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Fish and Stripes. Buntbarsche sind nicht nur bunt, sondern oft auch gestreift. Die horizontale Variante dieses Musters kann evolutionär an- und abgeschaltet werden.
© C. Kratochwil

Entwicklungsgeschichte: Neuer Evolutions-Mechanismus entdeckt

Der Zufall gilt als Motor der Evolution. Doch manches passiert immer wieder gleich. Forscher wissen jetzt zumindest bei einer Tiergruppe, warum.

Es ist eine oft diskutierte Frage, wenn es um Evolution geht: Was wäre, wenn man die Uhr sehr weit zurückdrehen könnte – in die Zeit direkt nach dem Aussterben der Dinosaurier etwa? Würden sich dann wieder dieselben oder ganz ähnliche Arten entwickeln und 66 Millionen Jahre später wieder die Erde bevölkern, vielleicht sogar der Mensch? Oder käme alles ganz anders, weil der Zufall der eigentliche Kaiser der Entwicklungsgeschichte ist? Wären vielleicht die Weltmeere Heimat einer Octopus-Zivilisation, die sich gerade erst anschickt, mit spezieller Auftauch-Technologie die unbekannten Weiten des Landes zu erforschen?

Es ist nicht alles Gould

Kein Geringerer als der wahrscheinlich populärste Evolutionsbiologe des 20. Jahrhunderts, Stephen Jay Gould, hat ganze Bücher darüber geschrieben, warum Evolution sich eher nicht wiederholen sollte. Doch auch ihm war bekannt, dass ähnliche Anforderungen und Umweltbedingungen zu ähnlichen Ausprägungen von Körperteilen und Verhaltensweisen führen. Bei Meeressäugern etwa hat sich zumindest teilweise die Evolution der Fische wiederholt: Kiemen haben sie nicht ausgebildet, aber aus Gliedmaßen wurden – wieder – Flossen. Fliegende Säugetiere nutzen Flügel, ähnlich denen der Vögel. Sie sind also auch einen ähnlichen Evolutionsweg wie diese oder auch einst die Flugsaurier gegangen.

Bei den Buntbarschen aus den großen Seen Ostafrikas haben Evolutionsbiologen besonders viele verschiedene Beispiele vergleichbarer und sich wiederholender Evolution gefunden: ähnliche Muster, Verhaltensweisen, Körperformen und anderes. Eine Frage, die etwa Axel Meyer von der Universität Konstanz seit Langem umtreibt, ist, ob bei solchen Prozessen nicht nur das äußerlich Erkennbare – der sogenannte Phänotyp – sich gleicht, sondern auch die dahintersteckenden genetischen Prozesse und Erbanlagen.

Hemmen und gehemmt werden

Viele dieser Fische haben horizontale Streifen, andere nicht. „Spannend“ sei aber vor allem, „ dass diese Streifen mehrere Duzend Mal innerhalb nur weniger tausend Jahre im Victoria- und Malawi-See kamen und gingen“, sagt Meyer. Ein Team um seinen Mitarbeiter Claudius Kratochwil hat jetzt unter anderem mit Hilfe der sogenannten Genschere Crispr herausgefunden, dass hierfür nicht ständig wieder neue Mutationen und Genkombinationen gebraucht werden. Nur Veränderungen in einem Teil des genetischen Codes, die ein Gen namens „Agrp2“ entweder hemmen oder gewähren lassen, sind notwendig: Bei Hemmung entstehen Streifen, wenn das Gen dagegen frei sein Protein produzieren kann, wird die Ausbildung von Streifen unterdrückt. Die Ergebnisse erscheinen jetzt im Fachmagazin „Science“.

Buntbarsch-Halloween

Ob Ähnliches auch bei anderen Prozessen sogenannter „konvergenter“ Evolution eine Rolle spielt, ist unklar, aber nicht unwahrscheinlich. Bemerkenswert finden die Forscher, dass das Gen, das bei den Buntbarschen Streifen unterdrückt – und wenn es selbst unterdrückt ist, dann eben Streifenmuster entstehen lässt – eng verwandt ist mit dem Agouti-Gen. Diese Erbanlage spielt eine wichtige Rolle bei der Fellzeichnung so verschiedener Tiere wie Katzen, Hunde, Pferde – und auch für das besondere Streifenmuster bestimmter Jungvögel.

Kratochwil und seine Kollegen untersuchen derzeit, wie andere Muster in Buntbarschen entstehen oder verschwinden. Dazu gehören etwa Punkte oder senkrechte Streifen. „Sie werden aber gar nicht durch Agrp2 beeinflusst und haben scheinbar eine viel kompliziertere genetische Basis“, sagt Kratochwil.

Die senkrechten Streifen sehen zusammen mit den waagerechten oft wie Fischgrätenmuster aus. Ob das ein Hinweis auf eine bei Buntbarschen ausgeprägte besondere Art Humor ist, könnte man auch einmal untersuchen.

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