Vorstoß des Regierenden Bürgermeisters: Müller drängt Berliner Unis zu mehr Öffnungen
Michael Müller drängt die Hochschulen zu mehr Öffnungen, obwohl es noch keinen entsprechenden Senatsbeschluss gibt. Abgestimmt ist das Vorgehen offenbar nicht.
Der Regierende Bürgermeister und Wissenschaftssenator Michael Müller (SPD) hat am Montag im Wissenschaftsausschuss des Abgeordnetenhauses überraschend Druck auf die Hochschulen gemacht, schnellstmöglich wieder Präsenzangebote zu machen.
Offiziell hatte der Senat noch gar keine Öffnungsstrategie verkündet, als Müller schon am frühen Morgen drängte: „Ich hoffe, dass die Unis jede Möglichkeit nutzen, um Präsenzangebote zu machen.“ Bislang gebe es die nur für Laborkurse und andere Praxisanteile im Studium, aber da sei „für kleine Gruppen noch nicht alles ausgeschöpft“, kritisierte Müller.
„Gruppen von zehn bis 15 Studierenden in großen Räumen: Da müsste eigentlich mehr möglich sein“, so der Regierende. Er hoffe, „dass die Unis schon vor Juni das möglich machen, was möglich ist“.
Zuvor hatte Müller in der aktuellen Stunde ausgeführt, dass es für die Hochschulen sowohl eine Impfstrategie gebe - wenn bislang auch nur für die Mitarbeitenden und noch nicht für die Studierenden - als auch eine „Öffnungsstrategie für Juni in mehreren Schritten“. Diese gelte ab dem 1. Juni – auch für Bibliotheken und Mensen.
Abgestimmt ist Müllers Vorgehen mit den Hochschulen offenbar nicht richtig. Den Vorsitz der Landeskonferenz der Rektoren und Präsidenten (LKRP) hat aktuell die Humboldt-Universität inne. Deren Sprecher Hans-Christoph Keller bestätigte auf Anfrage für die LKRP den 1. Juni als Datum für "erste Öffnungsschritte". Welche Maßnahmen dann umgesetzt werden, würden Land und Hochschulen aber erst im Laufe dieser Woche besprechen und verkünden.
Die Unis wollen Bibliotheken und PC-Pools wieder öffnen
TU-Präsident Christian Thomsen sagte auf Anfrage, in der letzten Telefonkonferenz der Hochschulen mit Wissenschaftsstaatssekretär Steffen Krach (SPD) sei vereinbart worden, in Bibliotheken und PC-Pools wieder Arbeitsplätze zu öffnen. Das sei „vernünftig“, weil davon keine Spreading-Gefahr ausgehe. Die Plätze sollen mit Voranmeldung und Sicherheitsabstand vergeben werden. Kleine Blockveranstaltungen und Exkursionen sollen bei niedrigem Infektionsgeschehen wieder mehr in Präsenz stattfinden.
Für viel vordringlicher als für die letzten Wochen des Sommersemesters einige zusätzliche Präsenzangebote zu organisieren hält Thomsen, sich schon jetzt für das Wintersemester vorzubereiten. Insbesondere für alle Studienanfänger, die noch nie die Uni von innen gesehen haben, sei dann Präsenzlehre nötig: „Ich befürchte, die gehen uns sonst verloren.“
TU-Präsident drängt aufs Impfen der Studierenden
Thomsen geht es dabei um alle Studierenden, die seit Beginn der Pandemie ihr Studium aufgenommen haben – das wären im Winter bereits vier Kohorten.
Wichtig sei in dem Zusammenhang auch, endlich Studierende impfen zu können. Die TU will wie berichtet ihre Studierenden von den Betriebsärzten selber impfen lassen. Bisher fehlt dafür aber der Impfstoff – und die rechtliche Grundlage, sagt Thomsen: Denn aktuell dürften Hochschulen Studierende auch deswegen nicht impfen, weil sie nicht als Beschäftigte gelten. Das müsse der Senat ändern.
Noch fehlt es Berlin an einer Impf- und Teststrategie für Studierende
An umfassenden Impf- und Teststrategien für Studierende mangelt es an den Berliner Hochschulen allerdings noch, wie aus einer bundesweiten freiwilligen Umfragen des Deutschen Hochschulverbandes (DHV) unter den Unis hervorgeht. Laut der am Montag veröffentlichten DHV-Stellungnahme befindet sich unter anderem im Land Berlin die Teststrategien erst im Aufbau.
DHV-Präsident Bernhard Kempen betont, um im Wintersemester wieder mehr Präsenzveranstaltungen zu ermöglichen, seien finanzielle Hilfen von Bund und Ländern nötig, um Schnelltestzentren an den Hochschulen einzurichten. Und auch Kempen appelliert, nach Ende der Priorisierung die Betriebsärzt*innen baldmöglichst für Impfungen von Studierenden auf dem Campus zuzulassen.
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) mahnt angesichts der Lockerungsforderungen die Einhaltung des Infektionsschutz an den Universitäten an und fordert bundesweit geltende Regelungen, die sich weiterhin an den Grenzwerten der Bundesnotbremse orientierten.
Anpassungen je nach Bildungseinrichtung und Möglichkeiten hält der stellvertretende GEW-Vorsitzende Andreas Keller zwar für sinnvoll. Man müsse aber aufpassen, dass sich die Hochschulen nicht zu "Corona-Hotspots" entwickelten.