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Eine Professorin steht im Hörsaal vor Studierenden.
© picture alliance/dpa

Was sollen Professoren in Berlin verdienen?: Neue Runde im Gehaltspoker

Der Gesetzentwurf des Berliner Senats für die neue Professorenbesoldung ist verfassungswidrig, urteilt der Verwaltungsjurist Ulrich Battis. Die Hochschulen wollen jetzt erreichen, dass alle Professoren mehr Grundgehalt bekommen.

Berliner Professoren angemessen zu bezahlen, ist offenbar eine Wissenschaft für sich. Gut zwei Jahre hatten die Hochschulen auf einen Gesetzentwurf gewartet, der einen verfassungsgemäßen Professorenlohn festschreiben soll. Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom Februar 2012, das ein „amtsangemessenes“ Gehalt forderte, ist Berlin das vorletzte Land, das eine Neuregelung vorlegt. Doch der kürzlich veröffentlichte Referentenentwurf des Senats soll verfassungswidrig sein. Das jedenfalls stellen der Berliner Verwaltungsrechtler Ulrich Battis und sein Kollege Klaus Joachim Grigoleit (TU Dortmund) in einem Gutachten im Auftrag der Landesrektorenkonferenz (LKRP) fest.

Worum geht es? Das Bundesverfassungsgericht hatte moniert, dass Professoren der mittleren Besoldungsgruppe W2 nicht einmal das Gehaltsniveau eines Studienrats erreichen (hier geht es zum Urteil). Die meisten anderen Länder haben daraufhin die Grundgehälter der W2-Professoren erhöht – und wegen des Abstandsgebots auch die der W3-Professoren. Dabei rechnen sie aber vollständig oder teilweise die Leistungsbezüge an, die sich Professoren unter anderem mit besonderem Engagement in Forschung und Lehre verdienen. Eine solche „Konsumption“ widerspricht nach Auffassung von Verfassungsrechtlern allerdings dem Leistungsprinzip der W-Besoldung, das beim Wechsel von der alten C- zur W-Besoldung nach der Jahrtausendwende eigens eingeführt wurde.

Gutachter: Aufstockungsbetrag verstößt gegen das Leistungsprinzip

Der Berliner Senat wählte deshalb einen vermeintlichen Kunstgriff: Der Abstand zwischen dem Grundgehalt plus Leistungszulagen zum Gehalt eines verbeamteten Studiendirektors soll durch einen „individuellen Aufstockungsbetrag“ ausgeglichen werden (der Gesetzentwurf findet sich hier). Bei W2 orientiert man sich an A 15 (Studiendirektoren), bei W3 an A16 (Oberstudiendirektoren). Der Aufstockungsbetrag soll also nur solchen Professoren zustehen, die mit Grundgehalt und Leistungszulagen nicht auf das Salär für leitende Lehrkräfte kommen.

Battis und Grigoleit befinden nun, die Berliner Aufstockungslösung verstoße „gegen das verfassungsrechtlich verankerte Leistungsprinzip“. Nur eine Erhöhung des Grundgehalts könne die Unterbezahlung der Professoren beseitigen.

Die FU fand die Lösung "pfiffig", konnte sich aber nicht durchsetzen

Dem haben sich die Berliner Rektoren und Präsidenten angeschlossen. Sie fordern eine pauschale Erhöhung der Grundgehälter in allen Besoldungsgruppen. Der Einigung ging ein Streit unter den Hochschulleitungen voraus. An der Freien Universität (FU) fand man den Dreh mit den Aufstockungsbeträgen „pfiffig“, wollte aber beim Senat darauf drängen, dass besondere Leistungsbezüge dabei unberücksichtigt bleiben. Das hielt die FU dem Vernehmen nach für leichter durchsetzbar als die teurere Anhebung der Grundgehälter.

In der LKRP-Stellungnahme heißt es nun, die Leistungsbezüge würden „entwertet“, wenn nur solche Professoren eine Aufstockung bekommen, die bislang keine oder nur geringe Zulagen erhalten. Zudem würde damit dem Battis-Grigoleit-Gutachten zufolge „eine geringere Leistung durch den Gesetzgeber belohnt“. Dies sei klar verfassungswidrig.

