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Eine junge Frau sitzt am Computer, im Hintergrund steht eine Waschmaschine.
© HTW/Edda Wilde

Promotionsrecht: Fachhochschulen hoffen auf den Dammbruch

Fachhochschulen forschen in Fachgebieten, die es an Unis nicht gibt. Das ist eines der Argumente, mit denen die FHen für ein eigenes Promotionsrecht kämpfen. Jetzt hoffen sie, dass sich das Blatt in den Ländern wendet.

Ist doch ganz einfach: alles aus Baumwolle auf 60 Grad, Mischgewebe auf 40 Grad, sagt die Pragmatikerin. Doch der Pingelige will auch seine guten Baumwollhemden nur lauwarm waschen. Die Zusammenstellung der Schmutzwäschehaufen vor dem Waschen ist eine Wissenschaft für sich, nicht nur im Privaten. Katharina Ellmer, Promovierende an der Berliner Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW), hat die allzu grobe Einteilung der „Wäscheposten“, die auch in der Industrie gilt, als Forschungslücke erkannt.

Angesichts der enormen Mengen von Wasser und Waschmitteln, die allein in Deutschland verbraucht werden, könnte eine optimierte Zusammenstellung dazu beitragen, Ressourcen einzusparen, die Waschleistung der Maschinen zu verbessern und die Wäsche zu schonen, sagt Ellmer. Die Bachelor- und Masterabsolventin in Bekleidungstechnik/Konfektion hat 1100 Waschmaschinennutzer befragt und macht Versuche am Waschprüfstand eines Berliner Herstellers.

Obwohl politisch gewollt, läuft die kooperative Promotion nicht gut

An der HTW ist Ellmers Arbeit ein Paradebeispiel für Forschung an Fachhochschulen – und für die Forderung nach dem Promotionsrecht. Sie ist anwendungsorientiert, industrienah und einem Gebiet gewidmet, das so an Universitäten nicht existiert. Die Bekleidungsspezialistin forscht auf dem Campus der HTW in Oberschöneweide, betreut von Thomas Schneider, Professor für Textile Werkstoffe und Werkstoffprüfung. Aber alleine darf Schneider seine Doktorandin nicht anleiten, denn wie alle Fachhochschulen hat die HTW kein Promotionsrecht.

Also musste sich Ellmer einen Betreuer an einer Universität suchen. In ihrem Fall sei es problemlos gelaufen, sagt sie. Schon bei ihrer Masterarbeit kam sie im Kooperationsprojekt „Simulation Wäschepflege“ mit Paul Uwe Thamsen, Strömungsforscher an der TU Berlin, in Kontakt, jetzt ist er ihr offizieller Doktorvater. Doch reibungslose kooperative Promotionen von FH-Absolventen an Unis sind, obwohl politisch gewollt, keine Selbstverständlichkeit. Für viele ihrer Kommilitonen sei der Weg zur Promotion „höchst schwierig“, sagt Ellmer.

Die Haltung der Unis zwinge die Fachhochschulen zum Handeln

Uni-Fakultäten, die FH-Absolventen die Betreuung verweigern, Professoren und Fachbereiche, die von FH-Mastern verlangen, zusätzliche Seminare zu besuchen und Prüfungen abzulegen: Dieses unkooperative Verhalten zwinge die Fachhochschulen dazu, ein Promotionsrecht zu fordern, sagt Karl-Heinz Meisel, Rektor der Hochschule Karlsruhe für Technik und Wirtschaft und Sprecher der Hochschul-Allianz HAWtech, in der sechs ingenieurwissenschaftlich profilierte FHen zusammengeschlossen sind. Eine „Berliner Erklärung“ zum Promotionsrecht hat die Allianz am Freitag vergangener Woche im Rahmen einer Tagung an der HTW Berlin zur Diskussion gestellt und mit einer Leistungsschau ihrer Nachwuchswissenschaftler verbunden – mit Vorträgen wie von Ellmer und mit einer Poster-Präsentation. Da ging es etwa um „Simulation von Medikamentenwirkung auf Herzgewebe“ (FH Aachen) oder „Leibphänomenologische Implikationen auf Identitätsentwicklungsprozesse pflegebedürftiger Menschen“ (HS Esslingen).

Auch Brandenburg will Fachhochschulen das Promotionsrecht geben

Beeindruckende Forschungsvorhaben, für die den Fachhochschulen ein eigenständiges Promotionsrecht zusteht, zumindest als Modellversuch für forschungsstarke Fachbereiche oder Professorennetzwerke? Entsprechende Bestrebungen in Baden-Württemberg, Schleswig-Holstein und Hessen lassen HAWtech und andere Verbünde auf einen „Dammbruch“ hoffen. Und jetzt heißt es auch im Koalitionsvertrag zwischen SPD und Linke in Brandenburg, ausgewählte Fachbereiche sollten das Promotionsrecht bekommen. Doch die Universitäten und ihre Verbände beharren bislang auf ihrem alleinigen Recht, sehen sich als Wächterinnen über die Qualität von Doktorarbeiten.

Staatssekretär Nevermann: Selektive Verleihung würde spalten

Auch Knut Nevermann (SPD), Staatssekretär in der Berliner Wissenschaftsverwaltung, erteilt dem Anliegen eine klare Absage: „Ich warne davor, in einem Kollegium Professoren mit und ohne Promotionsrecht oder Fachhochschulen mit und ohne zu schaffen.“ Das würde spalten, außerdem wäre die selektive Verleihung rechtlich anfechtbar. Doch das Hauptproblem sieht Nevermann im Anspruch der außeruniversitären Forschungsinstitute: Sollte das Monopol der Unis zugunsten der Fachhochschulen aufgehoben werden, könne man es auch den Außeruniversitären nicht länger verweigern. Und das würde dann zulasten der gemeinsamen Forschung und Lehre von Unis und etwa der Max-Planck-Gesellschaft gehen.

Nevermann wirbt für den Ausbau der kooperativen Promotionen, stellt für die Fortsetzung der Exzellenzinitiative ein neues Programm für gemeinsame Graduiertenschulen in Aussicht. Jürgen Zöllner (SPD), ehemaliger Berliner Wissenschaftssenator, sieht die Lehre als weiterhin vorrangige Aufgabe der Fachhochschulen. Auch angewandte Forschung könnten sie betreiben, nicht aber wissenschaftlichen Nachwuchs ausbilden.

"Alle wollen wissenschaftlichen Nachwuchs zur Promotion führen"

„Wenn das Promotionsrecht kommt, wird die Qualität der anwendungsbezogenen Ausbildung leiden“, fürchtet Zöllner. Die Fachhochschulleiter auf dem Podium widersprechen vehement. Zöllner beschwöre das Bild der Fachhochschulen der 70er und 80er Jahre. „Alle Kollegen, die wir heute berufen, fragen nach der Möglichkeit, eigene Forschung zu betreiben und eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs zur Promotion zu führen“, sagt Arnd Steinmetz, Vizepräsident der HS Darmstadt.

Der Karlsruher Rektor Karl-Heinz Meisel verweist auf begrenzte Kapazitäten der Universitäten, FH-Doktoranden zu betreuen. Zum einen seien dort Fächer etwa in der Gesundheitswissenschaft nun einmal nicht vertreten. Zum anderen könnte auch die Menge der mittlerweile an Fachhochschulen betriebenen Promotionsvorhaben – allein bei den sechs HAWtech-Mitgliedern sind es derzeit rund 300 – die Universitäten bald überfordern.

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