutz hinterlasse, so der Experte. Das sei mittlerweile überholt. Für Ulbert bedeutet das konkret: „Wenn Genesene mindestens genauso gut geschützt sind, können sie nicht – im Gegensatz zu Geimpften – nach sechs Monaten wieder so behandelt werden, als hätten sie das Virus nie gesehen.“

Eine durchgemachte Infektion schützt nach Watzls Worten zunächst mit etwa 80-prozentiger Effektivität vor einer erneuten Erkrankung. Damit sei der Schutz im Mittel zwar ähnlich wie bei den Impfungen, so der Immunologe, er sei allerdings wohl recht variabel. Das heißt: Einige, die die Krankheit durchgemacht haben, zeigen Antikörperspiegel wie Geimpfte. Aber es komme auch vor, dass Genesene nur wenig oder keine nachweisbaren Antikörper haben. Trotzdem, so Watzl, könnten sie durch T-Zellen – also Gedächtniszellen - vor einer schwer verlaufenden Corona-Infektion geschützt sein.

Sehr guter Schutz nach Infektion und Impfung

Wegen des unklaren Schutzes sei es für Genesene aus immunologischer Sicht das Beste, sich nach einem gewissen Zeitraum impfen zu lassen, rät Watzl. Dabei gebe es seitens der Stiko die Überlegung, diesen Zeitraum über die sechs Monate hinweg auszudehnen, erklärt Mertens. Weil die Infektion wie eine erste Impfdosis wirke, sei später nur eine Gabe notwendig. Watzl: „Danach hat man einen sehr guten Schutz.“ Auch Ulbert stellt klar: „Ich bin nicht gegen die Impfung Genesener, der Zeitpunkt müsste nur überdacht werden.“

Noch gar keine Impfempfehlung gibt es für Kinder unter zwölf Jahren. Auch bei ihnen gilt für Genesene, dass die Gleichstellung mit vollständig Geimpften nach sechs Monaten endet. Für Watzl wäre es deshalb insgesamt besser, „wenn wir die Immunität messen könnten“, sagt er. So weit sei man aber noch nicht. 

Das Robert Koch-Institut (RKI) beziffert den Zeitraum, in dem bei Genesenen Antikörper und Gedächtniszellen des Immunsystems nachgewiesen werden können, mit mindestens „sechs bis acht“ Monaten nach Symptombeginn. Das RKI verweist zudem auf Empfehlungen der Stiko, wonach die derzeit verfügbaren Daten eine Schutzwirkung für mindestens sechs bis zehn Monate nach bestätigter symptomatischer Sars-Cov-2-Infektion belegen.

Eine im Fachblatt „Nature“ veröffentlichte Arbeit kommt sogar zum Ergebnis, dass es bei Covid-19-Patienten, die nach ihrer Erkrankung nicht geimpft wurden, auch nach bis zu zwölf Monaten eine stabile Reaktion der Antikörper auf das Coronavirus gab. Besonderen Schutz genießen auch nach dieser Analyse Genesene, die sich zudem impfen lassen.  (dpa)

Marc Fleischmann

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