Mehr Grundgehalt - und die Leistungszulagen sollen nicht angetastet werden

„Rechtlich konsequent und aus meiner Sicht die einzige saubere Lösung ist es, die Grundgehälter zu erhöhen und dabei die Leistungszulagen nicht anzutasten“, sagt Christian Thomsen, Präsident der TU Berlin und momentan Vorsitzender der LKRP. Die Forderung dürfte insbesondere beim Finanzsenator nicht auf Gegenliebe stoßen: Statt eines kompensatorischen Zuschlags für jene, die unter A 15 oder A 16 liegen, verlangen sie pauschal 659 Euro mehr Grundgehalt für W2-Professoren und 473 Euro für W3-Professoren. Diese Beträge leiten sich aus den „maximalen“ Aufstockungsbeträgen ab, die nach dem Senatsentwurf nur Hochschullehrer ohne Leistungszulagen bekommen sollten. W2-Professoren, die 4190 Euro Grundgehalt haben, kämen auf 4849 Euro, W3-Professoren auf zusammen 5560 Euro. „Selbst damit blieben wir Schlusslicht unter den Bundesländern“, betont Thomsen.

Auch die Juniorprofessoren sollen nicht mehr leer ausgehen

Auch für die Juniorprofessoren (W1), die nach dem Berliner Gesetzentwurf leer ausgehen sollen, fordern die Hochschulen eine Gehaltserhöhung von rund 500 Euro. Sie würden dann 4167 Euro erhalten. Die höheren Grundgehälter könnten die Hochschulen unmöglich aus ihren derzeitigen Budgets zahlen, sagt Thomsen. Die Mehrkosten – allein bei den W2- und W3-Professoren an der TU 1,8 Millionen Euro jährlich – müsse das Land übernehmen.

Damit Berlin bundesweit konkurrenzfähig werde, fehle ohnehin noch mehr als steigende Grundgehälter, sagen die Hochschulchefs. Besonders benachteiligt sehen sich die Unis durch die im Gesetzentwurf angelegte „Ruhegehaltfähigkeit“ der Leistungsbezüge. Während das Grundgehalt voll in die Pensionsberechnung eingeht, sollen die unbefristeten Leistungszulagen in der Regel nur bis zu 40 Prozent des jeweiligen Grundgehaltes zählen. Ausnahmen, mit denen die Hochschulen besonders begehrte und verdiente Professoren locken können, sind stark eingeschränkt. Die Rektoren verlangen, dass die unbefristeten Leistungszulagen in der Regel in Höhe von mindestens 50 Prozent des Grundgehaltes berücksichtigt werden. Nur so könnte Berlin im Wettbewerb um die Besten mithalten, heißt es.

Die Hochschulen wollen mit ihren Landesmitteln flexibler umgehen

Auch bei den Spielräumen, die der Senat den Hochschulen für die Vergabe von Leistungszulagen gibt, wollen die Präsidenten nachverhandeln. Der Vergaberahmen – das ist das gedeckelte Budget für die Zulagen – solle abgeschafft werden. Ebenso wegfallen solle der Besoldungsdurchschnitt, den das Land bislang festlegt. Er berechnet sich nach den gesamten Gehaltsausgaben der einzelnen Hochschulen im Jahr 2001, als der Wechsel zur W-Besoldung vollzogen wurde.

Etliche andere Länder, darunter Hamburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und auch der Bund, geben den Hochschulen schon freie Hand. Das beanspruchen jetzt auch die Berliner: Die Mittel, die ihnen durch die Hochschulverträge mit dem Land zugewiesen werden, wollen sie flexibel ausgeben.

Die Innenverwaltung weist Einwände der Gutachter bereits zurück

Aus der Wissenschaftsverwaltung heißt es auf Anfrage, die Stellungnahmen würden ausgewertet „und wenn möglich aufgenommen“. Die federführende Innenverwaltung aber weist Einwände der Hochschulen bereits zurück: Die Aufstockungsbeträge seien „mit der Verfassung vereinbar“. Und für die Juniorprofessoren werde nach dem Urteil von 2012 „ein Anpassungsbedarf nicht gesehen“.

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